Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 82/2011 vom 23.12.2010

Zuordnung von Pflegearbeiten an Außenanlagen nach VOB und VOL

Bei der Vergabe von Pflegearbeiten an Außenanlagen sowie von Leistungen im Landschaftsbau geht es um eine Vielzahl von Leistungen. Insbesondere in der kommunalen Praxis geht es bei derartigen Verträgen nicht nur um den Landschaftsbau selber, sondern auch um Baum- und Grünflächenpflege. Auch Leistungen des Winterdienstes oder Verkehrssicherungsdienste fallen sehr häufig an. Insbesondere bei Grünflächenpflegeleistungen ist in der Praxis umstritten, welche Vergabeordnung anwendbar ist. Der DStGB versucht nachfolgend, eine (kurze) vergaberechtliche Einschätzung vorzunehmen.

Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen der Anwendung der VOB/A und der VOL/A können sich bei der Zuordnung von Pflegearbeiten an Außenanlagen ergeben. Fraglich ist, ob entsprechende Pflegearbeiten als Bauleistungen i. S. d. VOB einzuordnen sind, hierdurch also eine „bauliche Anlage hergestellt, instand gehalten, geändert oder beseitigt wird“ (vgl. § 1 VOB/A). In erster Linie zielen Bauleistungen auf die Schaffung, Erhaltung oder Änderung eines Bauwerkes ab. Bauwerk in dem Sinne meint eine unbewegliche, durch Verwendung und Material mit dem Erdboden verbundene Sache. Als Bauleistung sind insoweit alle Arbeiten zu verstehen, die auf eine bauliche Anlage bezogen sind. Die tatbestandliche Alternative der Instandhaltung in § 1 VOB/A eröffnet den Leistungsbegriff insoweit auch auf nachgelagerte Arbeiten, die nach der Schaffung dem Funktionserhalt der Anlage dienen. Hierunter können auch Pflegearbeiten gefasst werden.

Ein Indiz kann insoweit zumindest für Bauvergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte die Zuordnung in der VOB/C (Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen-ATV) sein. Entsprechend der ATV DIN 18320 „Landschaftsbauarbeiten“ gilt diese (Bauleistung) für „vegetationstechnische Bau-, Pflege-, Instandhaltungs- und Rodungsarbeiten“ sowie auch für „Bau-, Pflege- und Instandhaltungsarbeiten für Spiel- und Sportanlagen“ und für „Schutzmaßnahmen für Bäume. Pflanzbestände und Vegetationsflächen“ (ATV DIN 18320).

Ergänzend ist aber zu beachten, dass Arbeiten auch jenseits eines Funktionszusammenhanges zu Bauwerken als Bauleistungen gewertet werden können. Dies betrifft namentlich Arbeiten an einem Grundstück bzw. Erdarbeiten (vgl.: Korbion, in: Vygen/Katzenberg, VOB, § 1, Rn. 25). Zu solchen Erdarbeiten zählen etwa auch Pflanzarbeiten. Grundsätzlich kann vor diesem Hintergrund die fachgerechte Hegung von Außenanlagen durch Erneuerung von Bepflanzungen etc. als Bauleistung im Sinne der VOB definiert und auch vergeben werden (vgl. Marx, in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOB/A, § 1, Rn. 44). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Verjährungszeit für Mängelansprüche bei einer derartigen Zuordnung als nicht bauwerksbezogene Arbeiten an einem Grundstück bzw. Erdarbeiten vor dem Hintergrund von § 13 IV Nr. 1 VOB/B i. V. m. § 634a BGB nur zwei Jahre beträgt.

Gleichwohl wäre es verfehlt, jegliche Pflegemaßnahme im Außenbereich als Bauleistung auf Grundlage der VOB zu vergeben. Immerhin ordnen europarechtliche Vorgaben bei Vergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte (193 000 Euro) Instandhaltungs- und Reparaturmaßnahmen auch den Dienstleistungen zu (vgl. etwa RL 2004/18/EG, Anhang II, Teil A, Kategorie 1). Nähere Zuordnungskriterien hat insoweit die Vergabekammer Berlin mit ihrer Entscheidung vom 02.06.2009 (VK-B2-12/09) definiert. Die Tatbestandsalternative der Instandsetzungsmaßnahme in § 1 VOB/A ist demnach vor dem Hintergrund von § 99 Abs. 3 GWB und weiterer europarechtlicher Vorgaben (vgl. Richtlinie 2004/18/EG, Anhang I) zu interpretieren. Für die Abgrenzung von Maßnahmen nach VOB und VOL ist insoweit maßgeblich, ob es durch die in Rede stehende Maßnahme zu „nennenswerten Eingriffen in die Bausubstanz“ kommt. Vor diesem Hintergrund kann eine Pflegemaßnahme dann keine Bauleistung sein, wenn die Maßnahme der bloßen Erhaltung des zum bestimmungsgemäßen Gebrauch geeigneten (Soll-)Zustandes dient. Geht die Leistung hingegen über die Sicherung der laufenden Bestimmungsgemäßheit hinaus, indem diese durch einen nicht unwesentlichen Substanzeingriff erst wieder hergestellt werden muss, liegt eine Zuordnung als Bauleistung nahe (vgl.: Eschenbruch, in: Kulartz/Kus/Portz, GWB, § 99, Rn. 182).

Für Pflegemaßnahmen an Außenanlagen ist insoweit eine Unterscheidung nach dem Charakter und dem Schwerpunkt der zu vergebenden Leistung vorzunehmen. Erst wenn vom Schwerpunkt her eine Leistung zu vergeben ist, die Instandsetzungen von einer Dimension, die vergleichbar mit einer Neuanlage sind, zum Inhalt hat, stellt die VOB die Rechtsgrundlage dar. Dies dürfte z. B. bei umfassenderen Neugestaltungen von Parkanlagen oder dem Ersatz einer großflächigen Bepflanzung der Fall sein. Beschränkt sich der Auftragsgegenstand hingegen auf regelmäßige und untergeordnete Pflegearbeiten, wie etwa Rasenmähen, Heckenrückschnitte oder vergleichbare Maßnahmen, die dem schlichten und dauerhaften Erhalt der Anlage dienen, und liegt daher der Schwerpunkt der Aufgabe in einer Dienstleistung, dürfte die VOL für die Vergabe zur Anwendung kommen.

Az.: II/1 608-00

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