Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 410/2011 vom 01.08.2011

Verwaltungsgericht Köln zur Rollpflicht bei Müllgefäßen

Das VG Köln hat mit Urteil vom 6.4.2011 (Az.: 14 K 693/10 — abrufbar unter www.nrwe.de) klargestellt, dass die Frage wann, eine gesteigerte und zugleich zumutbare Mitwirkungspflicht des Abfallbesitzers bei der Bereitstellung des Abfallgefäßes  angenommen werden kann, stets nach der konkreten örtlichen Situation unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu beurteilen ist.

Nach dem VG Köln ist es unzulässig, die Unzumutbarkeit der Bereitstellung bei einer Entfernung von 100 m bis zu einem Sammelplatz satzungsrechtlich anzunehmen und dem Abfallbesitzer dann aufzugeben, einen Sonder-Holservive der Stadt in Anspruch zu nehmen, der wiederum mit einer Sondergebühr für den zusätzlichen Abholservice belegt ist.

Denn hierdurch wird der Anschlusspflichtige gezwungen, entweder die Sondergebühr für den städtischen Holservice zu akzeptieren oder die Abfallgefäße doch zu dem grundstücksfernen Sammelplatz zu verbringen, obwohl diese gesteigerte Mitwirkungspflicht unzumutbar ist. Eine solche Regelung ist nach dem VG Köln rechtswidrig, weil sie unverhältnismäßig, d.h. für den Anschlusspflichtigen unzumutbar ist. (vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.8.1998 — Az.: 22 A 5429/96 — NWVBl. 1998, S. 482).

Außerdem verstößt eine solche satzungsrechtliche Regelung gegen die in den §§ 13 und 15 KrW-/AbfG getroffene Aufgabenverteilung, wonach dem überlassungspflichtigen Abfallbesitzer nicht Tätigkeiten abverlangt werden dürfen, die in ihrem Wesen nach zu den vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vorzunehmenden Entsorgungshandlungen gehören. Hierzu gehört das Einsammeln und Befördern der Abfälle, so dass in den Fällen der Unzumutbarkeit des Verbringens der Abfällgefäße von einem mit dem Müllfahrzeug nicht anfahrbaren Grundstück zu einem Entleerungsort, der anfahrbar ist, der betroffene Abfallbesitzer einen Anspruch darauf hat, dass der auf seinem Grundstück anfallenden Abfall von der Stadt vor dem Grundstück abgeholt wird. Das VG Köln lässt allerdings offen, ob ungeachtet der konkret für unzulässig erachteten satzungsrechtlichen Regelung zur Abfallüberlassungspflicht die beklagte Stadt generell berechtigt ist, für das Bereitstellen der Abfallbehälter an dem vorgesehenen , anfahrbaren Entleerungsort durch die Stadt Gebühren zu erheben.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf Folgendes hin:

Insgesamt kann die Frage der Zumutbarkeit immer nur auf der Grundlage des konkreten Einzelfalls abschließend beurteilen werden, wobei es nicht nur auf die Entfernung vom Grundstück zu dem grundstücksfernen Entleerungsort ankommt, der mit einem Müllfahrzeug angefahren werden kann. Vielmehr kommt es auch auf die konkreten, persönlichen Verhältnisse des Anschlussnehmers an, wozu unter anderem Gebrechlichkeiten und Alter gehören können. Generell empfiehlt es sich, dass eine Stadt/Gemeinde bereits bei Planung von Baugebieten darauf achtet, dass die Erschließungsstraßen so angelegt werden, dass sie von Müllfahrzeugen befahren werden können, denn mit einer solchen vorausschauenden Planung können die Problemstände bei dem Anfahren der Grundstücke mit Müllfahrzeugen von vornherein ausgeschlossen werden.

Unabhängig davon müssen Abfallgefäße im konkreten Einzelfall nicht immer zu einem Entleerungsort gerollt werden. Denkbar ist auch, dass ein fester Standplatz für die Abfallgefäße an einem anderen Ort eingerichtet wird, die Abfallgefäße mit Schlössern versehen werden und der Benutzer diese Gefäße z. B. bei Einkaufsfahrten mit dem PKW jeweils mit kleinen Abfallsäcken, die er mit nimmt, befüllt. Bei einer Abfuhr von Sperrmüll ist gleichwohl zu bedenken, dass auch für diese Abfallfraktion im Zweifelsfall eine sachgerechte Lösung gefunden wird. Diese könnte z. B. darin bestehen, dass hier ausnahmsweise eine Abholung mit einem Pritschenfahrzeug vorgesehen wird.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass alternativ auch die Möglichkeit bestehen kann, dass die Müllwerker des Abfallfahrzeugs in einer nicht befahrbaren Straße die Abfallgefäße vor den Grundstücken abholen, zum Entleerungsort in der nächsten befahrbaren Straße bringen und anschließend vor die Grundstücke zurückstellen. Dieses verursacht dann zwar Mehrkosten, die von der Solidargemeinschaft der Abfallgebührenzahler zu tragen ist.

Gleichzeitig stellt sich bei dieser Verfahrensweise aber die Frage der Zumutbarkeit einer Benutzungsbedingung nicht. Dennoch ist auch bei dieser Verfahrensweise abzuwägen, ob die verursachten Mehrkosten durch das „Abholen der Abfallgefäße“ noch als vertretbar angesehen werden können oder es zur Vermeidung von nicht mehr vertretbaren Mehrkosten angezeigt ist, auf die gesteigerte Mitwirkungspflicht der Benutzer zurückzugreifen.

Grundsätzlich ist allerdings davon auszugehen, dass eine mit einem Abfallgefäß auf Rollen zurückzulegende Wegstrecke zum Entleerungsort von 100 m noch als zumutbar angesehen werden kann (vgl. zuletzt: OVG NRW, vom 31.3.2008 — Az.: 14 A 1356/06 in Bestätigung von VG Aachen, Urteil vom 27.1.2008 — Az.: 7 K 1624/05 — und VG Münster, Urteil vom 19.2.2010 — Az.: 7 K 963/06).

Dabei sind die 100 m ab der Grundstücksgrenze bis zum Entleerungsort zu bemessen, so dass dem Umstand keine Bedeutung beizumessen ist, dass etwa auch auf dem privaten Grundstück noch zusätzlich bis zum Haus eine Wegstrecke von z. B. 200 m zurückgelegt werden muss, denn die Größe eines Grundstücks bzw. die wegemäßige Entfernung vom Haus bis zur privaten Grundstücksgrenze ist ein Umstand, den sich der Grundstückseigentümer regelmäßig selbst zuzurechnen hat.

Az.: II/2 31-02 qu-ko

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