Heft Oktober 2015

Hessischer VGH bestätigt Pferdesteuersatzung

In Hessen dürfen Kommunen eine Steuer auf das Halten und Benutzen von Pferden als örtliche Aufwandsteuer erheben.

Hess. VGH, Beschl. v. 08.12.2014
- Az.: 5 C 2008/13.N -

Unlängst hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel die Pferdesteuersatzung der Stadt Bad Sooden-Allendorf als rechtmäßig bestätigt. Diese war zuvor durch einen Normenkontrollantrag angegriffen und daraufhin auf ihre Gültigkeit hin überprüft worden.

Mit ihrer - im Rahmen des Urteils im Einzelnen zitierten - Satzung erhebt die Stadt eine Steuer auf das Halten und entgeltliche Benutzen von Pferden im Stadtgebiet (Pferdesteuer) als örtliche Aufwandsteuer. Besteuert wird dabei der Aufwand für das Halten und Benutzen von Pferden zur Freizeitgestaltung im Stadtgebiet. Die Steuer wird bei dem Pferdehalter erhoben. Dies ist, wer ein Pferd im eigenen Interesse oder im Interesse eines Angehörigen für den persönlichen Lebensbedarf besitzt. Steuerpflichtig ist zudem, wer ein Pferd gegen Entgelt zur Benutzung durch einen Dritten bereithält, der nicht Halter ist. Ausdrücklich von der Steuer ausgenommen werden dagegen Pferde, die nachweislich zum Haupterwerb im Rahmen der Berufsausübung eingesetzt werden. Die Satzung bemisst die Steuer nach der Anzahl der gehaltenen Pferde. Der Steuersatz beträgt 200 Euro im Jahr pro Pferd.

Gegen diese Satzung gingen ein eingetragener Verein sowie neun natürliche Personen mit dem Ziel gerichtlich vor, sie für unwirksam erklären zu lassen. Sämtliche Antragsteller hatten von der Stadt zuvor Steuerbescheide erhalten. Zur Begründung führten sie insbesondere an, es fehle der Steuer an örtlichem Bezug, weil gerade Pferde - etwa als Sportpferde - häufig auch außerorts genutzt würden. Außerdem fehlte es der Satzung an ausreichenden Differenzierungsmerkmalen hinsichtlich der verschiedenen Arten der Pferdehalter, des Stückzahlmaßstabs sowie einer sowohl beruflich/gewerblichen als auch - zugleich - privaten Pferdehaltung.

Das Gericht wies den zulässigen Normenkontrollantrag jedoch zurück. Zunächst geht es darauf ein, dass das Steuererhebungsrecht für die vorliegende Steuer tatsächlich der kommunalen Ebene zukomme, weil weder vorrangige bundesgesetzliche Regelungen existierten noch der Landesgesetzgeber von seiner - wiederum vorrangigen - Möglichkeit einer entsprechenden Steuererhebung Gebrauch gemacht habe, sondern diese über das Hessische Kommunalabgabengesetz an die Kommunen weitergegeben habe.

Darüber hinaus stellt der Beschluss klar, dass es sich bei der erhobenen Pferdesteuer um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz handele. Die Steuer knüpfe an den Aufwand entweder für das Halten oder für das Benutzen von Pferden zur Freizeitgestaltung im Stadtgebiet an. Als Aufwandsteuer sind Steuern anzusehen, die an den Gebrauch von Wirtschaftsgütern und Dienstleistungen anknüpfen und auf diesem Wege die in diesem Gebrauch zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit belasten. Sowohl Haltung als auch Benutzung von Pferden erfordern dabei einen Aufwand, der das für den gewöhnlichen allgemeinen Lebensbedarf Erforderliche überschreitet und durch den Halter und Benutzer eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dokumentieren, die mit einer Steuer abgeschöpft werden darf.

Soweit die Steuer dabei auch auf das entgeltliche Benutzen von Pferden zur Freizeitgestaltung erhoben wird, sieht das Gericht keinen Hinderungsgrund darin, dass die Steuerpflicht tatbestandlich nicht den Benutzer des Pferdes als eigentlichen Aufwandtreibenden, sondern stattdessen denjenigen treffe, der das Pferd zur entgeltlichen Nutzung (nur) bereitstellt. Die Pferdesteuer werde lediglich aus Vereinfachungsgründen bei dem Bereitsteller erhoben.

Da es diesem aber ohne weiteres möglich sei, die Steuer in das entsprechende Nutzungsentgelt einzupreisen und so auf den Pferdenutzer abzuwälzen, spreche dieser im Rahmen der Steuererhebung beschrittene „Umweg“ nicht gegen eine Charakterisierung als Aufwandsteuer. Daneben stellt das Gericht allerdings auch klar, dass Aufwendungen, die nicht der (privaten) Einkommensverwendung, sondern der Einkommenserzielung zuzurechnen sind, nicht mit einer Aufwandsteuer abschöpfbar sind. Die überprüfte Satzung nimmt diesen Bereich indes ausdrücklich aus.

Auch die „Örtlichkeit“ der Aufwandsteuer zweifelt das Gericht nicht an. Es macht deutlich, dass sich die örtliche Radizierung aus der normativen Gestaltung des Steuertatbestandes ergeben müsse. Weil vorliegend die Pferde, die die Steuerpflicht auslösen, der Satzung nach im Stadtgebiet gehalten oder dort gegen Entgelt zur Freizeitgestaltung benutzt werden müssen, sei demnach auch der örtliche Bezug erfüllt. Entgegen dem Vortrag der Antragsteller gehe dieser auch nicht dadurch verloren, wenn Pferde - etwa als Turnierpferde - jeweils eine nicht unerhebliche Zeit außerhalb des Stadtgebiets verbrächten. Denn an den die Örtlichkeit begründenden Voraussetzungen der Steuernorm ändert sich dadurch nichts.

Schließlich bestünden, so das Gericht, entgegen der Auffassung der Antragsteller auch keine Bedenken hinsichtlich des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG). Dieser verpflichtet grundsätzlich dazu, gleiche Sachverhalte gleich und unterschiedliche Sachverhalte ihrer Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Weicht der Normgeber davon ab, so muss dies jeweils sachlich begründbar sein und darf nicht willkürlich erfolgen. Darin aber, dass die Stadt mit der vorliegenden Pferdesteuer keinen erklärten Lenkungszweck, sondern nur eine Einnahmeerzielung verfolge, liege bereits ein ausreichender sachlicher Grund zur Gleichbehandlung.

Die Entscheidung des VGH Kassel ist grundsätzlich auf die nordrhein-westfälische Rechtslage übertragbar. Allerdings stünde die Pferdesteuererhebung hierzulande zunächst unter Genehmigungszwang: Da bislang noch keine NRW-Kommune eine Pferdesteuer erhoben hat, hinge die Wirksamkeit einer entsprechenden Steuersatzung nach § 2 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes NRW von der Genehmigung des Innen- sowie des Finanzministeriums ab.

Erhebung der Wettbürosteuer

1. Eine Wettbürosteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer, die der Sportwettensteuer nicht gleichartig ist.
2. Eine Differenzierung zwischen Wettbüros und Wettannahmestellen ist durch das unterschiedliche Suchtpotenzial gerechtfertigt.
3. Eine Erhebung der Wettbürosteuer nach dem Flächenmaßstab ist nicht zu beanstanden.

VG Gelsenkirchen, Urteil v. 12.06.2015
- Az.: 2 K 37/15 -

Das VG Gelsenkirchen hat die Klage eines Anbieters von Sportwetten abgewiesen, der gegen die entsprechende Steuersatzung einer NRW-Kommune vorgegangen war, in der er ein Wettbüro unterhält.

In seinem Urteil stellt das Gericht fest, dass es sich bei der Wettbürosteuer um eine örtliche Aufwandsteuer handele, die einerseits an die Belegenheit des Wettbüros bzw. der Wettvermittlung im Gemeindegebiet anknüpfe (örtlicher Bezug). Andererseits ziele sie - als Aufwandsteuer - auf die Einkommensverwendung für Wetteinsätze ab, also für einen Umstand, der über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht. Dabei trifft die Steuer den Wettkunden nur indirekt. Steuerschuldner ist formal der Vermittler der Sportwette, der die Steuerlast allerdings auf den Kunden umlegen kann. Neben ihrem finanzpolitischen Zweck (Einnahmeerhöhung) verfolge die Steuer dabei zugleich den ordnungspolitischen Zweck, das Wettgeschäft einzudämmen und die Spielsucht zu bekämpfen.

Laut Gericht komme der Gemeinde auch die entsprechende Rechtsetzungskompetenz zu. Die Steuererhebung sei insbesondere nicht durch höherrangiges Recht „gesperrt“, da sie weder der Sportwettensteuer nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz noch der Konzessionsabgabe des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen gleichartig sei. Während sich Erstere von der vorliegenden Wettbürosteuer vor allem dadurch unterscheide, dass sie keine Aufwands-, sondern eine spezielle Verkehrssteuer sei, sei Letztere schon gar keine Steuer. Bestehe insofern die kommunale Steuergesetzgebungskompetenz für die Aufwandsbesteuerung, sei dadurch auch die Verfolgung des Lenkungsziels mit umfasst, das Glücksspiel einzudämmen.

Obwohl die Besteuerung zwischen Wettannahmestellen und Wettbüros differenziert werde, verstoße sie zudem nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Der Satzung nach ermöglichen „Wettbüros“ neben der Annahme von Wettscheinen das Mitverfolgen der Wettereignisse, während in „Wettannahmestellen“ Wettscheine nur entgegengenommen werden. Für diese Differenzierung sei ein sachlicher Grund gegeben, der in dem unterschiedlich großen Suchtpotenzial der Wetten in den verschiedenen Einrichtungen liege. Das Mitverfolgen des Ereignisses, auf das die Wette abgegeben wird, erzeuge nach Studien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung nämlich ein deutlich gesteigertes Suchtpotenzial.

Schließlich sei auch der für die konkrete Steuererhebung gewählte Flächenmaßstab nicht als gleichheitswidrig zu beanstanden. Zwar verlange der Gleichheitssatz, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden (Grundsatz der Folgerichtigkeit), weshalb bei einer Aufwandsteuer ein höherer Vergnügungsaufwand grundsätzlich eine höhere Steuer zur Folge haben müsse. Der Satzungsgeberin komme dabei aber ein weiter Gestaltungsspielraum zu, dem erst das Willkürverbot Grenzen setze. Ein aus Praktikabilitätsgründen gewählter Flächenmaßstab sei vor diesem Hintergrund sowohl grundsätzlich als auch in seiner konkreten Abstufung (hier: nach zwanzig Quadratmetern) zulässig, weil er einen zumindest lockeren Bezug zum wahrscheinlichen Vergnügungsaufwand herstelle und wirklichkeitsnähere Maßstäbe mit einem wesentlich höheren Kontrollaufwand verbunden wären.
Eine Berufung lässt das Urteil ausdrücklich zu.

Reglementierung der Prostitution

Prostitution kann (bereits) bei abstrakten Gefahren verboten werden, die von ihrer Ausübung für die Jugend und/oder den öffentlichen Anstand ausgehen könnte (nichtamtlicher Leitsatz).

OVG NRW, Urteil v. 11.08.2015
- Az.: 5 A 1188/13 - ;
BVerwG, Urteil v. 17.12.2014
- Az.: 6 C 28.13 -

Das OVG Münster hat jüngst eine von der Stadt Dortmund nach entsprechendem Ratsbeschluss beantragte und von der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg erlassene Änderung der Sperrgebietsverordnung bestätigt, wonach - zusätzlich zum bestehenden Sperrbezirk - die Straßenprostitution im gesamten Dortmunder Stadtgebiet mit Ausnahme einer bestimmten Straße verboten wird.

Das Gericht stellt dazu fest, dass Prostitution - ungeachtet eines Wandels der gesellschaftlichen Anschauungen - (bereits) bei abstrakten Gefahren verboten werden könne, die von ihrer Ausübung für die Jugend und/oder den öffentlichen Anstand ausgehen könnten. Dabei genüge die Prognose, dass die nach außen in Erscheinung tretende Ausübung der Prostitution typischerweise damit verbundene Belästigungen Unbeteiligter und „milieubedingte Unruhe“ hervorrufen werde, was insbesondere für Gebiete mit besonderer Schutzbedürftigkeit und Sensibilität gelte - etwa wegen eines hohen Wohnanteils oder des Vorhandenseins von Schulen, Kindergärten, Kirchen und sozialen Einrichtungen.

Der Verordnungsgeber habe insoweit zu entscheiden, inwieweit Jugendliche mit dem gesellschaftlichen Phänomen der Prostitution in Kontakt kommen sollen. Ein Fernhalten Jugendlicher von entsprechenden Einflüssen, die sich nachteilig auf die Einstellung zur Sexualität und die Persönlichkeitsentwicklung auswirken könnten, sei dabei nach wie vor ein legitimes Ziel staatlichen Handelns. Liefere die anzustellende abstrakt-generelle Betrachtung hinreichende Anhaltspunkte für den Schluss, durch einen Straßenstrich bzw. dessen negative Auswirkungen würden schutzbedürftige und sensible Gebiete räumlich betroffen, dürfe der Verordnungsgeber einschreiten.

Dabei könne die Fläche für den (zukünftigen) Standort eines Straßenstrichs umso größer und dessen stadträumliche Trennung von schutzwürdigen und sensiblen Gebieten umso klarer ausgestaltet werden, je eher Verletzungen der von Art. 297 EGStGB erfassten Schutzgüter drohten. Im Einzelfall sei auch ein stadtweites Verbot der Straßenprostitution denkbar, wenn deren nachteilige Folgen an jeder Stelle im Stadtgebiet mit hinreichender Wahrscheinlichkeit immer auch schutzbedürftige und sensible Gebiete der Stadt räumlich beträfen.

Die Entscheidung des OVG NRW schließt sich inhaltlich im Wesentlichen einem Urteil des BVerwG vom 17.12.2014 zum selben Thema an. Darin stellt das BVerwG zudem klar, dass Art. 297 Abs. 1 EGStGB nicht nur zum Erlass von Sperrgebietsverordnungen ermächtige, die die Prostitution unter der Voraussetzung verbieten, dass mit dieser im konkreten Fall Belästigungen der Öffentlichkeit durch Begleiterscheinungen der Prostitution verbunden sind. Das Bundesrecht gebiete - auch beim Erlass entsprechender Verbotsbescheide im Einzelfall - keine einschränkende Auslegung dahingehend, dass Prostitution nur dann konkret verboten sei, wenn sie nach außen in Erscheinung tritt und Belästigungen der Anwohner als milieubedingte Begleiterscheinungen der Prostitution befürchten lässt.

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