Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 632/2001 vom 05.10.2001

VG Minden zur Bagatellgrenze und Regenwassernutzung

In einem Urteil vom 09. August 2001 (Az.: 9 K 561/01; nichts rechtskräftig) hat sich das Verwaltungsgericht Minden mit der Bagatellgrenze für Frischwasser-Abzugsmengen, die nachweislich nicht dem Kanal zugeführt werden, beschäftigt. Das VG Minden erkennt in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen und des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich an, daß in bezug auf Frischwasser-Abzugsmengen, die nachweislich nicht dem Kanal zugeführt werden, in der Gebührensatzung eine Bagatellgrenze geregelt werden kann. Bagatellgrenze bedeutet in diesem Zusammenhang, daß erst ab Überschreiten einer bestimmten Kubikmeter-Zahl ein Frischwasser-Abzug ermöglicht wird. Die Bagatellgrenze liegt zur Zeit nach der Rechtsprechung bei 15 Kubikmeter/Jahr.

Das VG Minden bestätigt hierzu, daß eine solche Bagatellgrenze grundsätzlich nicht zu beanstanden sei, weil die Erfassung und Bearbeitung aller in Betracht kommenden Frischwasser-Abzugsmöglichkeiten zwangsläufig mit einem kostenverursachenden Verwaltungsaufwand verbunden sei, der mit dem Zugewinn an Einzelfallgerechtigkeit einer Vielzahl von Fällen außer Verhältnis stehe. Es sei daher rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Stadt oder Gemeinde als Satzungsgeber die Abzugsmöglichkeiten vom Erreichen eines Grenzwertes, sprich einer Bagatellgrenze, abhängig mache. Bei der Festsetzung der Höhe der Bagatellgrenze sei allerdings die wirtschaftliche Bedeutung im Hinblick auf die erheblich gestiegenen Abwassergebühren zu beachten. Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des OVG NRW sei auch angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes einer Reduzierung der Bagatellgrenze als Grenzwert auf einen Wert unter 15 Kubikmeter nicht zwingend geboten. Die sich ergebenden Ungleichbehandlungen mit Jahresbeträgen in einer Höhe bis zu 118,05 DM würden sich danach gerade noch unterhalb der Schwelle der Erheblichkeit bewegen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 4.11.1996 – 9 A 7237/95 – S.8 UA; OVG NRW, Urteil vom 25.4.1997 – 9 A 4821/95, S. 19 UA ; OVG NRW, Urteil vom 19.9.1997 – 9 A 3373/96 – S. 12 UA).

Die Geschäftsstelle weist darauf hin, daß das VG Minden mit diesen Ausführungen darauf abstellt, daß eine Bagatellgrenze von 15 Kubikmetern pro Jahr keine "finanzielle Bagatelle" mehr ist, wenn wegen der Höhe der Abwassergebühr in der konkreten Gemeinde und der Nichtanerkennung der Frischwasser-Abzugsmengen bis zu 15 Kubikmetern, ein bestimmter Geldbetrag überschritten wird. Denn die Nichterkennung von Frischwasser-Abzugsmengen führt dazu, daß der Gebührenschuldner diese bezahlen muß. Eine Belastung von 118,05 DM/Jahr bewegt sich nach dem VG Minden hiernach noch unterhalb der Schwelle der Erheblichkeit. Die Konsequenz hieraus ist zwangsläufig, daß eine Bagatellgrenze von 15 Kubikmeter/Jahr abgesenkt werden muß, wenn die Höhe der Abwassergebühr dazu führt, daß ein Belastungsgrad von 118,05 DM/Jahr überschritten wird. Denn durch das Absenken der Bagatellgrenze würde dann die Schwelle der Erheblichkeit wieder unterschritten.

Unabhängig davon findet nach dem VG Minden die Bagatellgrenze auch dann Anwendung, wenn das einem Grundstück zugeführte Wasser nicht ausschließlich Trinkwasser ist, das aus der öffentlichen Frischwasserversorgung stammt, sondern ein Teil des Brauchwassers aus einer Regenwassernutzungsanlage entnommen wird. Für die Erhebung der Abwassergebühren ist es nämlich nach dem VG Minden nicht entscheidend, ob das im Haushalt verwendete Wasser Trinkwasser oder Regenwasser ist. Vielmehr ist nur von Bedeutung, ob das Wasser (Frischwasser oder genutztes Regenwasser) nach seiner Verwendung der öffentlichen Abwasserkanalisation zugeleitet wird. Insofern besteht nach dem VG Minden auch hinsichtlich der Abzugsmenge des auf dem Grundstück zurückgehaltenen Wassers letztlich kein Unterschied, ob es sich dabei um Trinkwasser oder Regenwasser handele.

Die Anwendung der Bagatellgrenze auf das bezogene Regenwasser führe auch nicht zwangsläufig zu einer Erhebung von Abwassergebühren auf zur Gartenbewässerung verwendetes Regenwasser, wie der Kläger es befürchte. Wasser, das gar nicht erst in die Hauswasserversorgung gelange und dessen späterer Abfluß in die Kanalisation praktisch ausgeschlossen sei, scheide als Bemessungsgrundlage für die Abwassergebühren nämlich aus, weil insoweit ein Wahrscheinlichkeitszusammenhang zu der eingeleiteten Wassermenge nicht bestehe. Dies gelte wegen der durch die Bagatellgrenze erstrebten Verwaltungsvereinfachung jedoch nur, wenn das im Haushalt nicht verwendete Wasser nicht gesondert abgezogen werden müsse, weil es gar nicht erst die Hauptzähler der Hauswasserversorgungsanlage durchlaufe. Dementsprechend sei z.B. die Nutzung von Regentonnen zur Gartenbewässerung gebührenrechtlich unbeachtlich.

Ebenso sei aber auch bei Regenwassersammelbehältern (Regenwassernutzungsanlagen) eine Entnahme in einer Weise möglich, daß das zur Gartenbewässerung verwendete Wasser vor einer Zuführung zur Hauswasserversorgung entnommen werde und dementsprechend von dem Wasser-Zähler nicht erfaßt werde, der die dem Haus zugeführte Wasser-Menge messe. Bei einer entsprechenden Ausgestaltung der Anlage, wozu u.U. bereits die Verlegung des Regenwasserentnahmezählers an eine Stelle hinter dem Abzweig der Gartenwasserleitung genüge, wäre die Bagatellgrenze auf das von vornherein nicht zu berücksichtigende Regenwasser nicht anzuwenden. Anders sei es bei einer Entnahme hinter dem Entnahmezähler der Regenwassernutzungsanlage, weil sich hier die Situation nicht anders darstelle als wenn ein Garten-Wasserhahn über Wasser aus der öffentlichen Frischwasser-Wasserversorgungsanlage gespeist werde, so daß das Frischwasser zunächst den Hauptzähler (die Wasseruhr) durchlaufe. Hier verlange die Gleichbehandlung mit anderen Gebührenzahlern und die erstrebte Verwaltungsvereinfachung die Anwendung der Bagatellgrenze, durch die in vielen Fällen gesonderte Rechenschritte und Zählerablesungen eingespart würden.

In dem entschiedenen Fall ist das VG Minden der Auffassung, daß der Kläger eine Reduzierung seiner Gebühr angesichts der dargelegten Wirksamkeit der maßgeblichen Satzungsbestimmungen schon deshalb habe nicht verlangen können, weil er entgegen dem Erfordernis in der Satzung weder behauptet noch nachgewiesen hat, daß und ggf. in welchem Umfang er Wasser zur Gartenbewässerung auf seinem Grundstück zurückgehalten hat. Das VG Minden folgt deshalb der Darstellung der beklagten Stadt in ihrem Widerspruchsbescheid und erachtet es für zulässig, daß unabhängig vom Bestehen einer satzungsrechtlichen Bagatellgrenze die Abwassergebühr durch die beklagte Stadt auf die gesamte Wassermenge bezogen wurde, die aus der öffentlichen Frischwasser-Versorgungsanlage und aus dem Regenwassersammelbehälter ( der Regenwassernutzungsanlage) bezogen worden war.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend daraufhin, daß sich das Problem der Gartenbewässerung mit Regenwasser aus der Regenwassernutzungsanlage von vornherein dadurch ausschließen läßt, daß das Regenwasser zur Gartenbewässerung vor der Wasseruhr abgezweigt wird, die mißt, wieviel Regenwasser im Haus z.B. zur Toilettenspülung oder zum Betrieb der Waschmaschine genutzt worden ist und damit als Schmutzwasser der Abwasseranlage zugeleitet wird. Hierauf weist auch das VG Minden ausdrücklich und zutreffend hin. Denn wird Regenwasser aus einer Regenwassernutzungsanlage zur Gartenbewässerung gebraucht und über einen Wasserhahn vor der Wasseruhr abgezweigt, so ist dieses ebenso unbeachtlich für die Schmutzwassergebühr wie die Nutzung von schlichten Regentonnen zur Gartenbewässerung.

Az.: II/2 24-21

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