Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 258/2020 vom 28.04.2020

Vollverzinsung: Erstattungszinsen zuletzt höher als Nachzahlungszinsen

Im Jahr 2019, anders als in den Vorjahren, lagen die Ausgaben des Staates für Erstattungszinsen deutlich über den Einnahmen aus Nachzahlungszinsen. Das BVerfG wird in diesem Jahr über die anhängigen Verfassungsbeschwerden hinsichtlich der Höhe des Zinssatzes befinden.

Über eine Kleine Anfrage hatte die FDP-Bundestagsfraktion Mitte März 2020 nach dem Umgang mit Nachzahlungszinsen des Finanzamts gefragt. Hintergrund der Anfrage ist, dass nach einer Karenzzeit von 15 Monaten auf Steuernachzahlungen und -erstattungen nach wie vor Zinsen in Höhe von 0,5 Prozent je Monat, also sechs Prozent im Jahr anfallen. Diese sog. Vollverzinsung wird im anhaltenden Niedrigzinsumfeld von einigen Akteuren, wie auch den Anfragestellern, für nicht sachgerecht gehalten. Vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sind zwei Verfassungsbeschwerden (Az. 1 BvR 2237/14 und Az. 1 BvR 2422/17) anhängig. Zuständige Berichterstatterin ist Bundesverfassungsrichterin Dr. Ott. Mit einer Entscheidung ist in diesem Jahr zu rechnen.

In dieser Woche wurde die auf den 1. April 2020 datierte Antwort der Bundesregierung nun veröffentlicht. Demnach lagen die von den Gemeinden im Jahr 2019 letztlich geleisteten Erstattungszinsen bezogen auf Einkommen- und Umsatzsteuer um 23,8 Mio. Euro über den Nachzahlungszinsen. Bezogen auf alle Gebietskörperschaften war das saldierte Aufkommen der Zinsen nach § 233a AO mit -552,8 Mio. Euro deutlich negativ (bezogen auf Einkommen-, Umsatz-, Körperschaft- und Vermögensteuer). 2018 war noch ein Plus von 26,1 Mio. Euro zu verzeichnen (Anteil Gemeinden: +9,2 Mio. Euro). Zahlen zu den saldierten Nachzahlungs- und Erstattungszinsen bezogen auf die Gewerbe- und Grundsteuer liegen nicht vor.

Mit Blick auf die beim BVerfG anhängigen Verfahren hat die Bundesregierung unterstrichen, dass sie das geltende Recht für verfassungsgemäß hält und dies so auch gegenüber dem BVerfG in ihrer Stellungnahme darlegt. Schließlich liegt der Regelung zur Vollverzinsung „die typisierende Annahme zugrunde, dass derjenige, dessen Steuer ganz oder zum Teil zu einem späteren Zeitpunkt festgesetzt wird, gegenüber demjenigen, dessen Steuer bereits frühzeitig festgesetzt wird, einen Liquiditäts- und damit auch einen potentiellen Zinsvorteil hat“, und die „Liquiditätsvorteile aufgrund unterschiedlicher Zeitpunkte der Steuerfestsetzung sind weiterhin vorhanden, hieran hat sich aufgrund der derzeitigen Niedrigzinsphase nichts geändert.“

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund wird sich mit einer Stellungnahme an dem Verfahren beteiligen. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass sich die Vollverzinsung über Jahrzehnte, auch unter administrativen Gesichtspunkten, bewährt hat und die Abschöpfung des Liquiditätsvorteils, unabhängig vom aktuellen Zinsniveau, richtig ist. Sollte die derzeitige Höhe des Zinssatzes nach § 238 AO vom BVerfG jedoch für nicht mehr mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt werden, so ist aus administrativen und haushalterischen Gründen von einer nachträglichen Anpassung der Zinssätze abzusehen.

Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens vorm BVerfG wird sich die Politik hernach gleichwohl Gedanken über die künftige Höhe des Zinssatzes machen müssen. Auch über eine flexible Höhe der Erstattungs- und Nachzahlungszinsen, die zum Beispiel mit einem festen Zinssatz über dem Leitzins der Europäischen Zentralbank liegen, wird zu diskutieren sein.

Kleine Anfrage:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/179/1917998.pdf

Antwort der Bundesregierung:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/183/1918372.pdf

Az.: 41.6.5.1.4-001/002 ha

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