Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 417/1997 vom 20.08.1997

Wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden im Telekommunikationsbereich

Die Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN haben unter dem 10.06.1997 im nordrhein-westfälischen Landtag den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der wirtschaftlichen Betätigung von Gemeinden und Gemeindeverbänden im Bereich der Telekommunikationsleistungen eingebracht (LT-Drs. 12/2113). Zielsetzung dieses Gesetzentwurfs ist die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung auf dem Gebiet der Telekommunikation durch die Eröffnung einer umfassenden kommunalen Teilhabe an diesem Zukunftsmarkt als wesentlicher Teil eines modernen Infrastrukturangebots der Städte und Gemeinden.

Mit diesem Gesetzentwurf wird ein vorläufiger Schlußpunkt unter eine seit nahezu zwei Jahren - häufig quälende und für die kreisangehörigen Städte und Gemeinden nicht immer befriedigend - geführte Diskussion gesetzt. Ausgelöst wurde die Diskussion jedenfalls im Bereich des vor einer Liberalisierung stehenden Telekommunikationsmarktes vornehmlich durch die Kommunalaufsicht des Innenministeriums, die dem für die Zulässigkeit wirtschaftlicher Betätigung zentralen Merkmal des "öffentlichen Zwecks" in § 107 Abs. 1 Ziff. 1 GO ein grundlegendes Subsidiaritätsprinzip zu Lasten der Kommunen beimißt und damit lediglich eine "Lückenbüßer"-Funktion im Bereich der wirtschaftlichen Betätigung einräumt, eine Betrachtungsweise, die weder der Entstehungsgeschichte der geltenden Regelung des § 107 GO im Rahmen der grundlegenden GO-Reform des Jahres 1994 noch der Bedeutung und Zielrichtung dieser entscheidenden, auch verfassungsrechtlich absicherbaren Legitimationsgrundlage für die öffentliche Wirtschaft der Städte und Gemeinden entspricht. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, daß sich die Diskussion einer Gleichrangigkeit von öffentlicher und privater wirtschaftlicher Betätigung im Telekommunikationsmarkt als - allerdings wesentlicher und zugleich besonders lösungsbedürftiger - Baustein einer im Lande Nordrhein-Westfalen immer heftiger geführten Grundsatzdiskussion über die Möglichkeiten und auch Grenzen kommunaler wirtschaftlicher Betätigung darstellt.

Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen sieht im einzelnen folgende Änderungen des bestehenden Gemeindewirtschaftsrechts vor:

- In § 107 GO wird der Bereich der Telekommunikation ausdrücklich und unabhängig vom Vorliegen eines "dringenden öffentlichen Zwecks" im Einzelfall in den Kreis der zulässigen wirtschaftlichen Betätigungen einbezogen. Damit wird der Telekommunikation im Rahmen der Zulässigkeitsvoraussetzungen für die wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden eine gesetzliche Sonderstellung eingeräumt. Inhaltlich zielt die Änderung auf eine umfassende Betätigung der Gemeinden in der Telekommunikation, also z.B. einschließlich des Angebotes von Telefondiensten und sog. Telekommunikationsmehrwertdienste, ab.

- Im Rahmen der Vorschrift des § 108 GO ist eine Haftungsbeschränkung der Gemeinde auf den Anteil der Gemeinde bzw. des kommunalen Unternehmens am Stammkapital sowie ein Verbot sowohl der Inanspruchnahme von Krediten nach Maßgabe kommunalwirtschaftlicher Vorzugskonditionen als auch der Leistung von Bürgschaften und Sicherheiten vorgesehen.

- Der gem. § 112 Abs. 3 GO ohnehin bereits obligatorische Beteiligungsbericht der Gemeinde soll zukünftig auf die finanzwirtschaftlichen Auswirkungen der Beteiligung erstreckt werden.

- In § 41 Abs. 1 GO ist die Unterrichtung des Rates über die Chancen und Risiken des beabsichtigten wirtschaftlichen Engagements vor der Entscheidung über die Gründung von bzw. die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an Unternehmen der Telekommunikation auf der Grundlage einer Marktanalyse beabsichtigt.

Die erste Lesung des in Frage stehenden Gesetzentwurfes hat bereits am 26.06.1997 stattgefunden (LT-Plenarprotokoll 12/61, S. 4983 ff.). Die CDU-Fraktion hat in diesem Zusammenhang erhebliche Bedenken gegen die vorliegende Gesetzesinitiative geäußert. In ihrem Antrag "Eine Ausweitung der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen gefährdet Arbeitsplätze im Mittelstand" (LT-Drs. 12/1940) hat zudem die Opposition in der grundsätzlichen Diskussion über die Möglichkeiten und Grenzen gemeindlicher wirtschaftlicher Betätigung - im Anschluß an den Vorstoß des Jahres 1994 - erneut für eine Verschärfung des geltenden Gemeindewirtschaftsrechts zu Lasten der Städte und Gemeinden durch die Einfügung einer sog. "Privatisierungsklausel" als zusätzliche Zulässigkeitsvoraussetzung in § 107 Abs. 1 GO votiert.

Das Präsidium des NWStGB wird sich am 04.09.1997 mit der Gesetzesinitiative beschäftigen und eine Willensbildung herbeiführen.

Az.: V/2-810-05

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