Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 418/2011 vom 12.07.2011

Verwaltungsgericht Köln zur Gebührenerhebung durch Dritte

Das VG Köln hat sich mit Urteil vom 24.05.2011 (Az. 14 K 1092/10) mit dem Thema des Erlasses des Schmutzwasser-Gebührenbescheides durch Dritte auseinander gesetzt. Das VG Köln kommt zu dem Ergebnis, dass der Erlass eines Gebührenbescheides (hier: Bescheid über die Erhebung der Schmutzwassergebühr) hoheitliches Handeln ist und deshalb einen zentralen Kernbereich des Aufgabengebietes „Abwasserbeseitigung“ darstellt. Zuständig für den Erlass von Gebührenbescheiden im Bereich der Abwasserbeseitigung ist demnach grundsätzlich der Pflichtenträger, d. h. die Stadt/Gemeinde. Allerdings könnten — so das VG Köln - auch Privatpersonen unter bestimmten Voraussetzungen mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben betraut werden. Hiernach kann nach dem VG Köln aber allenfalls eine Einschaltung als unselbständiger Verwaltungshelfer in Betracht gezogen werden. In diesem Sinne zulässige Verwaltungshilfe liegt nach dem VG Köln dann vor, wenn der Verwaltungshelfer nicht selbständig handelt, sich seine Tätigkeit also auf die Vorbereitung und Unterstützung oder rein tatsächliche Durchführung der Verwaltungsaufgabe im Auftrag und nach Weisung der Behörde beschränkt. In diesem Rahmen üben dann Verwaltungshelfer — so das VG Köln — keine Hoheitsgewalt aus, sondern operieren nur im Verwaltungsbinnenbereich, in dem sie private Dienstleistungen gegenüber der Verwaltung erbringen.

Da die zulässige Verwaltungshilfe weder die Organisationsstruktur noch die Aufgabenträgerschaft verändert, bedarf es für die Einschaltung privater Dritter als Verwaltungshelfer keiner gesetzlichen Grundlage. In Betracht kommen nach dem VG Köln für den hier interessierenden Bereich der Gebührenerhebung etwa technische Maßnahmen, die der Aufgabenträger selbst nicht durchführen kann (Messungen, Anfertigungen von Luftbildern) oder Arbeitsprozesse, die mechanisch oder automatisiert ablaufen (beispielsweise der Druck und die Versendung von Schriftstücken).

Die Grenze der Verwaltungs- oder Erfüllungshilfe sei dagegen dann überschritten, wenn der Helfer eigenständig die vollständige Einzelveranlagung übernehme, d. h. Daten ermittelt, Satzungsnormen anwendet, rechtliche Tatbestände prüft und Bescheide — wenn auch in fremdem Namen — erlässt. Erst recht könne von einer bloßen Hilfstätigkeit keine Rede sein, wenn darüber hinaus praktisch die gesamte öffentliche Aufgabe von einem Dritten erfüllt werde. Entscheidend ist nach dem VG Köln allein, dass der Aufgabenträger, d. h. die Stadt/Gemeinde nach wie vor den Gebührenbescheid als Hoheitsakt erlässt. Insoweit reicht auch nicht, dass der Entscheidungsverantwortliche in einem Geschäftsbesorgungsvertrag regelt, dass der Inhalt des Schmutzwasser-Gebührenbescheides mit ihm abzustimmen sei. Einer so verstandenen Abstimmung zwischen den Vertragsparteien unterliege dann insbesondere die Frage, wie die Bescheide aufgebaut seien und welche Positionen sie aufzuweisen hätten. Das darüber hinaus eine inhaltliche Kontrolle durch die Stadt/Gemeinde oder einer Unterrichtung über den zu erlassenen Abwasserbescheide im Einzelfall stattfindet, sei — so das VG Köln im dem zu entscheidenden Fall — weder jedenfalls ersichtlich noch vorgetragen. Ein derartiges Verfahren wäre auch in der Praxis schwerlich vorstellbar und würde die mit der Einschaltung des privaten Dritten regelmäßig beabsichtigte Entlastung der beklagten Stadt und Kostenreduzierung ins Leere laufen lassen.

Die bloße Möglichkeit der Kontrolle und Einflussnahme auf die vom Verwaltungshelfer nach Maßgabe des Satzungsrechtes gefertigten Bescheides genüge aber nicht, um in der Festsetzung der Schmutzwassergebühren durch den Dritten eine Einzelfallentscheidung der beklagten Stadt zu sehen. Denn insoweit wäre der Dritte nicht als Verwaltungshelfer, sondern vielmehr beauftragt die Gebührenbescheide zu fertigen. Für ein solches generelles Mandat ist aber nach dem VG Köln eine formal gesetzliche Grundlage im KAG NRW erforderlich, weil die zugewiesene Aufgabe in Abweichung von der gesetzlich festgelegten Zuständigkeitsregelung erledigt wird.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf Folgendes hin:

Das Ministerium für Inneres und Kommunales NRW lässt zurzeit keine Bereitschaft erkennen, eine klarstellende Regelung in das Kommunalabgabengesetz aufzunehmen. Das Verfahren vor dem OVG NRW (Beschluss vom 15.4.2011 — Az.: 9 A 2260/09 -) ist beendet, weil die beklagte Stadt den „Gebührenbescheid“ aufgehoben hat (vgl. Mitt. StGB NRW Juni 2011 Nr. 286).

Es wird zurzeit diesseits als rechtlich zulässig angesehen, einen Dritten als reinen Boten und für einen Gebührenbescheid der Stadt (Briefkopf: Stadt X — der Bürgermeister - Abteilung — Ansprechpartner) einzuschalten. Ein „Gebührenbescheid mit dem Briefkopf des Dritten“ ist hingegen unzulässig, denn nur die Städte, Gemeinden, Kreise und Anstalten des öffentlichen Rechts sind nach § 1 KAG NRW befugt, Gebühren zu erheben und Gebührenbescheide als hoheitliche Verwaltungsakte zu fertigen und zu erlassen. Wichtig ist, dass der Dritte ein eigenständiges Blatt Papier (den Gebührenbescheid der Stadt oder der AöR) als Bote versendet. Möglich ist auch ein Konto des Dritten für die Zahlung zu benennen, wenn der Gebührenschuldner durch die Zahlung auf dieses Konto seine Gebührenschuld tilgen kann, was im Zweifelsfall nochmals für den Gebührenschuldner im Gebührenbescheid textlich klarzustellen ist.

Wichtig ist außerdem - weil der Gebührenbescheid ein Hoheitsakt ist - , dass der Dritte mit der Stadt einen Vertrag hat, in welchem klar geregelt ist, dass der Dritte nur unselbständiger Verwaltungshelfer der Stadt ist und er den Gebührenbescheid z. B. auf der Grundlage eines Vorstücks der Stadt erstellt und die Stadt die erstellten Gebührenbescheide in einer Endprüfung nochmals anschaut und dann freigibt, d. h. aus dem Vertrag mit dem Dritten klar wird, dass die Stadt das „Heft des Handelns“ als Hoheitsträger nach wie vor in vollem Umfang in der Hand hat.

Der Dritte muss lediglich auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarung Tätigkeiten eines unselbständigen Verwaltungshelfers durchführen . Hierzu gehört auch ein Anschreiben des Dritten, mit welchem dieser nur klar macht, dass er als Anlage zu seinem Anschreiben den Gebührenbescheid der Stadt oder der Anstalt des öffentlichen Rechts (eigenständiges Blatt Papier) als Bote übermittelt. Außerdem darf in dem Anschreiben in keinem Fall mehr eine Gesamtsumme aus verschiedenen Gebühren und Entgelten gebildet werden, die dann an den Dritten zu überweisen ist. An wen zu zahlen ist, ergibt sich allein aus dem Gebührenbescheid als eigenständiges Blatt Papier. Sind diese Maßgaben sichergestellt, so dürfte dieses einer Prüfung durch das Verwaltungsgericht grundsätzlich standhalten.

Es bleibt allerdings festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht Köln (Urteil vom 24.5.2011 — Az.: 14 K 1092/10 - ) die Anforderungen sehr streng auslegt. Letztlich müsste also doch das OVG NRW irgendwann eine Entscheidung treffen. Soweit jedwede Prozessrisiken ausgeschlossen sein sollen, verbliebe hiernach nur, dass die Stadt die Gebührenbescheide wieder selbst erlässt und versendet.

 

Az.: II/2 24-21 qu-ko

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