"Kommunen in einer dauerhaften Ausnahmesituation"

Im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz zum Thema Migration sprach Hauptgeschäftsführer Christof Sommer mit dem Mittagsecho auf WDR5 über die Bezahlkarte, Forderungen an Bund und Land sowie die unverändert angespannte Lage in den Städten und Gemeinden. Das Gespräch in Auszügen.

Einige Stadträte wie etwa Duisburg haben sich bereits gegen die Einführung einer Bezahlkarte in ihrer jetzigen Form ausgesprochen. Welche Forderungen hat der Städte und Gemeindebund NRW?

Sommer Lassen Sie uns beim Stichwort Duisburg zunächst klarstellen, dass man dort nicht gesagt hat, wir wollen keine Bezahlkarte. Der Rat hat vielmehr gesagt, dass noch nicht klar ist, wie eine solche Karte ausgestaltet ist und man erst abwarten will. Das ist auch genau richtig so.

Was eine Karte im Einzelnen leisten soll, darüber sprechen wir mit der Landesregierung und wir sind uns einig, dass sie möglichst verbindlich, flächendeckend und mit einheitlichen Standards ausgestattet sein sollte. Zudem sollte sie möglichst bürokratiearm und damit für die Kommunen auch handhabbar sein.

Sehen Sie denn einen Konsens in den Rathäusern, dass die Bezahlkarte ein gutes Mittel sein kann, um Zuwanderung zu begrenzen?

Sommer Da gilt immer der Grundsatz, alles was hilft, muss getan werden. Die Bezahlkarte kann ein kleiner Baustein sein, ja, aber wir dürfen sie nicht überbewerten. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Bezahlkarte kein Gamechanger sein wird und all unsere Probleme löst.

Wo stehen wir aktuell aus Sicht der Kommunen in Nordrhein-Westfalen?

Sommer Es wird immer gerne darauf verwiesen, dass die Zuwanderungszahlen zurückgegangen sind. Das aber ist erstens nur geringfügig der Fall und zweitens führt ein Rückgang von Asylanträgen nicht automatisch zur Entspannung. Diejenigen, die vorher gekommen sind, also auch die Menschen aus der Ukraine, sind alle noch da. Alle weiteren kommen noch obendrauf. Deshalb sind viele Kommunen seit 2022 in einer dauerhaften Ausnahmesituation und versuchen zu vermeiden, dass wieder Traglufthallen, Turnhallen oder Bürgerhäuser als Notunterkünfte genutzt werden müssen.

Und ja, es geht auch um Geld und da muss mehr kommen. Die Kommunen brauchen eine Refinanzierung der Dinge, die sie leisten. Geld ist aber nicht alles. Es geht auch um Integration, Schulplätze, Kitaplätze, Sprachkurse. Das ist eine Daueraufgabe und da stößt die Infrastruktur in den Kommunen immer mehr an ihre Grenzen.

Wenn Sie sagen, die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz vom November gehen in die richtige Richtung, aber es muss noch mehr kommen, was erwarten Sie konkret von Bund und Land?

Sommer Vom Land fordern wir schon seit längerem, die Pauschale pro Flüchtling im Rahmen des Flüchtlingsaufnahmegesetzes anzupassen. Das ist seit Jahren nicht mehr geschehen und dringend erforderlich. Aber auch der Bund muss seine Hausaufgaben machen. Wir brauchen mehr Tempo bei den Migrationsabkommen mit Herkunftsländern.

Dringenden Handlungsbedarf sehe ich auch beim EU- Türkei Abkommen. Viele wissen gar nicht, dass nach den Syrern die zweitgrößte Gruppe der Geflüchteten aus der Türkei kommt, einem NATO-Partner. Richtig finde ich, dass es weiterhin verstärkte Kontrollen an den Grenzen gibt, sie scheinen zu wirken. Zudem müssen wir die Asylverfahren und die Rückführungen beschleunigen. Das sind alles Dinge, die muss der Bund regeln.

Eine Aufzeichnung des Interviews ist bis zum 6. März 2025 in der Mediathek des WDR zu finden.

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