Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 192/2001 vom 20.03.2001

Zukunft der Klärschlammverwertung

Bereits in den Mitteilungen des StGB NRW vom 05.07.2000 (Nr. 382, S. 190f.) hatte die Geschäftsstelle darüber berichtet, daß das Umweltministerium des Landes Nordrhein-Westfalen Überlegungen anstellt, die Verwertung von Klärschlämmen durch die Aufstellung von Abfallwirtschaftsplänen einzuschränken. Die Geschäftsstelle hatte in einem Gespräch mit dem Umweltministerium deutlich gemacht, daß für die Verwertung von Klärschlämmen die Klärschlammverordnung des Bundes abschließend und verbindlich sei. Vor diesem Hintergrund könne nicht geregelt werden, daß nach der Klärschlammverordnung verwertbare Klärschlämme nicht verwertet werden dürften. Außerdem hatte die Geschäftsstelle darauf hingewiesen, daß zunächst eine Gebührenverträglichkeitsprüfung durch das Umweltministerium durchgeführt werden müsse. Eine Einschränkung der Verwertungsmöglichkeiten für Klärschlämme werde nach heutigem Erkenntnisstand einen Anstieg der Abwassergebühren herbeiführen. Denn eine anderweitige Entsorgung von Klärschlämmen für einen derzeitigen (Verwertungs-Preis) vom ca. 60 bis 80 DM/t sei kaum erreichbar, wenn die Verbrennung oder Deponierung von Klärschlamm nicht zu einem Preis für unter 100 DM pro Tonne zu erhalten sei.

Das Umweltministerium hält nach wie vor an seinen Überlegungen fest, die Verwertung von Klärschlämmen einzuschränken. Es wird insbesondere darauf hingewiesen, daß Klärschlämme die "Schadstoffsenke der Kläranlagen" seien und deshalb aus Gründen des Bodenschutzes eine Verwertung von Klärschlämmen auf landwirtschaftlichen Flächen nicht mehr als zeitgemäß angesehen werden könne. Die Geschäftsstelle hat gegenüber dem Umweltministerium nochmals deutlich gemacht, daß die Klärschlammverordnung des Bundes abschließend und für alle Bundesländer verbindlich die Verwertung von Klärschlämmen regele. Es sei daher rechtlich nicht zulässig, die Verwertung von Klärschlämmen zu untersagen, wenn diese die Grenzwerte nach der Klärschlammverordnung des Bundes einhalten und daher verwertet werden dürften.

Das Umweltministerium überlegt nun, ob auf der Grundlage freiwilliger Vereinbarungen erreicht werden kann, daß eine Klärschlammverwertung auf landwirtschaftlichen Flächen mittelfristig nicht mehr stattfindet. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß auf der Ebene der Europäischen Union zwischenzeitlich der 3. Entwurf zur Änderung der EU-Klärschlamm-Richtlinie diskutiert wird, so daß insgesamt damit gerechnet werden muß, daß auch die Klärschlamm-Verordnung des Bundes eine Änderung erfahren könnte.

Es kann jedoch zur Zeit keine Aussage darüber getroffen werden, wann die geänderte und verschärfte EU-Klärschlamm-Richtlinie erlassen und in der Folge hierzu die Klärschlam-Verordnung des Bundes geändert wird.

Unabhängig davon ist zu berücksichtigen, daß der Deutsche Bauernverband kurz davor war, aus der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung angesichts der BSE-Krise auszusteigen. Entgegen der im Vorfeld bekannt gewordenen Äußerungen hat der Deutsche Bauernverband im Rahmen seiner Präsidiumssitzung am 13. Februar 2001 allerdings davon Abstand genommen, vollständig aus der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung auszusteigen. Vielmehr fordert der Deutsche Bauernverband nunmehr lediglich eine lückenlose Kontrolle aller Klärschlämme und Bioabfälle sowie strengste Qualitätsanforderungen für einen nachhaltigen Verbraucher- und Bodenschutz. Nur wenn dieses nicht sichergestellt werden könne, sei ein sofortiges Verbot von Klärschlämmen in der landbaulichen Verwertung zu fordern.

Angesichts der weitreichenden Folgen der BSE-Krise ist es grundsätzlich nachvollziehbar, wenn der Deutsche Bauernverband insbesondere unter Absatzgesichtspunkten eine auf Verbraucherschutz ausgerichtete Linie verfechtet. Es ist allerdings mit Nachdruck darauf hinzuweisen, daß auch bisher die in kommunalen Kläranlagen angefallenen Klärschlämme nur für eine landwirtschaftliche Verwertung genutzt worden sind, wenn sie den strengen Anforderungen der Klärschlammverordnung des Bundes und des Düngemittelgesetzes vollständig entsprochen haben. Nach aktuellen Daten des Bundesumweltministeriums unterschreiten dabei die als Dünger eingesetzten Trockensubstanzen die gesetzlichen Grenzwerte in der Regel um 50 bis 90 Prozent. Ferner ist darauf hinzuweisen, daß lediglich rd. 45 % des anfallenden Klärschlamms tatsächlich auf landwirtschaftliche Flächen ausgebracht werden. Vor diesem Hintergrund gibt es keine nachvollziehbaren Gründen für einen abrupten Ausstieg der Landwirtschaft aus der Klärschlammverwertung. Durch die einzuhaltenden Bestimmungen des Abfall- und Düngemittelrechts werden etwaige Restrisiken bereits heute minimiert. Hinzu kommt, daß die Landwirtschaft gemeinsam mit den Kommunen über Klärschlammfonds eine Solidargemeinschaft zur Beseitigung unerwarteter Schadensfälle gebildet hat. Hierbei ist anzumerken, daß seit Bestehen des freiwilligen Klärschlammfonds keine tatsächlichen Schadensfälle eingetreten und lediglich in einigen wenigen Ausnahmefälle aus Kulanzgründen geringe Beträge aus dem Fonds an die Landwirtschaft gezahlt worden sind. Im Jahr 2000 ist kein Schadensfall geltend gemacht worden.

Nicht zuletzt ist auch zu berücksichtigen, daß nach § 4 Klärschlamm-Verordnung weitreichende Verbote für die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlämmen bestehen. So ist es unter anderem verboten

  • Klärschlamm auf Gemüse- und Obstanbauflächen aufzubringen,
  • Klärschlamm auf Dauergrünland aufzubringen und
  • Klärschlamm darf grundsätzlich auch auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden z.B. in Naturschutzgebieten nicht aufgebracht werden.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß bei einem kompletten Ausstieg aus der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung künftig im wesentlichen nur noch eine Verbrennung von Klärschlämmen in Müllverbrennungsanlagen oder industriellen Anlagen möglich sein würde. Die Folge wäre voraussichtlich ein Kostenanstieg bei der Entsorgung von Klärschlämmen. Denn während sich die Kosten z.Zt. bei der landwirtschaftlichen Verwertung auf ca. 60 - 80 DM pro Tonne Trockensubstanz belaufen, würden bei einer Entsorgung in einer Müllverbrennungsanlage die Kosten bei wenigstens 150 bis 200 DM/Tonne Trockensubstanz liegen.

Insgesamt verbleibt es aber dabei, daß die Klärschlammverwertung rechtlich gesehen nur dann eine Änderung erfahren kann, wenn die Klärschlammverordnung des Bundes geändert wird. Dabei ist es aber auch angezeigt, sich gegenüber etwaigen neuen Erkenntnissen zur Klärschlammverwertung nicht zu verschließen, wenn diese in eine Änderung der Klärschlamm-Verordnung einmünden.

Az.: II/2 24-091 qu/g

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