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StGB NRW-Mitteilung 200/2009 vom 19.03.2009

Verwaltungsgericht Köln zur Errichtung einer Gesamtschule

Das Verwaltungsgericht Köln hat am 26.02.2009 (Az.: 10 L 142/09) per Beschluss eine Entscheidung über die Errichtung einer Gesamtschule getroffen. Das Gericht hat im Einzelnen ausgeführt, die Antragsgegnerin sei gegenüber der Antragstellerin nicht befugt gewesen, die Errichtung der Gesamtschule an die Bedingung zu knüpfen, dass mindestens ein Drittel der angemeldeten und aufgenommenen Kinder eine Gymnasialempfehlung besitze. Diese Nebenbestimmung sei rechtswidrig, weil die Antragstellerin nach summarischer Prüfung einen Anspruch auf Genehmigung des Errichtungsbeschlusses hätte und die Nebenbestimmung weder durch eine spezielle Rechtsvorschrift gedeckt noch als Maßnahme zur Sicherstellung, dass die gesetzlichen Genehmigungsvoraussetzungen eingehalten werden, gerechtfertigt sei. Die Genehmigung sei gem. § 81 Abs. 3 Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen zu erteilen gewesen. Diese Bestimmung vermittle dem Schulträger einen Anspruch auf Genehmigung eines Errichtungsbeschlusses, wenn keiner der in § 81 Abs. 3 Sätze 3 und 4 Schulgesetz abschließend genannten Versagungsgründe eingreife.

Danach dürfe die Genehmigung nur versagt werden, wenn der Beschluss den Vorschriften des § 81 Abs. 1 und der §§ 78 bis 80, 82 und 83 Schulgesetz widerspreche oder wenn dem Schulträger die erforderliche Verwaltungs- oder Finanzkraft fehle. Abgesehen von der hier streitigen Frage, ob ein Mindestanteil von Kindern mit Gymnasialempfehlung angemeldet und aufgenommen werden müsse, sei die Antragsgegnerin davon ausgegangen, dass kein Versagungsgrund vorliege. Dagegen seien keine Einwände zu erheben. Dass weniger als ein Drittel der angemeldeten und zur Aufnahme vorgesehenen Kinder eine Gymnasialempfehlung besitze, rechtfertige die Versagung der Genehmigung nach den genannten Vorschriften ebenfalls nicht. Diese Bestimmungen würden regeln, wie das Spannungsverhältnis zwischen dem durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz und Art. 8 Abs. 1 Satz 2 der Landesverfassung gewährleisteten Recht der Eltern, zwischen den verschiedenen Schulformen wählen zu können, einerseits und den schulhoheitlichen Erfordernissen, insbesondere denen eines geordneten Schulbetriebs, andererseits zu lösen sei. § 78 Abs. 4 Satz 2 Schulgesetz verpflichte die Gemeinden, u.a. Gesamtschulen zu errichten, wenn ein Bedürfnis bestehe; bei der Ermittlung des Bedürfnisses sei der Elternwille zu berücksichtigen, § 78 Abs. 5 Schulgesetz. In diesen Vorschriften konkretisiere sich das verfassungsrechtlich geschützte Recht der Eltern, dass der Schulträger Schulen der gewünschten Form in zumutbarer Entfernung zur Verfügung stelle. Die Frage, ob ein – ausreichendes – Bedürfnis bestehe, das unter Berücksichtigung der schulhoheitlichen Belange die Errichtung einer Gesamtschule erfordere, beurteile sich nach § 82 Abs. 1 und 7 Schulgesetz: Gesamtschulen müssten mindestens vierzügig geführt werden, wobei 28 Schüler als eine Klasse gelten. Das Bedürfnis setze dementsprechend 112 Anmeldungen voraus. §§ 78 ff. Schulgesetz würden danach eindeutige Regelungen über die Mindestgröße von Gesamtschulen aufstellen, träfen aber keine Bestimmungen, dass die zu errichtende Gesamtschule eine besondere Zusammensetzung der Schülerschaft in leistungsmäßiger Hinsicht oder gar einen Mindestanteil an Schülern aufweisen müsse, der eine bestimmte Schulformempfehlung erhalten habe. Würde der Staat den verfassungsrechtlich geschützten Rechten der Eltern aus schulhoheitlichen Gründen weitere Grenzen setzen, indem er bereits die Genehmigung zur Schulerrichtung von einem Mindestanteil an angemeldeten Schülern mit Gymnasialempfehlung abhängig mache, sei eine entsprechende gesetzliche Regelung angezeigt.

Allerdings müssten 112 Schüler nicht nur angemeldet sein, sondern vom Schulleiter auch in rechtmäßiger Weise nach § 46 Abs. 1 Schulgesetz aufgenommen werden können, damit tatsächlich die gesetzliche Mindestgröße gewährleistet sei. Bei der Aufnahme müsse der Schulleiter einer Gesamtschule dafür sorgen, dass die Schüler in ihrer Leistungsfähigkeit die gesamte Leistungsbreite in einem ausgewogenen Verhältnis vertreten, denn die Gesamtschule habe den schulformspezifischen Auftrag, in einem differenzierten Unterrichtssystem Bildungsgänge zu ermöglichen, die ohne Zuordnung zu unterschiedlichen Schulformen zu allen Abschlüssen der Sekundarstufe I führten, und zusätzlich die gymnasiale Oberstufe vorzuhalten (§ 17 Abs. 1 und 2 Schulgesetz). Die Beachtung der Leistungsheterogenität bei der Schulaufnahme diene damit dem Ziel, dass eine im Allgemeinen für die Führung der gymnasialen Oberstufe ausreichende Zahl (§ 82 Abs. 8 Schulgesetz) von leistungsstärkeren Schülern aufgenommen werde, bei denen zu erwarten sei, dass sie die höheren Abschlüsse der Sekundarstufe I erreichen würden; sie ermögliche zum anderen, dass auch eine angemessene Zahl leistungsschwächerer Schüler berücksichtigt werde, für die zumindest die sonstigen Abschlüsse der Gesamtschule erreichbar seien.

Das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen hat mit Presseerklärung vom 5. März 2009 darauf hingewiesen, dass es die Festschreibung einheitlicher Kriterien bei der Errichtung von Gesamtschulen prüfe. Die Errichtung einer Gesamtschule könne nicht von den individuellen Maßstäben eines Einzelnen abhängig gemacht werden. Es dürften in Bonn keine anderen Kriterien angesetzt werden als in Dortmund, Münster oder Paderborn. Deshalb seien landeseinheitliche Maßstäbe gewollt. Im Interesse klarer Entscheidungsprozesse werde das Ministerium prüfen, im Gesetz- oder Verordnungswege landeseinheitliche Vorgaben für die Beurteilung der Leistungsheterogenität festzustellen. Diesen Weg habe das Verwaltungsgericht ausdrücklich aufgezeigt. Dabei werde das Ministerium sich daran orientieren, dass der Haushaltsgesetzgeber seit dem Jahr 2002 für die Berechnung des Stellenanteils im höheren Dienst der Gesamtschule ausdrücklich einen Anteil von Gymnasial-Kindern in der Sekundarstufe I mit 30 % ansetze. Er hätte 2002 dabei an die entsprechende Festlegung der Landesregierung bei der Einführung der Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen im Jahre 1969 angeknüpft.

Gleichzeitig hat das Ministerium in der Presseerklärung darauf hingewiesen, dass die Bezirksregierung Köln keine Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Köln vom 26.02.2009 zur Gründung einer vierten Gesamtschule in Bonn einlegen werde.

Az.: IV/2 211-35

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