Heft Januar-Februar 2023

Artikel zur Partei „Der Dritte Weg“ auf kommunaler Internetseite

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW hat die Stadt Hilchenbach dazu verpflichtet, den Artikel „Petition übergeben - Kein Platz in Hilchenbach für Rechtsextremismus“ von der städtischen Internetseite zu entfernen. Die Beschwerde der Partei „Der Dritte Weg“ gegen den ablehnenden Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg hatte damit teilweise Erfolg.

OVG NRW, Beschluss vom 14.11.2022
- Az.: 15 B 893/22 -

Am 5. April 2022 veröffentlichte die Stadt einen Artikel auf ihrer Internetseite, in dem beschrieben wurde, dass ein Hilchenbacher Bürger eine Online-Petition „gegen das Büro einer rechtsextremen Partei in der Hilchenbacher Stadtmitte gestartet“ habe. Der „Dritte Weg“ habe dort ein Gebäude angemietet und wolle es kaufen. Der Initiator der Petition habe (am Tag der Veröffentlichung des Artikels) eine Unterschriftensammlung an den Bürgermeister der Stadt übergeben, der die Sammlung „mit großer Anerkennung“ entgegengenommen habe. Der Bürgermeister sei „sehr beeindruckt von dieser Petition und den mittlerweile rund 5.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern“. Er äußerte sich in dem Artikel dahingehend, dass „unsere Stadt […] keinen Platz für Rassismus und Intoleranz“ habe. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass die Stadt „alle rechtsstaatlichen Möglichkeiten ausschöpfen“ werde, „um das Vorkaufsrecht für das Gebäude auszuüben, wenn der Rat der Stadt Hilchenbach in seiner Sitzung am 6. April einen entsprechenden Beschluss fasst“.

Den Eilantrag der Partei, mit dem sie sich unter anderem gegen die Veröffentlichung des Artikels auf der städtischen Internetseite wandte, lehnte das Verwaltungsgericht Arnsberg ab. Die Beschwerde des „Dritten Wegs“ zum OVG NRW hiergegen hatte insoweit Erfolg. Die in dem Artikel wiedergegebenen Äußerungen des Bürgermeisters griffen laut OVG in das grundgesetzlich geschützte Recht der Partei auf Chancengleichheit ein. Die Begründung der von ihm in Bezug genommenen Petition verlautbare ein eindeutig negatives Werturteil über den „Dritten Weg“, verbunden mit der Zielsetzung, die Aktivitäten der Partei im Stadtgebiet zu erschweren beziehungsweise zu verhindern. Es sei dem Bürgermeister selbstredend nicht verwehrt, sich als Amtsinhaber für Demokratie, Toleranz und Rechtsstaatlichkeit einzusetzen. Seine Äußerungen seien aber in der Gesamtschau dahingehend zu verstehen, dass er die Petition und deren explizit gegen die Partei gerichtetes Anliegen jedenfalls im Grundsatz befürworte und unterstütze.

Die so zum Ausdruck gebrachte Unterstützung des Bürgermeisters für das Bestreben, ein Bürgerbüro der Partei in der Stadt zu verhindern, sei geeignet, deren Position im politischen Meinungskampf zu beeinträchtigen. Der Bürgermeister habe damit die rechtlichen Grenzen des Neutralitätsgebots überschritten, das zu beachten sei, obwohl der „Dritte Weg“ nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen ein rechtsextremistisches Staats- und Gesellschaftsbild propagiere und sich inhaltlich wie stilistisch weitgehend in die Tradition der Nationalsozialisten stelle. Trotz allem sei der „Dritte Weg“ vom Bundesverfassungsgericht nicht verboten, weshalb sich die Partei auf die durch das Grundgesetz gewährleistete Chancengleichheit und damit das Neutralitätsgebot für Amtsträger berufen könne.

Die weitergehende Beschwerde des „Dritten Wegs“ hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen und dazu ausgeführt: Die Partei habe keinen Anspruch auf Unterlassung einer anderweitigen Verbreitung des Artikels. Es bestehe keine Gefahr einer Wiederholung des rechtswidrigen Eingriffs, weil die zugrunde liegende Unterschriftenübergabe ein einmaliger Vorgang gewesen und das Anliegen der Petition nunmehr bereits durch die Geltendmachung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts erfüllt sei. Der „Dritte Weg“ könne auch nicht beanspruchen, dass die Stadt eine Direktverlinkung auf die Petition unterlasse, weil es insoweit ebenfalls an einer Wiederholungsgefahr fehle. Letzteres gelte gleichermaßen für den weiter geltend gemachten Anspruch darauf, dass der Bürgermeister es zukünftig unterlasse, sich in Bezug auf die Online-Petition erneut in einer bestimmten Weise zu äußern.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

Wochenmärkte privater Veranstalter

Eine private Veranstalterin von Wochenmärkten, die zuletzt bis zum 31. März 2022 auch die Wochenmärkte in Velbert durchgeführt hatte, hat sich im gerichtlichen Eilverfahren in zwei Instanzen erfolglos um eine weitere Marktfestsetzung zu ihren Gunsten bemüht. Seit dem 1. April 2022 betreibt die Stadt Velbert die örtlichen Wochenmärkte auf der Grundlage einer Marktsatzung als öffentliche Einrichtung wieder selbst, wie sie es bis 2004 bereits getan hatte.

OVG NRW, Beschluss vom 15.11.2022
- Az.: 4 B 441/22 -

Das OVG hat insoweit entschieden, dass die private Veranstalterin keinen Anspruch auf die beantragte Marktfestsetzung habe, weil die von der Stadt als öffentliche Einrichtung im Sinne von § 8 Gemeindeordnung NRW (GO NRW) zu denselben Zeiten an denselben Orten durchgeführten Wochenmärkte rechtmäßig seien. In Nordrhein-Westfalen dürften traditionelle kommunale Wochenmärkte auf zentralen hierfür gewidmeten öffentlichen Flächen als öffentliche Einrichtungen veranstaltet werden, ohne dass hierdurch die Grenzen zulässiger wirtschaftlicher Betätigung nach § 107 GO NRW überschritten würden. Hierbei handele es sich nach dem nordrhein-westfälischen Landesrecht nicht um eine wirtschaftliche Betätigung im Rechtssinne.

Traditionelle Wochenmärkte an bestimmten Markttagen auf den Marktplätzen oder anderen geeigneten zentralen öffentlichen Flächen der jeweiligen Gemeinde oder zumindest des jeweiligen Ortsteils seien als gemeindliche Einrichtungen nach § 107 Abs. 2 GO NRW vollständig aus dem Anwendungsbereich der Regelungen über die wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden ausgenommen, weil sie der Wirtschaftsförderung dienen. An der rechtlichen Befugnis, solche Wochenmärkte als freiwillige kommunale Selbstverwaltungsaufgabe durchzuführen, ändere sich nichts dadurch, dass eine Gemeinde diese Aufgabe für eine gewisse Zeit nicht mehr wahrgenommen habe. Einer Auswahlentscheidung zwischen der Antragstellerin und der Stadt als Marktveranstalterin habe es nicht bedurft, weil die Rechtmäßigkeit der Veranstaltung kommunaler Wochenmärkte als öffentliche Einrichtung nach dem maßgeblichen Gemeinderecht nicht davon abhänge, ob solche Märkte durch andere Unternehmen besser und wirtschaftlicher durchgeführt werden können.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

„Auto-Posen“ in Stadtgebot

Die Landeshauptstadt Düsseldorf darf „Auto-Posern“ nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Düsseldorf ihr Treiben im Stadtgebiet nicht verbieten. Auch Zwangsgelder zur Durchsetzung des Verbots in Höhe von 5.000 Euro und mehr sind ausgeschlossen.

VG Düsseldorf, Urteil vom 01.09.2022
- Az.: 6 K 4721/21 -

Die Stadt hatte dem Kläger, einem 22-jährigen Autofahrer, vorgeworfen, im März 2021 mit einem hochmotorisierten Mercedes AMG C63 mit laut heulendem Motor an einer Ampel auf der Heinrich-Heine-Allee losgefahren zu sein, um die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich zu ziehen. Sie verbot ihm dieses „Auto-Posen“ im ganzen Stadtgebiet für die Dauer von drei Jahren. Für weiteres „Posen“ drohte sie ihm ein Zwangsgeld von 5.000 Euro an.

Das Gericht hat das Verbot aufgehoben. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt: Für ein derartiges Vorgehen gegen „Auto-Poser“ stehe der Stadt nach derzeit geltendem Recht keine Rechtsgrundlage zur Verfügung. Es könnten für das Stadtgebiet keine eigenen Verkehrsverbote nach nordrhein-westfälischem Landesrecht erlassen werden. Der Straßenverkehr in Deutschland sei abschließend durch Bundesrecht - unter anderem durch das Straßenverkehrsgesetz (StVG), die Straßenverkehrsordnung (StVO) und die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) - geregelt. Demnach könne das „Auto-Posen“, das gegen § 30 Abs. 1 StVO verstößt, derzeit lediglich mit einem Bußgeld von 80 bis 100 Euro geahndet werden. Unter dem Gesichtspunkt der Abwehr künftiger Gefahren würden für das „Auto-Posen“ derzeit nach Bundesrecht auch keine Punkte beim Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg eingetragen. Wenn das Bundesrecht aber demnach bislang das „Auto-Posen“ nicht als besonders schwerwiegende Gefahr für die Verkehrssicherheit einschätze und deshalb hierfür keine Punkte vorsehe, könne die örtliche Ordnungsbehörde keine strengeren Maßstäbe anlegen und eigenständig zwangsgeldbewehrte Verkehrsverbote aussprechen.

Da es sich um eine bislang ungeklärte Rechtsfrage handelt, hat das Gericht die Berufung zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster sowie die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zugelassen.

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