Mitteilungen - Jugend, Soziales, Gesundheit

StGB NRW-Mitteilung 123/2003 vom 15.01.2003

Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe

In einem gemeinsamen Schreiben an die Arbeitsgruppe "Arbeitslosenhilfe/Sozialhilfe" der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen und an den Bundestagsausschuß für Wirtschaft und Arbeit haben Deutscher Städte- und Gemeindebund und Deutscher Städtetag ihre Position zu einem einheitlichen, vom Bund finanzierten Leistungsrecht für alle erwerbsfähigen Arbeitslosen präzisiert. Nur mit einer Zusammenführung der beiden Leistungssysteme in der Verantwortung des Bundes kann danach eine nachhaltige Entlastung der Kommunen erfolgen, die unter besonderen Strukturschwächen leiden. Der Brief hat folgenden Wortlaut:

„Der Deutsche Städtetag (DST) und der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) fordern einen eigenen Leistungsbereich in der Verantwortung des Bundes und der Länder, der sich ausschließlich der Aktivierung und Eingliederung aller Langzeitarbeitslosen (Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilfeempfänger) widmet. Der Bund darf sich aus der Verantwortung für die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit nicht zurückziehen. Die Arbeitsmarktpolitik für den immer größer werdenden Kreis der Langzeitarbeitslosen muss in einem Zusammenhang mit den wirtschaftspolitischen Steuerungsinstrumenten (Transfer-, Geld-, Zins-, Währungs- und Steuerpolitik) ausgerichtet werden und darf nicht den Kommunen in Form einer neuen Sozialleistung oder der Sozialhilfe als unterstem Netz der sozialen Sicherung überlassen werden.

Der DST und der DSGB warnen davor, die Verzahnung oder Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe vor allem unter dem Gesichtspunkt von Einsparungen im Bundeshaushalt zu sehen. Die Verbesserung der Situation der Langzeitarbeitslosen ist nur möglich, wenn die Beratungs- und Steuerungsinstrumente eines neu zu organisierenden Hilfesystems auf die Aktivierung und Eingliederung ausgerichtet werden und wenn hierzu die erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung stehen.

Der DST und der DSGB unterstützen die Vorschläge der Hartz-Kommission zur Reorganisation der Bundesanstalt für Arbeit und zur Betreuung aller Langzeitarbeitslosen in den einzurichtenden Job-Centern der Bundesanstalt für Arbeit. Das Angebot von Vermittlungsleistungen und sozialen Hilfen im neuen System muss geeignet sein, von den individuellen Lebenslagen und Vermittlungschancen der Betroffenen auszugehen. Hierzu bieten die Kommunen ihre Mithilfe an. Die in der Hilfe zur Arbeit und der kommunalen Beschäftigungspolitik gesammelten Erfahrungen müssen in dem neuen System genutzt werden.

Der Vorschlag des Deutschen Landkreistages (DLT), die neuen Leistungen für Langzeitarbeitslose in die Zuständigkeit der Kommunen zu geben, wird von DST und DSGB entschieden abgelehnt. Städte und Gemeinden sind weder personell noch finanziell in der Lage, neben den rund 900.000 arbeitsfähigen Sozialhilfeempfängern rund 1,7 Millionen Arbeitslosenhilfeempfänger zu qualifizieren oder zu beschäftigen. Der Vorschlag des DLT wird weder den Interessen einer effektiven Arbeitsmarktpolitik noch den Interessen der Städte und Gemeinden gerecht. Seine Umsetzung würde die Chancen der überwiegend in den Städten lebenden Langzeitarbeitslosen dramatisch verschlechtern. Der durch die Arbeitslosenhilfe gesicherte regionale Ausgleich würde entfallen. Städte und Gemeinden, in denen die Arbeitslosigkeit am höchsten ist, hätten auch die größten finanziellen Belastungen zu tragen. Hohe Arbeitslosigkeit führt zu hohen Sozialhilfeausgaben und gleichzeitig zu niedrigen Steuereinnahmen und damit zu erheblichen Engpässen in den städtischen und gemeindlichen Haushalten.

Die Erwartung, eine Aufgabenübertragung auf die Kommunen ginge mit einer verfassungsrechtlich abgesicherten Finanzierung durch den Bund einher, ist angesichts langjähriger Erfahrung mit Aufgabenverlagerungen seitens des Bundes auf die Kommunen illusorisch. Die kreisfreien Städte und die die Landkreise finanzierenden kreisangehörigen Städte und Gemeinden müssten das Risiko der Aufgabenverlagerung tragen.

Es ist richtig, dass die Kommunen bei der Beschäftigung von Sozialhilfeempfängern Vorbildliches geleistet haben und leisten. Dies geschieht jedoch nicht flächendeckend und in annähernd gleicher Qualität. Von den rund 900.000 arbeitsfähigen Sozialhilfeempfängern konnten im Jahr 2000 nur knapp ein Viertel in einem sozialversicherungsrechtlich abgesicherten Arbeitsverhältnis beschäftigt werden. Die Finanzierung dieser Beschäftigungsverhältnisse erfolgt zu einem großen Teil über Mittel der Bundesanstalt für Arbeit sowie aus Förderprogrammen der EU und der Bundesländer.

Der DST und der DSGB bitten alle an der Diskussion über eine Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe Beteiligten, die Möglichkeiten der Kommunen bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nicht zu überschätzen, und die Entscheidungsträger in Bundesregierung, im Bundestag und im Bundesrat, die Kommunen nicht mit neuen Aufgaben zu belasten, sondern Regelungen zu treffen, die die Kommunen entlasten und ihre Investitionskraft wieder stärken.“

Az.: III 845

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