Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 406/2006 vom 22.05.2006

VG Aachen zum Entleerungsort für Abfallgefäße

Das VG Aachen hat mit Urteil vom 27.01.2006 (Az.: 7 K 1624/05 – nicht rechtskräftig) entschieden, dass ein Grundstückseigentümer seine Abfallgefäße zu einem 70 m von seinem Grundstück entfernten Entleerungsort rollen muss, weil die Straße, an der sein Grundstück liegt, mit LKW über 2,8 t Gewicht nicht befahren werden darf (Verbots-Verkehrszeichen Nr. 262), die Straße – soweit geteert - nur ca. 2,6 m bis ca. 3,5 m breit ist und keine Wendemöglichkeit besteht.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf folgendes hin:

Das Urteil des VG Aachen entspricht der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass in beplanten Gebieten mit engen (durch Großfahrzeuge nicht oder nur schwer befahrbaren) Straßen dem Abfallbesitzer/-erzeuger im Rahmen seiner Abfallüberlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) eine gesteigerte Mitwirkungspflicht bei der Verbringung von Abfällen an einen Sammelplatz obliegt (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urt. v. 25.08.1999 – Az.: 7 C 27.98 -, UPR 2000, S. 144 ff., S. 145 f. ; Anlage ; Bay.VGH, Urt. v. 14.10.2003 , Az.: 20 B 03.637, UPR 2004, S. 76 ff.; VGH Bad.-Württ., Urt.v. 18.03.1997, Az.: 10 S 2333/96, NVwZ 1997, S. 1025, OVG Lüneburg, Urt. v. 17.03.2004, Az.: 9 ME 1/04, KommJuR 2004, S. 353 f., vgl. ferner: OVG NRW, NVwZ 1988, S. 561 f., OVG NRW, Urt. v. 10.08.1998, Städte- und Gemeinderat 1998, S. 304 f.; Queitsch in: Schink/Queitsch/Scholz, Landesabfallgesetz NRW, Loseblatt-Kommentar, § 9 Rz. 23 ff.).

In diesem Zusammenhang ist – wie es das VG Aachen zutreffend ausführt – anerkannt, dass die Überwindung eines bis zu 100 m langen Weges dem Benutzer der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung grundsätzlich zumutbar ist, um ein rollbares Abfallgefäß zu einem Entleerungsort zu bringen, der von einem Müllfahrzeug – ohne einen Rechtsverstoß zu begehen – angefahren werden kann (vgl. Bay. VGH, NVwZ 1993, S. 392; OVG Schleswig, NVwZ-RR 1998, S. 27; Bundesverwaltungsgericht UPR 2000, S. 144 ff.; Queitsch in: Schink/Queitsch/Scholz, Landesabfallgesetz NRW, Loseblatt-Kommentar, § 9 Rz. 26).

Vor diesem Hintergrund war die satzungsrechtliche Regelung der beklagten Stadt, dass ein Abfallgefäß zu einem bestimmten Entleerungsort zu rollen ist, wenn das Grundstück unmittelbar von einem Müllfahrzeug nicht angefahren werden kann, mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere findet eine solche Regelung neben der aus § 13 Abs. 1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ableitbaren, gesteigerten Mitwirkungspflicht des Abfallbesitzers/-erzeugers ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 2 Landesabfallgesetz NRW, wonach der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger durch Satzung regelt, in welcher Weise, an welchem Ort und zu welcher Zeit ihm die Abfälle zu überlassen sind.

Die von der beklagten Stadt getroffene Anordnung über den Entleerungsort der Müllgefäße für das Grundstück des Klägers war auch nicht ermessensfehlerhaft. Das Grundstück des Klägers liegt am Ende eines Weges. Der Weg ist – soweit geteert – 2,6 m bis ca. 3,5 m breit und liegt ca. 70 m entfernt von der Einmündung in eine durchgängig befahrbare Straße. Der Weg, an dem der Kläger mit seinem Grundstück liegt, durfte ausweislich des in diesem Einmündungsbereich aufgestellten Verkehrszeichens (Nr. 262) grundsätzlich nicht mit Fahrzeugen, deren tatsächliches Gesamtgewicht 2,8 t übersteigt, befahren werden. Zudem existierte eine schriftliche Aufforderung der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen an den von der Stadt beauftragten privaten Entsorgungsunternehmer, wonach der Weg, an dem das klägerische Grundstück gelegen ist, von Müllfahrzeugen nicht befahren werden darf, weil die Straße durch die Begrenzung der Befahrung mit Fahrzeugen auf 2,8 t tatsächliches Gesamtgewicht nicht ausreichend tragfähig ist und am Ende der Straße keine geeignete Wendemöglichkeit besteht.

In Anbetracht dessen war die Befahrung mit einem Müllfahrzeug nicht möglich, ohne gegen berufsgenossenschaftliche Vorgaben zu verstoßen, die nicht nur dem Schutz der Müllwerker, sondern auch dem Schutz Dritter (z.B. Passanten) dienen. Deshalb war und ist ein Befahren des Weges mit Müllfahrzeugen (Leergewicht über 10 t, Gesamtgewicht über 20 t) nicht möglich. Ebenso ist der Einsatz eines kleineren Müllfahrzeuges unter Kostengesichtspunkten nicht angezeigt, zumal die Stadt im Interesse aller gebührenpflichtigen Benutzer nach dem abgabenrechtlichen Grundsatz der Erforderlichkeit der Kosten gehalten ist, übermäßige bzw. überflüssige Kosten im Bereich der Abfallentsorgung zu vermeiden (vgl. hierzu auch Bay. VGH, Urt. v. 14.10.2003 – Az.: 20 B 03.637, UPR 2004, S. 76 ff.).

Im Übrigen kann einer abfallentsorgungspflichtigen Gemeinde auch unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht aufgezwungen werden, Rechtsverstöße (Verstoß gegen berufsgenossenschaftliche Vorgaben, Verstoß gegen das Verkehrszeichen Nr. 262) zu begehen und hierdurch Dritte z.B. Passanten zu gefährden, zumal bekannt ist, dass sich in der Vergangenheit in der Bundesrepublik Deutschland schwere Unfälle mit Drittpersonen (u.a. mit Kindern) bei einem Befahren von nicht befahrbaren Stichwegen (ohne Wendemöglichkeit) mit Müllfahrzeugen ereignet haben.

Zutreffend führt das VG Aachen zudem aus, dass bei rollbaren Abfallgefäßen und/oder tragbaren Abfallsäcken, ein unmittelbares Anfahren des Grundstücks unter Verstoß gegen die berufsgenossenschaftlichen Vorgaben und das Straßenverkehrsrecht (Zeichen Nr. 262) nicht geboten ist, weil der Kläger Abfallmengen auch in kleinen Mengen zu dem vorgeschriebenen Standort für die Abfallgefäße transportieren könnte (so auch ausdrücklich: Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 25.08.1999 – Az.: 7 C 27.98 -, UPR 2000, S. 144 ff., S. 145 f.).

Es wird abzuwarten sein, ob das OVG NRW den Antrag auf Zulassung der Berufung annehmen wird.



Az.: II/2 31-12 qu/g

ICON/icon_verband ICON/icon_staedtebau ICON/icon_recht ICON/icon_finanzen ICON/icon_kultur ICON/icon_datenverarbeitung ICON/icon_gesundheit ICON/icon_verkehr ICON/icon_bau ICON/icon_umwelt icon-gemeindeverzeichnis icon-languarge icon-link-arrow icon-login icon-mail icon-plus icon-search