Heft Juni 2022

Antragsverfahren für Spielhallenerlaubnis

Das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) hat entschieden, dass für die Erteilung einer Spielhallenerlaubnis seit dem 1. Juli 2021 ein neuer Antrag und ein eigenständiges Erlaubnisverfahren nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 erforderlich sind. Die Fortführung der nach alter Rechtslage begonnenen Verfahren ist ausgeschlossen. Diese Entscheidung ist für noch immer bei den Verwaltungsgerichten anhängige Verfahren relevant, die nach alter Rechtslage begonnen worden sind und noch nicht zum Abschluss gebracht werden konnten.

OVG NRW, Urteil vom 10. März 2022
- Az.: 4 A 1033/20 (I. Instanz: VG Düsseldorf 3 K 18712/17) -

Die Beteiligten streiten über die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für eine von der Klägerin in Langenfeld betriebene Spielhalle, welche in Konkurrenz zu einer von der Beigeladenen in 65 m Entfernung betriebenen Spielhalle steht. Nach einer zugunsten der Beigeladenen erfolgten Auswahlentscheidung lehnte die Stadt Langenfeld die von der Klägerin beantragte glücksspielrechtliche Erlaubnis im Oktober 2017 ab. Auf die hiergegen gerichtete Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht Düsseldorf die Beklagte, den Antrag der Klägerin neu zu bescheiden. Während des Verfahrens zweiter Instanz trat am 1. Juli 2021 der Glücksspielstaatsvertrag 2021 in Kraft. Auf die Berufung der Beklagten änderte das Oberverwaltungsgericht nun das Urteil des Verwaltungsgerichts und wies die Klage auf Neubescheidung ab.

Die Klägerin habe – so das OVG – jedenfalls keinen Anspruch darauf, dass die Stadt Langenfeld über ihren Antrag auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach den Bestimmungen des alten Glücksspielstaatsvertrages entscheidet. Nach dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages 2021 am 1. Juli 2021 könne an vor diesem Stichtag begonnene Erlaubnisverfahren auf der Grundlage des Glücksspielstaatsvertrages in seiner bis zum 30. Juni 2021 geltenden Fassung nicht mehr angeknüpft werden. Der Betrieb einer Spielhalle bedürfe nunmehr der Erlaubnis nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2021. Die Erteilung einer solchen Erlaubnis sei von eigenständigen Voraussetzungen abhängig, die sich aus der seit dem 01.07.2021 bestehenden Rechtslage ergeben und im Rahmen eines eigenständigen Erlaubnisverfahrens nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 zu prüfen sind. Die Fortführung der nach alter Rechtslage begonnenen Verfahren sei damit ausgeschlossen. Die Klägerin habe ihr Begehren auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für ihre Spielhalle danach in einem neuen Erlaubnisverfahren nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 geltend zu machen.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen. Dagegen kann Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

 

Duldungspflicht für Spielhallen ohne Betriebserlaubnis

Eine Betreiberin von Spielhallen, für die am 30. Juni 2021 keine Erlaubnis erteilt war, kann in Nordrhein-Westfalen grundsätzlich nicht verlangen, dass der Spielhallenbetrieb geduldet wird, bis über einen Erlaubnisantrag entschieden ist. Das hat das Oberverwaltungsgericht mit zwei Eilbeschlüssen entschieden.

OVG NRW, Beschlüsse vom 24. März 2022
- Az.:
4 B 1520/21 (I. Instanz: VG Köln 24 L 1199/21) und 4 B 1522/21 (I. Instanz: VG Köln 24 L 1198/21) -

Die Beteiligten streiten in zwei Beschwerdeverfahren über die Duldung von Spielhallen in Pulheim - davon eine Verbundspielhalle, also nebeneinanderliegende, baulich verbundene Spielhallen mit eigenen Eingängen -, für die bis 2017 Erlaubnisse erteilt waren und die die Antragstellerin seitdem ohne eine spielhallenrechtliche Erlaubnis betreibt. Die Antragstellerin hatte im Jahr 2017 Erlaubnisanträge nach dem bis zum 30. Juni 2021 geltenden Glücksspielstaatsvertrag gestellt, über die die Stadt Pulheim bis zum Außerkrafttreten der alten Rechtslage nicht entschieden hatte. Die Antragstellerin hatte nicht versucht, eine vorherige Erlaubniserteilung gerichtlich zu erstreiten. Anträge für die Erteilung von Erlaubnissen nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 sind ebenfalls noch nicht beschieden. Die Antragstellerin begehrt mit Blick auf die Strafbarkeit illegalen Glücksspiels von der Stadt die aktive Duldung ihrer Spielhallen bis zur Entscheidung über ihre Erlaubnisanträge. Ihre Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen blieben beim Verwaltungsgericht Köln und jetzt auch beim Oberverwaltungsgericht ohne Erfolg.

Zur Begründung führte das OVG aus: Die Antragstellerin habe keinen Duldungsanspruch. Vor der Aufnahme einer erlaubnispflichtigen Gewerbetätigkeit sei regelmäßig der reguläre Abschluss des Erlaubnisverfahrens abzuwarten. Dies gelte auch und gerade mit Blick auf die Strafbarkeit der unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels. Nach neuer Rechtslage könne eine Duldung aus Gründen effektiven Rechtsschutzes ? über die gesetzlich vorgesehenen Fälle hinaus ? etwa dann geboten sein, wenn Konkurrenzsituationen vor dem 1. Juli 2021 nicht mehr abschließend aufgelöst werden konnten, obwohl der die Duldung begehrende Spielhallenbetreiber das ihm Mögliche zur Erlangung einer eigenen Spielhallenerlaubnis getan, insbesondere rechtzeitig um gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht hat. Ferner könne sich im Einzelfall aus dem Verhältnismäßigkeitsgebot eine Pflicht ergeben, eine ohne Erlaubnis und damit formell illegal betriebene Spielhalle bis zu einer Entscheidung über den Erlaubnisantrag zu dulden. Dies sei aber allenfalls dann anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllte und dies offensichtlich, d. h. ohne weitere Prüfung erkennbar wäre. Hier liege kein Ausnahmefall vor, in dem ein Spielhallenbetrieb ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis zu dulden sein könnte. Weder sei eine Duldung aus Gründen effektiven Rechtsschutzes geboten noch seien die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen offensichtlich erfüllt.

In einem Verfahren (4 B 1520/21) stehe der Erlaubniserteilung schon entgegen, dass der gesetzlich zu einer Schule einzuhaltende Mindestabstand unterschritten wird. Von der Einhaltung des Mindestabstandes könne auch nicht abgesehen werden, weil die ursprünglich erlaubten Spielhallen nach dem 1. Dezember 2012 baulich verändert worden sind. In dem anderen Verfahren betreffend eine Verbundspielhalle (4 B 1522/21) seien die Antragsunterlagen noch nicht vollständig eingereicht. Zudem bedürfe es einer Auswahlentscheidung zwischen zwei Spielhallen, die etwa 160 Meter voneinander entfernt liegen, weil die Voraussetzungen nicht erfüllt sind, unter denen nur ein Mindestabstand von 100 Meter einzuhalten ist.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar.

 

Verbot von E-Scootern

Das Verwaltungsgericht (VG) Münster hat der Stadt Münster im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, über den Antrag des Blinden- und Sehbehindertenvereins Westfalen, den Geschäftsbetrieb mit E-Tretrollern im „free-floating-System“ im Stadtgebiet zu untersagen und entsprechende Beseitigungsverfügungen zu erlassen, neu zu entscheiden.

VG Münster, Beschluss vom 9. Februar 2022
- Az.:
8 L 785/21 -

Der Antragsteller hatte zur Begründung des Antrags unter anderem angeführt: Seine Mitglieder seien auf Grund ihrer Behinderung in ihrer Mobilität massiv beeinträchtigt, indem ihnen als Folge der stationslosen E-Scooter-Verleihsysteme in Münster Hindernisse und Barrieren unvermutet und an ständig wechselnden Orten auf Gehwegen in einer unkontrollierten Vielzahl in den Weg gestellt würden.

Das Gericht gab dem Eilantrag teilweise statt. Der Antragsteller habe zwar keinen Anspruch auf die mit dem Hauptantrag erstrebte Untersagung des Geschäftsbetriebs mit E-Tretrollern im „free-floating-system“ glaubhaft gemacht. Der Erlass von Beseitigungsverfügungen nach dem Straßen- und Wegegesetz Nordrhein-Westfalen stehe im Ermessen der zuständigen Behörde. Es sei nicht ersichtlich, dass die vom Antragsteller begehrte vollständige Untersagung des „free-floating-Systems“ die einzig ermessensfehlerfreie Entscheidung wäre.

Dagegen habe der Antrag auf (Neu-) Bescheidung Erfolg, weil die Antragsgegnerin ihr Ermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt habe. Angesichts des Umstands, dass allein das Fehlen der für die Nutzung der öffentlichen Verkehrsfläche erforderlichen Sondernutzungserlaubnis zum Erlass von Beseitigungsverfügungen berechtige, sei der pauschale Verweis auf die freiwilligen Selbstverpflichtungserklärungen der Betreiber nicht ausreichend. Denn es fänden sich in der Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin keinerlei Erwägungen zur Belastbarkeit bzw. Tragfähigkeit der Selbstverpflichtungserklärungen. Bei einem der drei Betreiber in Münster sähen diese noch nicht einmal konkrete Regelungen oder Absprachen im Fall von behindernd abgestellten E-Scootern vor. Die Antragsgegnerin sei selber der Auffassung, dass es immer wieder zu Verkehrsbehinderungen und Gefahrenquellen bis hin zu Unfällen mit Sach- oder Personenschäden komme. Vor diesem Hintergrund fehle es in der Ermessensausübung an Ausführungen zur effektiven Kontrolle der Selbstverpflichtungserklärungen durch die Antragsgegnerin. Der Verweis auf eine absehbare Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zum 01.04.2022 sei nicht tragfähig, weil derzeit noch nicht einmal solche Anträge der Betreiber vorlägen. Ein Abwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache sei dem Antragsteller mit Blick auf das hochrangige Rechtsgut des Gesundheitsschutzes nicht zumutbar.

Gegen den Beschluss konnte innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.

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