Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 368/2016 vom 23.05.2016

VK Bund zur Leistungsbestimmung durch öffentlichen Auftraggeber

Die Vergabekammer des Bundes hat mit Beschluss vom 09.02.2016 (Az.: VK 1-130/15) Ausführungen zu der auch für Kommunen wichtigen vergaberechtlichen Freiheit bei der Leistungsbestimmung gemacht. Der öffentliche Auftraggeber (AG) hatte Sanierungsarbeiten im Uferbereich eines Gewässers europaweit ausgeschrieben. Wegen der Gefahr von Böschungsabbrüchen sollte dies laut Leistungsverzeichnis von einem Schwimmbagger mit Schiffszulassung aus erfolgen, zugleich sollte eine bestimmte Kentersicherheit nachgewiesen werden. Ein Bieter wollte diese Arbeiten hingegen mittels eines mit einem Schwimmponton versehenen Langarmbaggers durchführen, der über keine Schiffszulassung verfügt hätte. Der AG schloss das Angebot des Bieters aus. Hiergegen wehrt sich der Bieter. Die Vorgabe, einen Schwimmbagger einzusetzen, sei technisch nicht erforderlich und führe zu einer wettbewerbswidrigen Verkürzung des denkbaren Bieterkreises.

Aus Sicht der VK war der Antrag unbegründet. Die fragliche Anforderung des Einsatzes eines amphibischen Schwimmbaggers mit der Schiffszulassung sei entgegen der Ansicht des Bieters nicht vergaberechtswidrig. Insbesondere habe der AG nicht die Grenzen seines Leistungsbestimmungsrechts überschritten. Bei der Beschaffungsentscheidung für eine bestimmte Leistung sei der AG im rechtlichen Ansatz ungebunden; die Auswahl des Beschaffungsgegenstands unterliege seiner Bestimmungsfreiheit und sei dem eigentlichen Vergabeverfahren vorgelagert.

Eine Grenze ergebe sich vor allem aus § 7 EG Abs. 8 Satz 1 VOB/A, wonach technische Anforderungen an den Auftragsgegenstand grundsätzlich nicht so ausgestaltet werden dürfen, dass dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden; dies ist nur (ausnahmsweise) zulässig, soweit es durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist. Vorliegend habe eine sachliche Rechtfertigung darin bestanden, dass die ausgeschriebenen Arbeiten das Risiko mit sich brachten, dass es zu einem Abrutschen des Geländes bzw. Teilen davon kommt, wodurch sich der Untergrund quasi verflüssigt hätte. Für die Schiffszulassung und die Kentersicherheit lagen daher nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe vor.

Anmerkung

Die Freiheit des AG bei der Leistungsbestimmung ist an sich schon seit längerem durch die Rechtsprechung anerkannt. Allerdings gab es bislang keine einheitliche Linie hinsichtlich der vergaberechtlichen Grenzen dieser Bestimmungsfreiheit. Für den sog. „Grundsatz der produktneutralen Ausschreibung“ in § 7 EG Abs. 8 Satz 1 VOB/A 2012 (jetzt § 7 EU Abs. 2 VOB/A 2016) wurde die Grenze von verschiedenen unterinstanzlichen Gerichten eher eng gezogen und verlangt, dass der AG sich zunächst einen Marktüberblick verschafft und dann begründen muss, warum keine andere als die von ihm gewählte Lösung in Betracht kommt.

Demgegenüber räumt die hier besprochene Entscheidung den Auftraggebern mehr Spielraum ein. Solange auftragsbezogene Sachgründe gegeben und dokumentiert sind, muss ein AG in der Regel nicht durch Markterforschung oder Markterkundung klären, ob auch andere Lösungen in Frage kommen. Nur in Ausnahmefällen, etwa wenn der AG von der ausschließlichen Leistungsfähigkeit eines bestimmten Bieters ausgehen möchte, dürfte eine vorherige Markterkundung notwendig sein.

Az.: 21.1.1.3

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