Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 630/2006 vom 15.08.2006

VGH Baden-Württemberg zur energetischen Verwertung

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH Bad.-Württ.) hat mit Urteil vom 21.3.2006 (10 S /03) zur energetischen Verwertung entschieden, dass eine Verbrennung von Abfällen nur dann als Abfallverwertung im Sinne einer energetischen Verwertung einzustufen ist, wenn der Abfall hauptsächlich als Brennstoff oder anderes Mittel der Energieerzeugung eingesetzt wird. Ob dieses der Fall sei, bestimme sich neben den für den Verbrennungsvorgang als solchen maßgeblichen Kriterien entscheidend nach dem tatsächlichen Widmungszweck der Abfallverbrennungsanlage. Grundsätzlich können nach dem VGH Bad.-Württ. auch in einer Abfallbeseitigungsanlage wie z.B. einer MüllverbrennungsanlageMaßnahmen der Abfallverwertung durchgeführt werden. Dieses kann bspw. bei der Verwendung von Abfällen als Ersatzbrennstoff im Rahmen der Stützfeuerung der Fall sein.Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Verbrennung des Abfalls unmittelbar dem Ersatz eines primären Energieträgers dient und nicht nur mittelbar – durch die Herstellung eines „Abfallprodukts“ i.S.d. § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KrW/AbfG mittels Vermischung mit anderen Abfällen – über die Herstellung eines selbstgängigen Verbrennungsprozesses im Wege der Kompensation eine Ressourcenschonung bewirkt wird.
Werden Abfälle – so der VGH Bad-Württ. – ohne Erfüllung einer Austauschfunktion in Bezug auf eine primäre Energiequelle aus dem Wirtschaftskreislauf herausgenommen, liegt kein Vorgang der Abfallverwertung, sondern ein Vorgang der Abfallbeseitigung vor. Würden demnach heizwertarme Abfälle mit heizwertreichen Abfällen zur Herstellung eines „Abfallprodukts“ mit einem Heizwert über 11.000 kJ pro kg vermischt, liegt nach dem VGH BW keine energetische Verwertung vor. Nicht jede Abfallverbrennung in einer Müllverbrennungsanlage - so wie hier in einer Sonderabfallverbrennungsanlage - führe dazu, dass diese eine energetische Verwertung sei, weil mittelbar ein geringerer Einsatz eines primären Energieträgers herbeigeführt werde. Nach geltendem Recht ließen sich in diesem Punkt die ingenieurwissenschaftliche sowie ökonomische Rationalität einerseits und juristische Rationalität andererseits nicht in Deckung bringen. Deshalb sei eine Abfallverbrennung im Rechtssinne nur dann als Verwertungsmaßnahme einzustufen, wenn der Abfall hauptsächlich als Brennstoff oder anderes Mittel der Energieerzeugung eingesetzt wird. Ob dieses der Fall sei, bestimme sich neben den für den Verbrennungsvorgang maßgeblichen Kriterien entscheidend nach dem tatsächlichen Widmungszweck der Abfallverbrennungsanlage. Diene die Verbrennung von Sonderabfall nicht primär der Energieerzeugung, sondern stelle diese lediglich einen Nebeneffekt des Anlagenbetriebs dar, liege nach der Hauptzweckklausel keine Abfallverwertung vor. Erfolge die Abfallverbrennung primär um ihrer selbst Willen, handele es sich bei der Abfallentsorgung um einen Vorgang der Abfallbeseitigung.

Die Geschäftsstelle weist darauf hin, dass abzuwarten sein wird, welchen Rechtsstandpunkt das OVG NRW einnehmen wird. Der VGH Bad.-Württ. zieht in seinem Urteil vom 21.3.2006 (10 S /03) zieht die Grenzlinien für eine energetische Verwertung in Müllverbrennungsanlagen jedenfalls enger als das OVG Lüneburg (Beschluss vom 18.1.2006 (Az.: 7 ME 136/05 - ).

Unabhängig davon bleibt darauf hinzuweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht die Frage der energetischen Verwertung in Müllverbrennungsanlagen noch nicht zu beurteilen hatte und das OVG des Saarlandes (Urteil vom 22.8.2003 – Az.: 3 R 1/03(3Q 71/01)) bislang unter Verweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 13.02.2003 – Az.: C 458/00 – NVwZ 2003, S. 457) sehr strikt den Rechtstandspunkt vertreten hatte, dass eine energetische Verwertung von Abfällen in Müllverbrennungsanlagen grundsätzlich nicht zulässig sei, weil diese Anlagen in erster Linie der Abfallbeseitigung dienen würden.
Vor diesem Hintergrund kann momentan in der obergerichtlichen Rechtsprechung eine klare und eindeutige Spruchpraxis noch nicht erkannt werden.

Az.: II/2 31-02 qu/hu

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