Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 158/1996 vom 05.04.1996

Zur Verfassungsmäßigkeit der Kreisumlage

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat in einem Vorlagebeschluß vom 12.2.1996 an das Bundesverwaltungsgericht eine Position eingenommen, die nicht nur für die hessischen Städte und Gemeinden von erheblicher Bedeutung ist, sondern auch in den übrigen Bundesländern für die weitere Diskussion zu den rechtlichen Grenzen der Kreisumlage von Bedeutung sein dürfte.

In dem Vorlagebeschluß wird das Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung über die Auslegung des Art. 28 Abs. 2 GG hinsichtlich der Frage gebeten, "ob Landkreise sich von Verfassungs wegen auf die Wahrnehmung von und die Beteiligung an solchen örtlichen (gemeindlichen) Aufgaben zu beschränken haben, die die Gemeinden ordnungsgemäß zu erledigen verpflichtet sind."

Der Beschluß betrifft das Normenkontrollverfahren der Gemeinde Schlangenbad gegen den Rheingau-Taunus-Kreis wegen der Gültigkeit der Haushaltssatzung des Kreises für das Haushaltsjahr 1994. In diesem Normenkontrollverfahren, das mit Unterstützung der Städte Bad Schwalbach, Eltville, Idstein und Rüdesheim, der Gemeinde Walluf sowie des Hessischen Städte- und Gemeindebundes und des Hessischen Städtetages angestrengt wurde, geht es um die Gültigkeit der Haushaltssatzung des Rheingau-Taunus-Kreises für das Haushaltsjahr 1994. Von der klagenden Gemeinde, vertreten durch Prof. Dr. Raimund Wimmer, Bonn, ist beantragt worden, die Haushaltssatzung des Kreises für nichtig zu erklären, weil

- Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft ausschließlich der Zuständigkeit der Gemeinden vorbehalten sind (Art. 28 Abs. 2 GG) und die Gemeinden in ihrem Gebiet die ausschließlichen Träger der gesamten öffentlichen Verwaltung sind (Art. 137 HV),

- es den Landkreisen insoweit verwehrt ist, Aufgaben, die der Kompetenz der Gemeinden unterliegen und die diese nicht wahrnehmen (wollen), ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung an sich zu ziehen,

- Kreise, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft ohne gesetzliche Ermächtigung an sich ziehen, in den Kerngehalt der (gemeindlichen) kommunalen Selbstverwaltung eingreifen und diese verletzen.

Des weiteren war argumentiert worden, daß der betreffende Landkreis durch die Wahrnehmung einer Vielzahl von Aufgaben, die entweder nicht in seine Zuständigkeit (weil Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft) fallen, bzw. die zwar im Rahmen eigener Zuständigkeit wahrgenommen werden, jedoch freiwilliger Natur und daher nicht zwingend notwendig und deshalb verzichtbar sind, unverhältnismäßig und unzulässig in die gemeindliche Finanzausstattung eingegriffen hat, indem der Finanzbedarf für diese Aufgaben über die Kreisumlage von den kreisangehörigen Gemeinden aufzubringen war.

Der Senat folgt damit dem Bundesverfassungsgericht im sog. Rastede-Beschluß (BVerfG, Beschluß vom 23.11.1988 - 2 BvR 1619).

Nach der Feststellung des Hess.VGH folgt aus der nach der Rastede-Entscheidung zu beachtenden Aufgabenverteilung zwischen Gemeinden und Kreisen, daß auch für die Finanzierung von Bedürfnissen und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln, grundsätzlich die Gemeinden und nicht die Landkreise zuständig sind. "Nur dann, wenn notwendige Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt werden, dürfte der betreffende Landkreis mit den entsprechenden Zuwendungen helfend eingreifen. Die Landkreise haben sich dabei auf solche gemeindlichen Aufgaben zu beschränken, die die Gemeinden ordnungsgemäß zu erledigen verpflichtet sind, ohne dazu in der Lage zu sein, weil ihre Ressourcen oder Kompetenzen nicht ausreichen. An anderen gemeindlichen Aufgaben, die sich nur durch eine Erhöhung der Kreisumlage (mit-)finanzieren ließen, dürfen sich die Kreise schon deshalb nicht beteiligen, weil dadurch das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht ausgehöhlt würde. Dürften die Landkreise unter Inanspruchnahme von Mitteln, die letztendlich von den Gemeinden durch die Kreisumlage mit aufgebracht würden, freiwillige gemeindliche Aufgaben an sich ziehen ("hochzonen") oder sich daran beteiligen, also statt der Gemeinden (mit-)bestimmen, was an örtlichen Aufgaben zusätzlich zur "ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung" wahrgenommen wird, griffen sie einerseits in die entsprechenden gemeindlichen Gestaltungsmöglichkeiten ein. Andererseits schmälerten sie durch höhere Kreisumlagesätze gemeindliche Finanzmittel und dadurch nicht nur die Möglichkeiten von Gemeinden, freiwillige Aufgaben nach ihrer Wahl wahrzunehmen, sondern u.U. sogar ihre Pflichtaufgaben zu erfüllen mit der Folge, daß diese sodann mangels ordnungsgemäßer Erfüllung von den Landkreisen wahrzunehmen wären".

Az.: V/3-941-02

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