Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 323/2001 vom 20.05.2001

Verwaltungsgericht Köln zur Nachforderung von Abfallgebühren

Das Verwaltungsgericht Köln hat mit Beschluß vom 12. April 2001 (Az.: 14 L 381/01) entschieden, daß Abfallgebühren grundsätzlich innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist nachgefordert werden können, wenn der Gebührenanspruch durch einen vorher erlassenen Gebührenbescheid nicht in vollem Umfang ausgeschöpft worden war. Dem Beschluß lag folgender Sachverhalt zugrunde: Auf dem Grundstück des gebührenpflichtigen Grundstückseigentümers befanden sich seit dem Jahr 1996 bis Ende 2000 drei 1100 l Restabfallbehälter sowie ein 120 l Restabfallbehälter, die regelmäßig geleert wurden. Mit Telefax vom 22. 05. 1996 war die Stadt gebeten worden, zwei 1.100 l Restabfallbehälter von dem Grundstück zu entfernen. Am 07.06.1996 erließ die Stadt einen der Abmeldung einsprechenden Veränderungsbescheid über die Abfallgebühren 1996. Eine Veränderung des Behälterbestandes auf dem Grundstück erfolgte aber nicht. Zum 01.01.1997 wurde die Abfallentsorgung im Gebiet der Stadt durch einen neu gebildeten Zweckverband von kreisangehörigen Gemeinden übernommen. Dieser Zweckverband erließ für die Jahre 1997, 1998 und 1999 jeweils einen Vorausleistungsbescheid und einen endgültigen Abfallgebührenbescheid. In allen Bescheiden wurden die Gebühren für das Grundstück für einen 1.100 l-Restabfallbehälter und einen 120 l-Restabfallbehälter festgesetzt. Gleichzeitig lag dem Vorauszahlungsbescheid für das Jahr 1997 ein Informationsblatt bei, in welchem der Zweckverband u.a. darauf hinwies, daß die Gebührenerhebung auf den Datenbeständen der Mitgliedsgemeinden des Zweckverbandes beruhe. Möglich sei daher, daß im Einzelfall Art und Anzahl der Abfallgefäße nicht korrekt erfaßt seien. In diesem Fall werde um Nachricht durch die Grundstückseigentümer gebeten. Der zu Gebühren nachveranlagte Grundstückseigentümer bestritt ein solches Informationsblatt bekommen zu haben. Mit Schreiben vom 13.11.2000 wies der Zweckverband den nachveranlagten Grundstückseigentümer darauf hin, daß bei einer Überprüfung des Abfallbehälterbestandes auf seinem Grundstück festgestellt worden sei, daß sich auf dem Grundstück ein 120 l-Restabfallbehälter und drei 1.100 l-Restabfällbehälter befänden. Deshalb zog der Zweckverband mit Datum vom 15.12.2000 den Grundstückseigentümer nachträglich zu Abfallgebühren für die Jahre 1997, 1998 und 1999 für jeweils zwei 1.100 l-Restabfallbehälter heran.

Das Verwaltungsgericht Köln führt zur Nachveranlagung aus: Die Bestandskraft der bereits ergangenen Gebührenbescheide für die betreffenden Jahre 1997, 1998 und 1999 stehe einer Gebührennachforderung bis zur Verjährungsgrenze nicht entgegen. Dies ergebe sich aus § 12 Abs. 1 KAG NRW. Nach dieser Vorschrift seien die Regelungen über die Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden der §§ 172 bis 177 Abgabenordnung, die eine Nacherhebung nur unter genau festgelegten einschränkenden Voraussetzungen zulassen würden, nicht für anwendbar erklärt worden. Auch sei in § 12 Abs. 1 KAG NRW die Vorschrift des § 164 Abgabenordnung über die Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nicht übernommen worden. Die Nichtübernahme beider Gruppen von Vorschriften aus der Abgabenordnung ergänze sich gegenseitig zu der gesetzgeberischen Absicht, die Nacherhebung im Bereich der Gebührenerhebung unbeschränkt zuzulassen. Eine Einschränkung der Nachforderungsmöglichkeit folge auch nicht aus § 130 Abs. 2 Abgabenordnung, da die Nacherhebung nach § 130 Abs. 1 Abgabenordnung zu beurteilen sei, der die Zurücknahme eines belastenden Verwaltungsaktes ohne besondere Beschränkung zulasse. Die früheren Gebührenbescheide für die Jahre 1997 bis 2000 seien ausschließlich belastende Verwaltungsakte, die weder einen Verzicht noch einen Erlaß hinsichtlich der fehlerhaft nicht veranlagten Gebühren beinhalten würden (vgl. auch OVG NRW, Urt. v. 27.07.1990 - 9 A 2384/88 -). Auch in der Sache begegne die Nachforderung von Abfallgebühren keinen Bedenken. Die Erhebung von Abfallgebühren beruhe nicht auf einem Vertragsverhältnis zwischen dem Grundstückseigentümer und der entsorgungspflichtigen Körperschaft, welches durch eine der Parteien gekündigt werden könnte. Abfallgebühren würden vielmehr als Gegenleistung für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen erhoben (§ 4 Abs. 2 KAG NRW). Eine solche Inanspruchnahme liege hier vor. Der nachveranlagte Grundstückseigentümer habe die beiden zusätzlichen Abfallbehälter genutzt. Diese seien regelmäßig angefahren und entleert worden. Daß möglicherweise nicht alle Abfallbehälter immer vollständig befüllt gewesen wären, sei unerheblich. Soweit der Tatbestand der "Inanspruchnahme" der gebührenpflichtigen Leistung über das tatsächliche Nutzen hinaus auch ein Element der Willentlichkeit voraussetze, sei auch diese "Willentlichkeit" vorliegend gegeben. Willentlichkeit sei nämlich dann anzunehmen, wenn der Nutzer nach den gesamten Umständen des Einzelfalles mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit der Verwirklichung des Gebührentatbestandes rechnen müsse und er in Ansehung dieser Umstände sein Verhalten beibehalte (vgl. OVG NRW, Urt. v. 02.12.1996 - 9 A 2448/96 -, S. 12 ff. mit weiteren Nachweisen). Vorwiegend habe der nachveranlagte Grundstückseigentümer in dem Zeitraum 1997 bis 2000 gewußt, daß die zusätzlichen Behälter auf seinem Grundstück vorhanden waren und genutzt worden seien. Bemühungen, die Benutzung der Behälter zu unterbinden, hätte er nicht unternommen. Damit sei der Tatbestand der Inanspruchnahme erfüllt. Die Bemühungen des Grundstückseigentümers im Jahr 1996, den Behälterbestand auf dem Grundstück um zwei 1.100l-Behälter reduzieren zu lassen, stehe der Nacherhebung ebenfalls nicht entgegen. Zwar sei davon auszugehen, daß das Telefax des Antragstellers vom 22.05.1996 bei der Stadt eingegangen sei, da anderenfalls der Änderungsgebührenbescheid durch die Stadt nicht zu erklären wäre. Dennoch habe die Stadt die beiden (abbestellten) Behälter in der Folgezeit nicht abgeholt. Spätestens mit der Übernahme der Abfallentsorgung durch den Zweckverband zum 01.01.1997 hätte dem Grundstückseigentümer klar sein müssen, daß eine Abholung der beiden Behälter nicht mehr erfolgen würde, weil die Stadt dies offenbar übersehen und nunmehr der Zweckverband die Abfallentsorgung in der Stadt übernommen hätte. Hinzu komme, daß der Zweckverband seinen Gebührenbescheid vom 28.02.1997 ein Informationsblatt beigelegt habe, in welchem dieser auf die Möglichkeit eines fehlerhaften Datenbestandes hingewiesen und zur Mitteilung abweichender Behälterbestände aufgefordert habe. Auch dies habe der nachveranlagte Grundstückseigentümer zur Veranlassung nehmen müssen, den Zweckverband von dem unrichtig erfaßten Behälterbestand in Kenntnis zu setzen. Dem Gericht sei überdies aus anderen Gerichtsverfahren bekannt, daß der Zweckverband seinen Gebührenbescheiden derartige Informationsblätter beigelegt habe. Soweit der nachveranlagte Grundstückseigentümer deshalb vortrage, ein solches Informationsblatt nicht erhalten zu haben, hätte er vortragen müssen, warum er oder die Hausverwaltung das Informationsblatt nicht erhalten habe. Aber selbst bei einem Nichterhalt des Informationsblattes hätte dem Grundstückseigentümer aufgrund der sonstigen Anhaltspunkte, etwa des Gebührenbescheides selbst, auffallen müssen, daß die Abfallentsorgung nunmehr durch den Zweckverband vorgenommen wird. Dies hätte er zum Anlaß nehmen müssen, gegenüber dem Zweckverband auf das Versäumnis der Stadt hinzuweisen. Abschließend weist das VG Köln darauf hin, daß die Vollziehung des Nachveranlagungsbescheides auch keine unbillige Härte darstelle. Der nachveranlagte Grundstückseigentümer habe lediglich vorgetragen, daß er den nachgeforderten Betrag "gegebenenfalls zwischenfinanzieren" müsse bzw. daß er "nicht ohne weiteres in der Lage sei, ohne Kreditaufnahme die von dem Zweckverband geforderte Summe in Höhe von ca. 26.000,-- DM zu erbringen". Daß der nachveranlagte Grundstückseigentümer und möglicherweise auch die ihm zum Ausgleich verpflichteten Miteigentümer nicht in der Lage seien, die geforderte Summe "ohne weiteres" zu erbringen, stelle keine unbillige Härte dar. Daß der Schuldner an der Geldforderung diese nur unter Inanspruchnahme eines Kredites bedienen könne, sei keine Seltenheit. Unbilligkeit wäre die sofortige Nacherhebung nur, wenn der nachveranlagte Grundstückseigentümer darauf hätte vertrauen dürfen, daß die fehlerhaft nicht erhobenen Gebühren auf Dauer nicht von ihm verlangt werden könnte. Dies sei indes nicht der Fall.

Az.: II/2 33-10

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