Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 446/2019 vom 22.07.2019

VG Minden zur Fristversäumnis durch Städte

Das VG Minden hat mit Urteil vom 19.07.2019 (Az.: 9 K 6152/17 - nicht rechtskräftig) entschieden, dass die Ausschlussfrist für die Stellung eines Antrags zur Befreiung von der Abwasserabgabe für das Niederschlagswasser in § 8 Abs. 2 AbWAG NRW (alte Fassung – a. F. - vor dem 17.07.2019) durch eine Stadt zu beachten war und deshalb ein Antrag zu spät eingereicht worden ist, wenn er bis zum 31.03 des Jahres (Eingang) nicht gestellt worden ist.

Auch eine Behörde (hier: die Stadt) müsse Fristen - ebenso wie Privatpersonen - einhalten. Die geregelte Ausschlussfrist in § 8 Abs. 2 AbwAG NRW a. F. sei auch nicht willkürlich, weil nach dem fristgerechten Antragseingang noch Unterlagen nachgereicht werden könnten, denn durch die Ausschlussfrist werde zumindest erreicht, dass für die zuständige Behörde (das LANUV NRW) eine erhebliche und wünschenswerte Verwaltungsvereinfachung eingetreten sei.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf Folgendes hin:

Der Landtag NRW hat am 26.06.2019 das Gesetz zur Anpassung der Abgabefreiheit bei Einleitung von verschmutztem Niederschlagswasser beschlossen (GV NRW 2019, Nr. 14 vom 16.07.2019, S. 299 ff., S. 341 ff.). Das Gesetz ist ein Artikelgesetz und beinhaltet in Art. 1 die Änderung des Abwasserabgabengesetzes NRW sowie in Art. 2 die Änderung des § 47 Abs. 2 Landeswassergesetzes NRW (LWG NRW). Das Artikelgesetz ist einen Tag nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes NRW (Art. 3) am 17.07.2019 in Kraft getreten (GV NRW 2019, S. 341 ff. ).

Hintergrund der Änderung des AbWAG NRW war das Urteil des OVG NRW vom 20.11.2017 (Az.: 9 A 1686/11 – abrufbar unter www.justiz.nrw.de). Durch dieses Urteil sahen sich die Landesregierung und der Landtag veranlasst, die Änderung des NRW-Ausführungsgesetzes zum Abwasserabgabengesetz des Bundes durchzuführen. Das Umweltministerium NRW hatte einen Referenten-Entwurf zur Gesetzesänderung vorgelegt.

Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände hatte hierzu mit Datum vom 30.01.2019 eine Stellungnahme abgegeben und darauf hingewiesen, dass eine Abgabefreiheit grundsätzlich zu gewähren ist, wenn für die konkrete Einleitungsstelle eine wasserrechtliche Einleitungserlaubnis erteilt worden ist. Nach dem OVG NRW (Urteil vom 20.11.2017 – Az.: 9 A 1686/11 -) ist eine Abgabefreiheit grundsätzlich nur bei Vorhandensein einer in dem betreffenden Veranlagungsjahr gültigen wasserrechtlichen Einleitungserlaubnis zu gewähren (Fortentwicklung der Rechtsprechung - vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20.04.2004 – Az.: 9 A 3750/02).

Soweit abwasserrechtliche Anforderungen nicht eingehalten werden, muss nach Auffassung der Geschäftsstelle grundsätzlich zunächst die wasserrechtliche Erlaubnis eine Änderung erfahren. Dementsprechend ist auch eingefordert worden, dass dieses im Gesetzestext (§ 8 Abs. 3 AbwAG NRW – neu) ausdrücklich klargestellt werden muss. Diesem Vorschlag ist der Landesgesetzgeber nicht gefolgt.

In § 8 Abs. 3 AbwAG NRW n. F. wird nunmehr lediglich darauf abgestellt, dass die Abgabefreiheit bei der Einleitung von Niederschlagswasser davon abhängt, ob die Anforderungen nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 WHG erfüllt werden. Dort sind die immissionsschutzrechtlichen Anforderungen zum Schutz des Gewässers – gewissermaßen Schutzanforderungen aus der Sicht des Gewässers - geregelt, während in § 57 Abs. 1 Nr. 3 WHG die anlagentechnischen Anforderungen normiert werden.

Werden die Anforderungen gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 2 WHG nicht erfüllt, so gelten diese gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 AbwAG NRW nunmehr als erfüllt, wenn ein insoweit unbeanstandetes Abwasserbeseitigungskonzept Maßnahmen enthält, welche die Erfüllung der Anforderungen nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 WHG sicherstellen sollen, und diese fristgerecht umgesetzt werden. Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 AbwAG NRW sind Maßnahmen im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 1 AbwAG NRW auch erforderliche Untersuchungsmaßnahmen. In § 8 Abs. 3 Satz 3 AbWAG NRW wird zusätzlich geregelt, dass bis einschließlich 31.12.2021 die Anforderungen nach § 8 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 AbwAG NRW als erfüllt angesehen werden.

Gleichwohl bedeutet dieses nicht, dass eine vollständige Befreiung von der Abwasserabgabe für das Niederschlagswasser wie in der Vergangenheit zu 100 % erfolgt. Vielmehr regelt § 8 Abs. 3 Satz 4 AbwAG NRW, dass sich die Abwasserabgabe lediglich um 75 % reduziert, d. h. dass 25 % der Abwasserabgabe zu zahlen sind. Darüber hinaus ist Folgendes zu beachten:

Veranlagungsjahr 2018

Das LANUV NRW hat bereits im Jahr 2019 bezogen auf die konkrete Einleitungsstelle zusätzlich abgefragt worden ist, ob neben der stofflichen auch eine Gewässerunverträglichkeit aufgrund hydraulischer Überbeanspruchung vorliegt. Auch dieses kann nach dem LANUV NRW zur Ablehnung des Befreiungsantrages für die Abwasserabgabe bezogen auf das Niederschlagswasser führen (S. 5 ff. des LANUV-Schreibens vom 18.01.2019). Diese zusätzliche Abfrage erfolgte im Jahr 2019 bereits mit Blick auf die bundesrechtlichen Vorgaben in § 57 Abs. 1 Nr. 2 WHG. Soweit in den Antragsunterlagen angegeben wird, dass das betreffende Kanalnetz die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Nr. 3 WHG einhält, wurde darauf hingewiesen, dass das LANUV NRW eine Stellungnahme der zuständigen Wasserbehörde zur Überprüfung anfordern wird.

Soweit die Gewässerverträglichkeit in stofflicher und hydraulischer Hinsicht nicht sichergestellt ist und auch nicht nachgewiesen werden kann, sollen Befreiungsanträge für die Abwasserabgabe bezogen auf Einleitungsstellen für das Niederschlagswasser, die bis zum 31.03.2019 gestellt worden sind, auf der Grundlage des geänderten AbwAG NRW bereits bearbeitet und beschieden werden. Dort ist in § 8 Abs. 3 Satz 1 AbwAG NRW geregelt worden, dass eine Befreiung bezogen auf die Anforderungen in § 57 Abs. 1 Nr. 2 WHG auch dann erteilt werden kann, wenn in einem unbeanstandeten Abwasserbeseitigungskonzept der abwasserabgabepflichtigen Gemeinde bereits Maßnahmen enthalten sind, welche die Erfüllung der Anforderungen des § 57 Abs. 1 Nr. 2 WHG sicherstellen sollen und diese Maßnahmen fristgerecht umgesetzt werden. Dabei sind gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 AbwAG NRW Maßnahmen im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 1 AbwAG NRW auch erforderliche Untersuchungsmaßnahmen. In § 8 Abs. 3 Satz 3 AbWAG NRW wird zusätzlich geregelt, dass bis einschließlich 31.12.2021 die Anforderungen nach § 8 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 AbwAG NRW als erfüllt angesehen werden.

Wichtig ist, dass auf der Grundlage der seit dem 17.07.2019 geltenden Neuregelung in § 8 Abs. 3 AbwAG NRW keine 100%ige Befreiung von der Abwasserabgabe mehr erfolgen wird, sondern sich die Abwasserabgabe lediglich um 75 % reduziert, d. h. das 25 % der Abwasserabgabe zu zahlen sind.

Veranlagungsjahr 2019

Für Befreiungsanträge, die im Jahr 2020 (Veranlagungsjahr 2019) gestellt werden, ist zu beachten, dass nunmehr ein Befreiungsantrag bis zum 30.06.2020 zu stellen ist (§ 8 Abs. 5 Satz 1 AbwAG NRW). Dieses ist wiederum eine Ausschlussfrist, d. h. Anträge, die zeitlich danach gestellt werden, sind nicht mehr rechtzeitig gestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt (30.06.2020) müssen auch die antragsbegründeten Nachweisunterlagen bereits eingereicht werden, denn gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 AbwAG NRW kann die zuständige Behörde nur auf Antrag eine abweichende Frist für die Beibringung der antragsbegründenden Nachweisunterlagen zulassen.

Verrechnung mit der Abwasserabgabe (§ 8 Abs. 6 Satz 2 AbwAG NRW)

In der Stellungnahme der AG der kommunalen Spitzenverbände vom 30.01.2019 ist eingefordert worden, dass eine Befreiung um 100% zu gewähren ist, weil anderenfalls ein Anstieg der Abwassergebühren die Folge ist, was nicht erwünscht sein kann. Dieser Forderung ist der Landtag NRW nicht gefolgt. Stattdessen wurde eine Verrechnungsmöglichkeit in § 8 Abs. 6 AbwAG NRW aufgenommen. In § 8 Abs. 6 Satz 2 AbwAG NRW ist neu geregelt worden, dass Aufwendungen für Maßnahmen im Gewässer gemäß § 54 Satz 2 Nr. 5 LWG NRW, die der Erfüllung der Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Nr. 2 WHG dienen und in einem insoweit unbeanstandeten Abwasserbeseitigungskonzept enthalten sind, entsprechend § 8 Abs. 6 Satz 1 AbwAG NRW verrechnet werden können.

Az.: 24.1.2.1-007/14

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