Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 698/1999 vom 05.10.1999

VGH Kassel zum Ausstieg aus dem Dualen System

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel hat mit Beschluß vom 20. August 1999 (Az: 8 TG 3140/98) entschieden, daß die Duales System Deutschland AG (früher: DSD GmbH) als Betreiberin des Dualen Systems einen öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch hat, wenn ein Landkreis als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger ihr System zur Erfassung , Sortierung und Verwertung von gebrauchten Einweg-Verkaufsverpackungen beeinträchtigt.

Dem Beschluß lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Lahn-Dill-Kreis hatte 1992 eine Abstimmungserklärung nach § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung unterzeichnet, in welcher er sich damit einverstanden erklärte, daß in seinem Gebiet ein System i.S.v. § 6 Abs. 3 Satz 1 Verpackungsverordnung (= das Duale System der DSD AG) eingeführt wird, und zwar durch ein privates Entsorgungsunternehmen als Subunternehmer der DSD AG. In dieser Abstimmungserklärung (Abstimmungsvereinbarung) war auch die getrennte Erfassung der von der Verpackungsverordnung betroffenen Verkaufsverpackungen sowie auch sonstiger Wertstoffe in den Stoffgruppen Glas (farbsortierte Depotcontainer), Papier/Pappe/Karton - sog. PPK-Fraktion - (blaue Mülltonne) und Kunststoffe, Metalle, Verbundstoffe - sog. Leichtverpackungen - (gelber Sack) mit einer Kostenbeteiligung der DSD AG für die Altpapiereinsammlung vorgesehen. Mit der Festellungserklärung des Hessischen Umweltministeriums vom Dezember 1992 war außerdem dokumentiert worden, daß das Duale System der DSD AG für das Bundesland Hessen ein flächendeckendes System zur Erfassung gebrauchter Einweg-Verkaufsverpackungen ist. Im Sommer 1997 hatte dann der Lahn-Dill-Kreis der Einführung eines neues Systems zugestimmt. Abweichend von dem bisherigen System der Duales System Deutschland AG sollten jetzt in neuen blauen Säcken der Landbell AG papierfaserhaltige Verpackungen (und sog. Belland-Kunststoffe), in der blauen Papiertonne nur noch graphische Papiere und in (neuen) Bringcontainern großvolumige Flaschen und Folien aus Kunststoff sowie in der Restmülltonne neben dem Restmüll auch Metallverpackungen und kleinvolumige Kunststoffverpackungen eingesammelt werden. Durch diese Kombination sollte der gelbe Sack überflüssig werden.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof führt in seinem Beschluß vom 20.08.1999 aus, daß dieses Parallelsystem im Bundesland Hessen allein im Lahn-Dill-Kreis nicht der Verpackungsverordnung entspricht. Denn es handele sich dabei um kein flächendeckendes System in bezug auf das Einzugsgebiet, welches nach § 3 Abs. 9 der VerpackV das jeweilige Bundesland (hier: das Bundesland Hessen) ist. Zwar gehe die Verpackungsverordnung in § 6 Abs. 3 VerpackV davon aus, daß es mehrere Systeme zur Erfassung von gebrauchten Einwegverkaufsverpackungen geben kann. Allerdings sei Voraussetzung dafür, daß jedes dieser zugelassenen Systeme flächendeckend in bezug auf das jeweilige Bundesland eingerichtet werden müsse. Werde ein System eingeführt, welches bezogen auf das Bundesland nicht flächendeckend sei, so handele es sich nicht um ein System im Sinne des § 6 Abs. 3 VerpackV, das durch die VerpackV selbst gedeckt sei. Denn dann liege – so der HessVGH - ein unzulässiges Konkurrenzsystem vor, welches einen Abwehranspruch für den Systembetreiber (hier: die DSD AG/Duales System) begründe, weil dieses Duale System nach § 6 Abs. 3 VerpackV ausdrücklich als flächendeckendes System im Bundesland Hessen zugelassen worden sei. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof führt hierzu wörtlich aus: "Es würde auch der Chancengleichheit im Wettbewerb zuwiderlaufen, wenn ein solches örtlich begrenztes Konkurrenzsystem unter Ausnutzung der dem bereits betriebenen System landesweit erteilten Systemfeststellung lediglich geringere "Zulassungs- und Betriebsvoraussetzungen erfüllen müßte".

Es wird allerdings gleichzeitig durch den hessischen Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, daß die geltende Verpackungsverordnung keine Rückgabepflicht der privaten Endverbraucher für Einweg-Verkaufsverpackungen vorschreibt, d.h. kein privater Endverbraucher verpflichtet werden kann, seine gebrauchten Einweg-Verkaufsverpackungen dem Dualen System der DSD AG zuzuführen. Deshalb kann der Bürger als privater Endverbraucher - wenn nicht ein gemäß § 15 Abs. 3 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zugelassener satzungsmäßiger Ausschluß vorliegt – seine gebrauchten Einweg-Verpackungen auch als "Restmüll" durch Einwurf in die Restmülltonne der Entsorgungspflicht des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers überantworten. Es widerspricht – so der Hess. Verwaltungsgerichtshof - aber der Konzeption der Verpackungsverordnung und damit der bundesstaatlichen Kompetenzordnung, wenn ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger die von ihm betriebene öffentliche Abfallentsorgung dadurch "optimiert", daß er wie der Lahn-Dill-Kreis ein zusätzliches System zur gezielten Erfassung und Verwertung von gebrauchten Verkaufsverpackungen beim Endverbraucher integriert. Denn damit setzt sich ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für seinen kommunal begrenzten Zuständigkeitsbereich in Widerspruch zu der von der geltenden Verpackungsverordnung vorgegebenen Konzeption. Diese besteht darin, die Aufgabe der Entsorgung gebrauchter Verpackungen insgesamt und bundesweit aus dem Bereich der öffentlichen Abfallentsorgung herauszunehmen und auf die beteiligte Privatwirtschaft und insbesondere die gezielte, systematische Erfassung gebrauchter Verpackungsverpackungen beim (privaten) Endverbraucher und deren Verwertung auf ein behördlich festzustellendes System nach § 6 Abs. 3 zu übertragen und hierdurch einem abfallrechtlichen Sonderregime zu unterstellen.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend darauf hin, daß mit diesem Beschluß des Hess. Verwaltungsgerichtshofs nicht ausgesagt wird, daß es keine Konkurrenzsysteme zum Dualen System der DSD AG auf der kommunalen Ebene geben kann. Der Hess. Verwaltungsgerichtshof hat lediglich klargestellt, daß etwaige Konkurrenzsysteme die in der Verpackungsverordnung vorgegebenen Maßgaben erfüllen müssen. Hierzu gehört insbesondere die Maßgabe der "Flächendeckung" des Systems im jeweiligen Einzugsgebiet also in einem Bundesland (§§ 6 Abs. 3, 3 Abs. 9 VerpackV). Im übrigen ist durch den Hess. Verwaltungsgerichtshof deutlich herausgestellt worden, daß kein privater Endverbraucher nach der Verpackungsverordnung verpflichtet ist, seine gebrauchten Einwegverpackungen dem Dualen System zuzuführen, weil die Verpackungsverordnung keine Rückgabepflicht für die privaten Endverbraucher regelt. Jedem privaten Endverbraucher ist es daher – vorbehaltlich einer anderen Regelung in der Abfallentsorgungssatzung – freigestellt, seine gebrauchten Einweg-Verpackungen in die Restmülltonne der entsorgungspflichtigen Stadt/Gemeinde einzufüllen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß nach § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung, die gebrauchten Einwegverpackungen restentleert sein müssen, so daß z.B. verschimmelte Lebensmittel in Einwegverpackungen grundsätzlich dem Restmüllgefäß der Stadt/Gemeinde zugeführt werden können.

Az.: II/2 32-12

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