Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 379/2016 vom 06.05.2016

VGH Hessen zur Zulässigkeit einer Asylbewerberunterkunft in Wohngebiet

Der VGH Hessen hat sich mit Beschluss vom 18.09.2015 (Az.: 3 B 1518/15) zu der Frage der Asylbewerberunterkunft in einem reinen Wohngebiet geäußert und folgende zentrale Aussagen gemacht:

  1. Bei der Unterbringung von Asylbewerbern in einem genehmigten Wohnhaus handelt es sich um „Wohnen" im Sinne von § 3 Abs. 1 BauNVO, wenn aufgrund der konkreten Ausgestaltung der jeweiligen Räumlichkeiten eine hinreichende Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises in einem baulich abgeschlossenen Bereich mit eigener Küche und Bad für eine gewisse Dauer ermöglicht wird.
  2. Bei einer Asylbewerberunterkunft, die die Merkmale des Wohnens nicht erfüllt, handelt es sich um eine soziale Einrichtung, die gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem reinen Wohngebiet als Ausnahme zulässig ist.
  3. Mit dem Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20.11.2014 (BGBl. I S. 1748) hat der Gesetzgeber der Schaffung von Flüchtlings- und Asylbewerberunterkünften ein besonderes Gewicht beigemessen, was insbesondere auch bei der Abwägung und Bewertung nachbarlicher Interessen bei Anwendung des Gebots der Rücksichtnahme von Bedeutung ist.

Ein dreigeschossiges Wohnhaus im reinen Wohngebiet wird als Unterkunft für Asylbewerber genutzt. Die Nachbarn halten dies für unzulässig und verlangen ein Nutzungsverbot; ergänzend verweisen sie auf die davon ausgehenden Störungen.

Die Nutzung als Asylbewerberunterkunft verletzt aus Sicht des VGH keine nachbarschützenden Vorschriften. Auch eine Asylbewerberunterkunft könne mit dem Nutzungskonzept „Wohnen" organisiert werden; dann liege schon keine baugenehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor. Bei der hier gegebenen Nutzung von Wohnungen durch verschiedene Flüchtlingsfamilien sei dies der Fall. Würde wie bei einer Gemeinschaftsunterkunft kein Wohnen vorliegen, wäre auch das unerheblich, denn die damit gegebene Nutzungsänderung sei jedenfalls genehmigungsfähig.

Eine Asylbewerberunterkunft für ca. 25 Personen sei als soziale Einrichtung auch im reinen Wohngebiet nicht gebietsunverträglich. Relevant sei nur das baurechtliche Nutzungskonzept und das dadurch typischerweise verursachte Störpotenzial des Vorhabens, nicht aber das individuelle, gegebenenfalls störende Verhalten der Bewohner. Dagegen könne nicht baurechtlich vorgegangen werden, sondern nur mit ordnungspolizeilichen Mitteln.

Die Entscheidung ist zutreffend. Eine Wohnnutzung wäre unmittelbar zulässig. Bei der Prüfung von Ausnahmen und Befreiungen für Anlagen zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern sind die Vorgaben der Baurechtsnovelle 2014 zu beachten, die das besondere öffentliche Interesse an solchen Vorhaben betont und damit bei Anwendung des Gebots der Rücksichtnahme Einfluss auf die Bewertung nachbarlicher Interessen hat. Danach dürfte eine Unterbringungskapazität, die nicht deutlich über den Rahmen der in dem Gebiet generell zulässigen Grundstücksausnutzung hinausgeht, stets zulässig sein.

Az.: 20.1.4.11-004/002

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