Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 363/2012 vom 25.06.2012

Verwaltungsgericht Münster zur Ertüchtigung von Kleinkläranlagen

Das VG Münster hat mit Urteil vom 04.06.2012 (Az. 7 K 1066/11 — nicht rechtskräftig) entschieden, dass die untere Wasserbehörde berechtigt ist, die Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht nach § 53 Abs. 4 Satz 1 Landeswassergesetz NRW zu widerrufen, wenn der Eigentümer eines Grundstücks im bauplanungsrechtlichen Außenbereich seine Kleinkläranlage nicht ertüchtigt, sodass diese nicht mehr den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht.

Die betroffene Stadt hatte gegen den Widerruf der Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht vor dem VG Münster geklagt und ausgeführt, dass es die Aufgabe der unteren Wasserbehörde sei, durch Erlass eine Sanierungsverfügung dafür Sorge zu tragen, dass der betroffene Grundstückseigentümer die ertüchtigungsbedürftige Kleinkläranlage saniert. Die untere Wasserbehörde des Kreises vertrat den Standpunkt, dass durch den Widerruf der Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht die Stadt dem Grundstückseigentümer den Bau und den Betrieb einer abflusslosen Grube aufgeben kann.

Der beklagte Kreis als untere Wasserbehörde durfte nach dem VG Münster seine Ermessensausübung daran ausrichten, dass der Landesgesetzgeber in § 53 Abs. 1 LWG NRW den Gemeinden grundsätzlich die Pflicht zur Abwasserbeseitigung zugewiesen hat und das die Voraussetzungen des § 53 Abs. 4 Satz 1 LWG NRW für eine Fortdauer der Übertragung der Beseitigungspflicht auf den Grundstückseigentümer nicht (mehr) gegeben waren (vgl. OVG NRW, Urteil vom 02.04.1998 — Az. 20 A 3010/96).

Dementsprechend habe der beklagte Kreis darauf abstellen dürfen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Fortdauer der kraft Gesetzes widerruflichen Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht nicht mehr vorgelegen hätten, obwohl der Kreis zuvor über einen Zeitraum von ca. drei Jahren mehrfach schriftlich auf den Grundstückseigentümer eingewirkt habe, einen den Stand der Technik entsprechende Kleinkläranlage zu bauen.Darüber hinaus gehende besondere wasserwirtschaftliche Erwägungen seien für den Widerruf nicht erforderlich, weil die Stadt gemäß § 53 Abs. 1 LWG NRW grundsätzlich abwasserbeseitigungspflichtig sei (vgl. OVG NRW, Urteil vom 02.04.1998 — Az. 20 A 3189/96).

Die Stadt müsse die wiederauflebende Abwasserbeseitigungspflicht bei ihr auch nicht dadurch erfüllen, dass sie das Grundstück an den öffentlichen Abwasserkanal anschließt. Vielmehr könne durch einen Verschluss des Abflusses der Kleinkläranlage diese zu einer abflusslosen Grube umfunktioniert werden und das darin künftig gesammelte Abwasser mittels Lastkraftwagen durch die Stadt abgefahren und dem Grundstückseigentümer diese Abfuhr in Rechnung gestellt werden.

Die StGB NRW-Geschäftsstelle weist ergänzend auf Folgendes hin:

Das Urteil des VG Münster ist nicht rechtskräftig. Das VG Münster hat ausdrücklich die Berufung zum OVG NRW zugelassen. Dieses wird seitens der Geschäftsstelle begrüßt, weil diesseits der Rechtsstandpunkt eingenommen wird, dass bei einer sanierungsbedürftigen Kleinkläranlage in erster Linie die untere Wasserbehörde in der Pflicht ist, durch eine Sanierungsanordnung und notfalls durch verwaltungsvollstreckungsrechtliche Maßnahmen für eine Ertüchtigung der Kleinkläranlage Sorge zu tragen. Insoweit ist die Kleinkläranlage gegenüber dem Betrieb einer abflusslosen Grube als abwassertechnisches Optimum in den Fällen anzusehen, in denen der Anschluss eines Grundstücks an einen zu bauenden öffentlichen Kanal aus Kostengründen nicht vertretbar ist.

Dieses liegt insbesondere darin begründet, dass die Abfuhr des Klärschlamms aus Kleinkläranlagen erheblich weniger oft erfolgen muss, als die Entleerung von abflusslosen Gruben. Insoweit greift der Widerruf der Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht auch in die Organisationshoheit der abwasserbeseitigungspflichtigen Stadt ein, denn diese muss bei abflusslosen Gruben vor allem im Winter bei Eis und Schnee die Entleerung von vollen abflusslosen Gruben sicherstellen, während dieses bei Kleinkläranlagen regelmäßig nicht der Fall ist, denn der Klärschlamm kann auch außerhalb der Wintermonate abgefahren werden.

Schließlich kommt hinzu, dass die Sichtweise des VG Münster dazu führt, dass in absehbarer Zeit in Nordrhein-Westfalen keine Kleinkläranlagen mehr betrieben werden, wenn und soweit sich die Grundstückseigentümer weigern, die von ihnen gebaute und betriebene Kleinkläranlage zu ertüchtigen. Dieses wäre ein eklatanter Rückschritt im Bereich der Abwasserbeseitigung (vgl. hierzu auch insgesamt Queitsch, in: Queitsch/Koll-Sarfeld/Wallbaum, Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, Stand Juni 2011, § 53 LWG NRW, Rz. 6).

Es muss daher zunächst abgewartet werden, wie das OVG NRW entscheiden wird. Sollte das OVG NRW das Urteil des VG Münster bestätigen, müsste das LWG NRW entsprechend eine Anpassung erfahren, damit Kleinkläranlagen nicht dann stets zu abflusslosen Gruben umgewandelt werden, wenn sich der Grundstückseigentümer weigert, diese zu ertüchtigen bzw. zu sanieren.

Az.: II/2 24-30 qu-ko

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