Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 397/2010 vom 10.09.2010

Wiedereinführung des Widerspruchverfahrens im Kommunalabgabenrecht

Mit dem Bürokratieabbaugesetz II hat das Land Nordrhein-Westfalen im Jahr 2007 das Widerspruchverfahren (Vorverfahren) grundsätzlich, so auch im Bereich des kommunalen Abgabenrechts, abgeschafft. Mit der Maßnahme wurde das Ziel verfolgt, die Verfahrenseffizienz der öffentlichen Verwaltung zu verbessern.

Im Bereich der kommunalen Abgabenerhebung ist dieses Ziel aus Sicht der kommunalen Spitzenverbände nicht erreicht worden. Das Vorverfahren ist im Abgabenrecht nach Einschätzung der Geschäftsstelle ein effektives Instrument zur schnellen, unkomplizierten und kostengünstigen Korrektur von Verwaltungsentscheidungen in einem Bereich, der sich durch Massenverfahren auszeichnet, in denen ein laufender lückenloser Informationsabgleich über alle möglichen Änderungen bei den Besteuerungsgrundlagen faktisch ausscheidet und i. S. einer Vermeidung unnötiger Verwaltungskosten einerseits und Auskunftspflichten der Bürger anderseits auch nicht wünschenswert ist. Diese Verfahrensstruktur führt dazu, dass ein i. d. R. für beide Seiten kosten- und zeitintensiver Informationsaustausch nur in den Fällen erforderlich ist, in denen sich die Besteuerungsverhältnisse tatsächlich geändert haben. Das Widerspruchsverfahren ermöglichte daher in diesen Fällen, in denen nun unmittelbar der Klageweg beschritten werden muss, eine Sachverhaltsaufklärung. Schon daher wird auch im allgemeinen Abgabenrecht das Vorverfahren — so das Einspruchsverfahren nach § 347 ff. AO — nicht in Frage gestellt.

Hinzu kommt, dass — anders als in anderen Verwaltungsbereichen — Entscheidungen der kommunalen Steuerbehörden in hohem Maße von den Grundlagenbescheiden und sonstigen Entscheidungen der Finanzverwaltung des Landes abhängig sind. Auf die Qualität dieser Basisdaten haben die Kommunen keinen direkten Einfluss. Faktisch wenden sich jedoch viele der nunmehr erforderlichen Klagen gegen kommunale Bescheide letztlich gegen genau diese Vor-Feststellungen der außerhalb der Kommune stehenden Finanzverwaltung.

Eine völlig neue Dimension erhält diese Problematik vor dem Hintergrund des BFH-Urteils vom 30.06.2010 (Az. II R 60/08), wonach das weitere Unterbleiben einer allgemeinen Neubewertung des Grundvermögens für die Zwecke der Grundsteuer mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere mit dem allgemeinen Gleichheitssatz, nicht mehr vereinbar sei. Die Kommunen müssen sich angesichts der bereits angelaufenen Informationskampagnen der entsprechenden Fachverbände auf eine Klageflut gegen noch nicht bestandskräftig gewordene Grundsteuerbescheide einstellen. In dem Zusammenhang ist auch an die dramatische Zunahme von Einwendungen gegen Grundsteuerbescheide im Jahr 2006 hinzuweisen, als letztmalig die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer ernsthaft in Frage gestellt zu sein schien.

Die kommunalen Spitzenverbände haben sich daher als Arbeitsgemeinschaft an den Staatssekretär Dr. Krüger im Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen gewandt mit der Bitte, die im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen vereinbarte Prüfung der Wiedereinführung des Widerspruchverfahrens (vgl. S. 71 des Koalitionsvertrages) in Bezug auf das kommunale Abgabenrecht zeitnah aufzunehmen. Das Schreiben ist für Mitgliedskommunen im StGB NRW-Internetangebot unter Fachinfo/Service > Fachgebiete > Finanzen und Kommunalwirtschaft > Allgemeines Abgabenrecht abrufbar.

Az.: IV/1 930-00

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