Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 212/2019 vom 29.04.2019

Verwaltungsgericht Mainz zu Eigenschutz bei Starkregen

Der Eigentümer eines Wohngrundstücks kann von der Gemeinde grundsätzlich keinen Schutz vor Regenwasser aus einem angrenzenden Außenbereichsgelände einfordern. Dieses hat das Verwaltungsgericht Mainz (VG Mainz) mit Urteil vom 20. März 2019 (3 K 532/18.MZ) entschieden (abrufbar unter: www.vgmz.justiz.rlp.de). Das VG Mainz stellt heraus, dass ein öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch gegen eine Stadt nicht geltend gemacht werden kann, wenn ein Grundstückseigentümer die Gefahr sieht, dass bei Starkregenereignissen Überschwemmungen auf seinem Grundstück auftreten können.

Ein solcher Folgenbeseitigungsanspruch setzt – so das VG Mainz -  einen der Stadt zuzurechnenden Eingriff voraus. In dem entschiedenen Fall habe aber die Stadt durch aktives Handeln einen solchen Zufluss nicht gefördert und auch nicht ermöglicht. Ebenso kommt – so das VG Mainz – ein öffentlich-rechtlicher Abwehrwehranspruch (§§ 1004, 906 BGB analog) nicht in Betracht, weil auch ein derartiger Anspruch voraussetzt, dass ein hoheitliches Handeln der Stadt vorliegt, wodurch ein subjektives Recht der Kläger verletzt worden sei.

Ein Abwehrrecht ergibt sich nach dem VG Mainz insbesondere nicht  aus dem Umstand, dass die Kläger mit ihrem Grundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegen und die beklagte Stadt keine Vorkehrungen zum Schutz vor - aus dem Außenbereich in das Plangebiet einfließendes - Regenwasser getroffen habe. Eine derartige Rechtsposition gebe es nicht.  Eine Stadt bzw. Gemeinde müsse zwar bei der Ausweisung neuer Baugebiete dafür sorgen, dass durch den Bebauungsplan weder innerhalb noch außerhalb Überschwemmungen ausgelöst werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.03.2002 – Az.: 4 CN 14/00; BayVGH, Urteil vom 04.04.2005 – Az.: 22 B 01.247).

Diese planungsrechtliche Hochwasservorsorge umfasst jedoch – so das VG Mainz- nur die Verpflichtung, das im Gebiet des Bebauungsplanes anfallende Niederschlagswasser so zu fassen und abzuleiten, das Gesundheit und Eigentum der Planbetroffenen diesseits und jenseits der Plangrenzen keinen Schaden nehmen.  Hieraus lässt sich aber nach dem VG Mainz kein Anspruch auf Abwehr von aus höher gelegenen Außenbereichsflächen wild abfließendem Wasser ableiten (vgl. OLG Bbg, Urteil vom 15.12.2012 – 2 U 26/11; OLG Hamm, Urteil vom 18.02.2008 – Az.: 5 U 115/07).

Insoweit müsse sich der Grundstückseigentümer die vorhandenen topografischen Gegebenheiten und damit die Situationsgebundenheit seines Grundstücks entgegenhalten lassen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 26.06.2007 – Az.: 22 ZB 07.214 –). Weiterhin weist das VG Mainz darauf hin, dass aus dem § 5 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) der Rechtsgedanke entnommen werden könne, dass jede Person, die durch Hochwasser betroffen sein könne, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren verpflichtet sei, geeignete Vorsorgemaßnahmen u. a. zum Schutz vor nachteiligen Hochwasserfolgen zu treffen.

Anmerkung

Das VG Mainz ist die erste Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes, welches sich mit dem Thema des wild abfließenden Wassers auseinandersetzt. Gleichwohl hat der BGH mit Beschluss vom 05.12.2018 (Az.: III ZR 5/18) den Antrag auf Zulassung der Revision gegen das Urteil des OLG Düsseldorf vom 20.12.2017 (Az.: I-18 U 195/11 – ) zurückgewiesen. Das OLG Düsseldorf hatte eine Verantwortung der Gemeinde für wild abfließendes Wasser von Ackerflächen - entgegen dem VG Mainz (Urteil vom 20.März 2019 – Az.:3 K 532/18.MZ)  - festgestellt.

Es wurde durch das OLG Düsseldorf ein Amtshaftungsanspruch (Art. 34 GG, § 839 BGB) bejaht, weil die Überflutung eines Hauses durch Wasser eingetreten war, welches von einer landwirtschaftlich genutzten Fläche (10,45 ha) auf einen Wirtschaftsweg abgeflossen und von dort in die Straße des geschädigten Grundstückseigentümers und in dessen Haus gelaufen war. Nach dem OLG Düsseldorf (Urteil vom 20.12.2017 - Az.: I-18 U 195/11 – ) ist eine Gemeinde unter dem Gesichtspunkt des Hochwasserschutzes und der Verkehrssicherung verpflichtet, die Wohngrundstücke eines Baugebiets im Rahmen des Zumutbaren vor Gefahren zu schützen, die durch Überschwemmungen auftreten können.

Dieses wäre nach dem OLG Düsseldorf der Gemeinde durch eine Vergrößerung des öffentlichen Kanals oder durch den Bau eines Regenrückhaltebeckens möglich gewesen. Dabei soll es – jedenfalls nach dem OLG Düsseldorf - nicht auf die rechtliche Einordnung des Wassers (wildes Wasser gemäß § 37 WHG, Niederschlagswasser im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG) ankommen, weil sich die Gemeinde bei der Planung und Erstellung der für ein Baugebiet notwendigen Entwässerungseinrichtungen an den tatsächlichen Verhältnissen orientieren muss.

Durch das Urteil des VG Mainz wird deutlich, dass das OLG Düsseldorf die Verantwortlichkeit der abwasserbeseitigungspflichtigen Gemeinde überspannt, denn das VG Mainz (Urteil vom 20. März 2019 - 3 K 532/18.MZ) stellt heraus, dass eine Gemeinde grundsätzlich nur für eine ordnungsgemäße Ableitung des Niederschlagswassers Sorge tragen muss. Ebenso weist das VG Mainz darauf hin, dass mangels Vorliegen eines Gewässers im Hinblick auf das wild abfließende Wasser aus Regenereignissen auch keine wasserrechtlichen Unterhaltungspflichten für Gewässer einschlägig seien.

Dennoch wird erneut darauf hingewiesen, dass sich kann im Einzelfall die Notwendigkeit ergeben kann, dass die Gemeinde Problemstände durch wild abfließendes Wasser (auch von Ackerflächen) abstellen muss. Auf der Grundlage der bislang ergangenen Rechtsprechung des BGH im sog. Weinberg-Urteil (Urteil vom 18.2.1999 – Az.: III ZR 272/96 – ) muss die Gemeinde aber bauplanungsrechtlich zumindest die schadenstiftende Ursache für den Überflutungsschaden gesetzt haben (vgl. auch: BGH, Urteil vom 04.04.2002 – Az.: III ZR 70/01). Dabei ist aber gleichzeitig stets zu berücksichtigen, dass derjenige, der im Gefahrenbereich von z.B. landwirtschaftlich genutzten Flächen baut, von denen der Zufluss von Oberflächenwasser droht, sich selbst gegen derartige Gefahren durch Eigen- und Objektschutzmaßnahmen schützen bzw. auf zivilrechtlichem Weg gegen den Nachbarn vorgehen muss, von dessen Grundstück das Wasser zufließt (so zutreffend: Rotermund/Krafft, Kommunales Haftungsrecht, 5. Aufl. 2013, Rz. 933).

Im Übrigen ergibt - in Übereinstimmung mit dem VG Mainz - aus § 5 Abs. 2 WHG, dass ein Grundstückseigentümer auch Eigen- und Objektschutzmaßnahmen ergreifen muss, die ihm technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar sind (so: OLG Köln, Urteil vom 26.08.1999 – Az.: 7 U 42/99 – haftungsausschließendes Eigenverschulden bei der Lage des klägerischen Grundstücks im Überschwemmungsgebiet).

Insgesamt kann abermals nur empfohlen werden, mit Hilfe des neuen Landes-Förderprogrammes „Starkregenrisikomanagement“ eine Starkregengefahrenkarte für das Gemeindegebiet zu erarbeiten, um zu erkennen, wo Problemstände durch Starkregenereignisse auftreten können. Mit dem Förderprogramm werden zugleich auch eine Risikoanalyse und die ErstelIung eines Maßnahmenkonzeptes gefördert. Insoweit wird auf Schnellbrief Nr. 2/2019 für StGB NRW-Mitgliedskommunen zu dem neuen Landesförderprogramm verwiesen.

Az.: 24.1.1 qu

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