Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 116/2014 vom 16.12.2013

Verwaltungsgericht Minden zur Entfernung von Abfallgefäßen

Das VG Minden hat mit Urteil vom 22.10.2013 (Az.: 1 K 3509/12) die Entfernung von Altpapiergefäßen durch eine Gemeinde aus dem öffentlichen Verkehrsraum für rechtmäßig erklärt. Der Sachverhalt stellte sich wie folgt dar:

Die Klägerin ist ein privates Entsorgungsunternehmen. Die beklagte Gemeinde hatte als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger mit der Klägerin einen Vertrag über das Einsammeln von Altpapier aus privaten Haushalten geschlossen. Dieser Vertrag endete am 31.12.2012, nach dem im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung durch die Gemeinde ein anderes, privates Abfallentsorgungsunternehmen den Zuschlag für die Abfuhr des Altpapiers mittels Altpapiergefäßen ab dem 01.01.2013 erhalten hatte. Anlässlich einer Unterredung am 23.10.2012 forderte die beklagte Gemeinde das private Entsorgungsunternehmen (Klägerin) auf, die Papiertonnen nach der letzten Entleerung im Jahr 2012 einzusammeln, weil das Altpapier ab dem 01.01.2013 durch ein anderes privates Abfallentsorgungsunternehmen abgefahren werde. Die Klägerin verweigerte die Einsammlung ihrer Altpapiergefäße, weil sie beim Kreis die Anzeige einer gewerblichen Altpapiersammlung auf dem Gebiet der beklagten Gemeinde angezeigt habe.

Nach Anhörung forderte die beklagte Gemeinde die Klägerin durch Ordnungsverfügung vom 05.12.2012 auf, die an private Grundstückseigentümer ausgegebenen Altpapiergefäße jeweils um 14.00 Uhr des auf den letzten Abfuhrtermins des Jahres 2012 folgenden Tages aus dem öffentlichen Straßenraum zu entfernen. Für den Fall der Nichtbefolgung drohte die beklagte Gemeinde die Durchführung der Ordnungsverfügung durch sie auf Kosten der Klägerin im Wege der Ersatzvornahme an. In diesem Fall würde die beklagte Gemeinde die Gefäße einsammeln und bis zur Abholung durch die Klägerin durch Beauftragte einlagern lassen. Die Kosten hierfür wurden von der beklagten Gemeinde mit 12.000 Euro veranschlagt. Zur Begründung führte die beklagte Gemeinde, dass der Verbleib der Altpapiertonnen im öffentlichen Straßenraum über den angegebenen Termin hinaus eine unzulässige Sondernutzung darstelle, die der Klägerin als Eigentümerin der Gefäße zuzurechnen sei. Hinsichtlich der Entfernungsanordnung bezogen auf die Altpapiergefäße wurde durch die Gemeinde die sofortige Vollziehung der Ordnungsverfügung angeordnet.

Das VG Minden hat dieses Vorgehen der Gemeinde als rechtmäßig angesehen. Die Straßenbaubehörde (hier: die Gemeinde) hat — so das VG Minden - nach § 22 Satz 1 Straßen- und Wegegesetz NRW (StrWG NRW) die Befugnis, eine rechtswidrige Nutzung der öffentlichen Straße zu untersagen. Diese Befugnis schließt nach dem Sinn und Zweck auch die zusätzliche Befugnis ein, zukünftige straßenrechtliche Sondernutzungen zu untersagen. Da die Gemeinde nicht ununterbrochen das gesamte öffentliche Straßennetz ihres Zuständigkeitsbereichs auf nur kurzfristige Ausübungen von straßenrechtlichen Sondernutzungen kontrollieren könne, um dagegen jeweils aktuell einzuschreiten, sei sie berechtigt, auch gegen zu erwartende illegale straßenrechtliche Sondernutzungen vorzugehen. Anders wäre in diesen Fällen eine effektive Beendigung unerlaubter Sondernutzungen nicht möglich (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.12.2012 - Az. 11 B 1330/12 -; OVG NRW, Beschluss vom 21.10.1996 - Az. 23 B 2966/95).

Die angefochtene Ordnungsverfügung war nach dem VG Minden außerdem durch die ordnungsbehördliche Generalklausel in § 14 Abs. 1 Ordnungsbehördengesetz NRW (OBG NRW) gedeckt. Als Vorschrift über die Befugnis der Gemeinde zum Einschreiten sei § 14 OBG NRW gegenüber der spezielleren Vorschrift in § 22 Satz 1 Straßen- und Wegegesetz NRW nicht nachrangig (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21.07.2009 - Az. 11 A 701/07), wenn anzunehmen sei, dass vorbeugende Maßnahmen gegen erst drohende unerlaubte Sondernutzung nicht von § 22 Satz 1 Straßen- und Wegegesetz NRW erfasst würden (vgl. bayerischer VGH, Urteil vom 15.03.2006 - Az. 8 B 03.3360 -).

Eine hinreichend konkrete Gefahr durch eine bevorstehende Sondernutzung habe hier - so das VG Minden - vorgelegen. Aus der maßgeblichen Sicht der beklagten Gemeinde im Zeitpunkt der Bekanntgabe der angefochtenen Ordnungsverfügung bestand eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Annahme, die Klägerin werde als privates Abfallentsorgungsunternehmen die in ihrem Eigentum stehende Abfallgefäße nicht bis zu dem angegebenen Terminen aus dem öffentlichen Straßenraum entfernen. Vielmehr hatte die Klägerin durch ihr Verhalten bereits zum Ausdruck gebracht, dass sie sich nicht sah, die Abfallgefäße im Anschluss an die letzte Leerung einzusammeln, weil sie ab dem 01.01.2013 mit einer gewerblichen Altpapiersammlung im Gemeindegebiet beginnen wollte.

In Anbetracht dessen stellte der Verbleib der Abfallgefäße im öffentlichen Straßenraum nach deren letzter Leerung stellte nach dem VG Minden eine unerlaubte, straßenrechtliche  Sondernutzung der öffentlichen Straße durch die Klägerin dar, die von der beklagten, gemäß § 22 Satz 1 Straßen- und Wegegesetz NRW untersagt werden konnte. Der Rechtsverstoß hätte zugleich eine Störung der öffentlichen Sicherheit im Sinne des § 14 Abs. 1 OBG NRW bewirkt. Durch das Abstellen von Müllbehältern im öffentlichen Straßenraum wird - so das VG Minden - eine Benutzung über den Gemeindegebrauch hinaus begründet (§ 18 Abs. 1 Satz 1 Straßen- und Wegegesetz NRW), weil durch die Abfallbehälter der öffentlichen Verkehrsraum in Anspruch genommenen wird und somit eine Nutzung im Rahmen der straßenrechtlichen Widmung für den ruhenden und fließenden Verkehr ausgeschlossen wird.

Zu den in der angefochtenen Ordnungsverfügung genannten Zielterminen (14.00 Uhr des auf die letzte Leerung des Jahres folgenden Tages) standen — so das  VG Minden - die Gefäße auch nicht mehr im sog. Straßenanliegergebrauch gemäß § 14 a Abs. 1 Straßen- und Wegegesetz NRW. Zwar seien die Behälter noch in Wahrnehmung dieser Berechtigung von den Anliegern zur letzten Leerung des Jahres in den öffentlichen Straßenraum gestellt worden. Mit der letzten Leerung war dieses Benutzungsverhältnis seitens der Anlieger aber beendet. Die stehengebliebenen Abfallbehälter dienten nicht mehr dem Anliegergebrauch.

Ihre Funktion als Sammelbehälter für die von der Gemeinde durchgeführte Abfallentsorgung - nur zu diesem Zweck waren sie den Anliegern zur Verfügung gestellt worden - konnten die Abfallgefäße nicht mehr erfüllen, weil ab dem 01.01.2013 ein neuer Dienstleister (ein anderes, privates Abfallentsorgungsunternehmen) beauftragt war, mit eigenen Abfallgefäßen das Altpapier im Auftrag der Gemeinde einzusammeln. Insoweit habe die beklagte Gemeinde  -so das VG Minden - die straßenrechtliche Sondernutzung auch zu Recht der Klägerin zugerechnet. Diese sei als Eigentümerin der Behälter zustandsverantwortlich im ordnungsrechtlichen Sinne (vgl. § 18 Abs. 1 OBG NRW).

Ohne Erfolg blieb - so das VG Minden - auch der Einwand der Klägerin, nicht sie, sondern die Gemeinde sei verantwortlich für die Beseitigung der Tonnen aus dem öffentlichen Straßenraum gewesen. Der beklagten Gemeinde oblag nach dem VG Minden als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zwar die Pflicht zur Einsammlung der Altpapierabfälle gemäß § 20 Abs. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG). Die Gemeinde hatte aber die Klägerin mit der technischen Erfüllung dieser Pflicht beauftragt (§ 22 KrWG), weshalb die Einsammlung der nicht mehr benötigten Altpapiergefäße in den Pflichtenkreis der Klägerin falle. Die Klägerin sei auch nicht berechtigt, die in ihrem Eigentum stehenden Tonnen nach der letzten Leerung im Straßenraum zu belassen. Für eine derartige Sondernutzung hätte sie nach dem Abschluss der letzten Leerung eine Erlaubnis der Beklagten gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 Straßen- und Wegegesetz NRW bedurft, die aber nicht beantragt, geschweige denn erteilt worden sei. Die beklagte Gemeinde sei daher zum Einschreiten gemäß § 22 Satz 1 Straßen- und Wegegesetz berechtigt gewesen.

Eine abweichende Sichtweise ergebe sich  - so das VG Minden - auch nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin eine gewerbliche Sammlung gemäß § 18 KrWG bei Kreis angezeigt hatte. Ein Recht der Klägerin die in ihrem Eigentum stehenden Gefäße im Straßenraum stehen zu lassen, sei daraus nicht herzuleiten. Insofern sei bereits nicht ersichtlich, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt die Klägerin als privates Abfallentsorgungsunternehmen berechtigt gewesen sein sollte, unabhängig von der kommunalen Entsorgung und ohne die erforderliche Nähe zu der von ihr beabsichtigten gewerblichen Sammlung eine Sondernutzung der Straße vorzunehmen. Ein dahingehender Anspruch hätte - die Zulässigkeit der gewerblichen Sammlung unterstellt - vorausgesetzt, dass die interessierten Anlieger ihre Bereitschaft geäußert hätten, ein entsprechendes Angebot der Klägerin anzunehmen und die von der Klägerin gestellten Behälter bis zu einer späteren gewerblichen Nutzung auf ihrem Grundstück vorzuhalten. Derartige Einverständniserklärungen habe die Klägerin aber nicht eingeholt. Jedenfalls habe die Klägerin dafür eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis gebraucht, die nicht eingeholt worden sei.

Die Zustandsverantwortlichkeit der Klägerin als privates Abfallunternehmen war nach dem VG Minden auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die beklagte Gemeinde sämtliche Anlieger durch Informationsschreiben vom 04.12.2012 dahingehend unterrichtet hatte, die „blauen Tonnen“ würden mit der Leerung im Dezember eingesammelt. Dadurch habe die beklagte Gemeinde nicht die Verantwortlichkeit für die Einsammlung der Behälter übernommen. Vielmehr habe die beklagte Gemeinde  in Wahrnehmung ihrer Befugnisse als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger und als Straßenbaubehörde ein Konzept entwickelt, welches einen möglichst störungsfreien Wechsel des Dienstleisters zum 01.01.2013 unter Minimierung der damit verbundenen Sondernutzung ermöglichte.

Az.: II/2 31-02 qu-ko

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