Düstere Aussichten für die Kommunalfinanzen

Präsident Dr. Eckhard Ruthemeyer im Gespräch mit der Rheinischen Post über die finanziellen Perspektiven für Städte und Gemeinden

StGB NRW-Statement
Düsseldorf, 12.09.2022

Die Rheinische Post berichtet über die Entwicklung der Kommunalfinanzen in Zeiten von Inflation und Energiekrise. Dazu Präsident Dr. Eckhard Ruthemeyer:

„Wir haben jetzt die Eckpunkte zum Gemeindefinanzausgleich 2023 und der Tenor der Landesregierung ist einmal mehr: „Nie gab es mehr Geld für die Kommunen.“ Auf den ersten Blick stimmt das, aber zugleich blendet es aus, dass die Belastungssituation nie größer war als heute.

Dass die Kommunalministerin angesichts der großen Steuerzuwächse sagt, ‚legt etwas für schlechte Zeiten beiseite‘, geht an der Realität der Kommunen vorbei. Wir haben derart massive Zusatzausgaben, dass die Zuwächse schon wieder mehrfach aufgezehrt sind.

Wie viele Bürgerinnen und Bürger stehen in dieser Krise auch die Kommunen mit dem Rücken zur Wand. Die Inflation trifft sie mit ähnlich großer Wucht. Allein der Energieverbrauch für den Betrieb von Schulen, Kitas, Turnhallen oder auch Verwaltungsgebäuden schlägt massiv auf die kommunalen Haushalte durch. Bisher mussten die Kommunen dafür bundesweit fünf bis sechs Milliarden Euro aufbringen. Wenn nun die Preise für Strom und Gas durch die Decke gehen, werden die Kosten sich vervielfachen. Mittelbar treffen uns die hohen Energiepreise auch bei den Kosten der Unterkunft für Bezieher von Sozialleistungen. Mindestens ein Viertel der Heizkosten muss die Kommune finanzieren.

Im Baubereich haben wir astronomische Verteuerungen, die weit über der Inflationsrate liegen. Im Rohbau kosten Stahl- und Betonarbeiten 25 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Planansätze in vielen Kommunen dürften erheblich überschritten werden.

Für Aufgaben, die das Land den Kommunen übertragen hat, muss nach dem Konnexitätsprinzip „Wer bestellt, bezahlt“ auch das Land geradestehen. Aber die Berechnungen sind inzwischen Makulatur. Betriebs- oder Investitionskosten wurden häufig viel zu niedrig angesetzt. Ein Beispiel: Bei der Rückkehr von G8 zu G9 hat das Land für die zusätzlich nötigen Räume Mittel zur Verfügung gestellt. Da sagen uns die Kämmerer schon jetzt: „Mit dem, was da ursprünglich berechnet wurde, komme ich vorne und hinten nicht mehr hin.“

Auch die Tarife für das Personal im öffentlichen Dienst dürften deutlich nach oben gehen. Verständlicherweise angesichts der Inflation. Für den Haushalt der Kommune bringt das aber erhebliche Zusatzkosten mit sich, von denen noch niemand weiß, wie man das auffangen soll.

Was den Städten und Gemeinden außerdem schwer zu schaffen macht, ist die wirtschaftliche Not der Stadtwerke, die jetzt für Gas ein Vielfaches bezahlen müssen. Bis vor kurzem waren das kerngesunde kommunale Unternehmen, deren Gewinne den kommunalen Haushalten zugutekamen. Diese Stütze bricht jetzt in vielen Kommunen weg, erste Stadtwerke rufen um Hilfe. Bund und Land müssen für sie jetzt genauso einen Rettungsschirm aufspannen wie für Uniper und andere Großunternehmen. Die Stadtwerke sind als Nahversorger unverzichtbar.  

Wir haben massive finanzielle Zusatzbelastungen im Bereich der Krankenhäuser. Soweit sie kommunal getragen sind oder mit kommunalen Bürgschaften abgesichert sind, reißt das weitere, gewaltige Lücken.

Dann haben wir erhebliche finanzielle Belastungen durch die steigende Zahl von Geflüchteten aus der Ukraine und anderen Ländern zu stemmen. Die Kosten für Unterbringung und Versorgung gehen in einer Kommune schnell in die Millionen und ich fürchte, im Herbst und Winter wird sich die Situation weiter verschärfen.

Hinzu kommen Entwicklungen, die mit der Krise nichts zu tun haben, aber in vielen Kommunen gigantisch drücken: Durch die neue Rechtsprechung zur Kalkulation von Abwassergebühren müssen die Kommunen ihre Berechnungen anpassen, verlieren aber in der Regel an Liquidität. Ähnliches droht beim Wegfall der Straßenausbaubeiträge. Die Folge sind Millionendefizite in den Haushalten.

Man muss sich dabei immer klar machen, dass damit noch kein Cent in die großen Transformationsprojekte wie den Klimaschutz, die Mobilitätswende oder den offenen Ganztag geflossen ist. Die EZB hat den Leitzins gerade erst weiter erhöht und die Finanzierungsbedingungen dadurch weiter verschärft. Ich gehe davon aus, dass uns noch harte Diskussionen ins Haus stehen.

Am Ende führt kein Weg daran vorbei, dass die Kommunen eine deutlich bessere finanzielle Grundausstattung brauchen, im Kern einen größeren Anteil an den Steuereinnahmen. Wir fordern das seit Jahren, damit die Kommunen endlich wieder eigenständig handeln können, anstatt am Tropf neuer Förderprogramme zu hängen. Ganz einfach: Für Daueraufgaben brauchen wir eine Dauerfinanzierung. Schließlich stehen die Kämmerer in der Pflicht, die Haushalte auszugleichen – so steht es in der Gemeindeordnung.

Ministerin Scharrenbach hat den Bürgermeisterinnen und Bürgermeister geschrieben, dass sie die Möglichkeiten, Corona-Kosten aus den Haushalten auszuklammern, bis 2025 verlängern will. Zudem hat sie angekündigt, das System auch auf Kosten für die Folgen des Ukrainekriegs auszuweiten. In den Kommunen löst das sehr gemischte Gefühle aus. Einerseits können sie über diesen Mechanismus ihre Handlungsfähigkeit erhalten. Andererseits häufen sie Schulden an und verlagern ihre Probleme nur in die Zukunft. Es bleibt dabei: Wenn von Bund und Land nicht mehr kommt, wird es düster für die Kommunen in NRW.“ 

V.i.S.d.P.: HGF Christof Sommer, Pressesprecher Philipp Stempel, Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen, Kaiserswerther Straße 199-201, 40474 Düsseldorf, Tel. 0211/ 4587-230, Fax: -287, E-Mail: presse@kommunen.nrw , Internet: www.kommunen.nrw      
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