Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 332/2009 vom 25.05.2009

Verwaltungsgericht Köln zu § 51 a Landeswassergesetz NRW

Das VG Köln hat mit Urteilen vom 14.04.2008 (Az. 14 K 2800/06 sowie 14 K 4187/06) entschieden, dass ein Grundstückseigentümer das auf seinem Grundstück anfallende Niederschlagswasser nicht dort versickern kann, wenn die Gemeinde ihn nicht von der Abwasserbeseitigungspflicht (§ 53 Abs. 1 c LWG NRW) freigestellt hat (§ 53 Abs. 3 a Satz 1 LWG NRW). In dem zu entscheidenden Fall war vor dem Grundstück des Klägers seit dem 15.02.2006 ein betriebsfertiger Mischwasserkanal durch die Gemeinde fertig gestellt worden, an den sich der Kläger nicht anschließen wollte. Das VG Köln kommt zu dem Ergebnis, dass die beklagte Gemeinde den Kläger zu Recht nicht von der Abwasserüberlassungspflicht für das Niederschlagswasser freigestellt hat.

Zunächst stellt das VG Köln heraus, dass in § 53 Abs. 3 a LWG NRW keine konkreten Voraussetzungen festgelegt werden, bei deren Vorliegen die Gemeinde den Grundstückseigentümer von der Überlassungspflicht für Regenwasser frei zu stellen hat. Gleichwohl sei die Entscheidung über die Freistellung als Ermessensentscheidung einzustufen, welche sich am Normzweck zu orientieren habe, der sich insbesondere aus dem Regelungsgefüge und nicht zuletzt aus dem Willen des Gesetzgebers ergebe. Im Zusammenhang mit der Beseitigung von Abwasser, zu dem auch das Niederschlagswasser gehört, wollte der Landesgesetzgeber – so das VG Köln – den Gemeinden mit den Änderungen des LWG NRW im Jahre 2005 weitergehende Kompetenzen einräumen. Dieses werde schon dadurch belegt, dass die Gesetzesänderung erfolgt sei, um nach einer Entscheidung des OVG NRW aus dem Jahr 2003 (Urteil vom 28.01.2003 – Az. 15 A 5751/01, NWVBL 2003, Seite 380 ff.) den Gemeinden auf gesicherter gesetzlicher Grundlage die satzungsgemäße Normierung eines Anschluss- und Benutzungszwangs auch für das Niederschlagswasser zu ermöglichen (vgl. hierzu auch Queitsch, NWVbL 2006, Seite 321 ff.). Gleichzeitig wurde ein (erneuerter) Wechsel bei der Regelung der Abwasserbeseitigungspflicht vollzogen (so ausdrücklich: OVG NRW, Beschluss vom 31.01.2007 – Az. 15 A 159/05).

Danach schreibt § 53 Abs. 1 LWG NRW nunmehr unzweifelhaft eine umfassende Pflicht der Gemeinden zur Beseitigung des Abwassers einschließlich des Niederschlagswassers vor. Hiermit korrespondiert wiederum § 53 Abs. 1 c LWG NRW wonach der Nutzungsberechtigte des Grundstücks grundsätzlich eine umfassende Pflicht zur Überlassung des gesamten Abwassers an die Gemeinde hat. Einen automatischen Übergang der Beseitigungspflicht für das Niederschlagswasser auf den Nutzungsberechtigten entsprechen § 53 a Abs. 2 Satz 1 LWG NRW alte Fassung kennt das geltende Recht nicht mehr. Da hier mit der „Freistellung“ eine Entscheidung der Gemeinde erforderlich ist, wird deren Kompetenz durch die Neufassung des Gesetzes gestärkt. In gleicher Weise hat der Gesetzgeber nach dem VG Köln mit dem LWG NRW 2005 klargestellt, dass es keinen Vorrang der Beseitigung des Niederschlagswassers durch den Grundstückseigentümer gibt. Diese folge daraus, dass mit der Beseitigung des Niederschlagswassers durch ein Regenwasserkanal eine vierte Möglichkeit der Regenwasserbeseitigung in § 51 Abs. 1 LWG NRW ausdrücklich normiert worden sei, die sich unzweifelhaft allein an die Gemeinde richte (so auch: VG Aachen, Urteil vom 06.07.2005 – Az. 6 K 2420/98 -; Queitsch, NWVbL 2006, Seite 321 ff., Seite 323, Amtliche Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 15.11.2004, LT-Drs. 13/6222 zu Nr. 33, wonach auch die Trennkanalisation der Zielsetzung des § 51 a Abs. 1 LWG NRW entspricht9.

§ 51 a Abs. 1 LWG NRW regelt – so das VG Köln - zwar den Grundsatz, dass ab einem bestimmten Stichtag das Niederschlagswasser getrennt vom Schmutzwasser zu beseitigen ist, trifft aber keinerlei Aussage mehr darüber, wer die Beseitigung vorzunehmen hat. Vielmehr weist (nur noch) § 53 Abs. 1 LWG NRW orginär den Gemeinden die umfassende Pflicht zur Abwasserbeseitigung zu. Bei der Wahl zwischen den verschiedenen in § 51 a Abs. 1 LWG NRW dargestellten Möglichkeiten steht der Gemeinde nach Auffassung des VG Köln ein weites (Planungs-) Ermessen zu. Dieses ergebe sich daraus, dass die Gemeinde nach § 51 Abs. 2 LWG NRW durch Satzung (oder durch Aufnahme in einen Bebauungsplan) normativ festsetzen könne, in welcher Form das Niederschlagswasser zu beseitigen sei. Habe sich z. B. die Gemeinde entschieden, das Niederschlagswasser durch einen Regenwasserkanal zu beseitigen, so entfällt nach dem VG Köln für die betroffenen Grundstücke die Möglichkeit, das Regenwasser auf ihren Grundstücken zu versickern (so auch Queitsch: NWVbL 2006, Seite 321 ff., Seite 323).

Im zu entscheidenden Fall ging es allerdings um einen errichteten Mischwasserkanal. Hier habe sich – so das VG Köln - die beklagte Gemeinde zu Recht auf § 51 a Abs. 3 LWG NRW berufen. Nach dieser Vorschrift gilt die Pflicht zur getrennten Beseitigung des Niederschlagswassers dann nicht, wenn nach einer vor dem 01.07.1995 genehmigten Kanalisationsnetzplanung noch ein Mischwasserkanal geplant war und „wenn der technische oder wirtschaftliche Aufwand unverhältnismäßig ist“. Zunächst war in dem entscheidenden Fall unstreitig eine entsprechende Kanalisationsnetzplanung gegeben. Die beklagte Gemeinde nimmt nach dem VG Köln auch zu Recht in Anspruch, dass der technische oder wirtschaftliche Aufwand unverhältnismäßig sei. Nach dem VG Köln kommt es hierbei nicht auf die Verhältnisse auf den einzelnen Grundstücken an. Vielmehr ist durch die Gemeinde aufzuklären, ob eine (getrennte) Beseitigung des Niederschlagswassers nach den Vorgaben des § 51 a Abs. 1 LWG NRW im Verhältnis zum genehmigten Mischwassersystem zu einem technisch oder wirtschaftlich unverhältnismäßigen Aufwand führen würde. Insoweit müssen neben technischen Fragen auch die Auswirkungen einer Alternativplanung auf dem wirtschaftlichen Betrieb der Entwässerungsanlagen (auch unter Berücksichtigung des Gebührenaufkommens) berücksichtigt werden (vgl. Queitsch, NWVbL 2006, Seite 321 ff., Seite 324 f.). Zudem soll durch § 51 a Abs. 3 LWG NRW den Gemeinden für die bisherigen Planungen ein gewisser Bestandsschutz geboten werden (so ausdrücklich: Landtags-Drucksache 13/6222 zu Nr. 33 e). Nach dem VG Köln hatte die Gemeinde die wirtschaftliche Unverhältnismäßigkeit durch die belegten höheren Kosten eines im Trennsystem zu errichtenden Kanals nachvollziehbar dargelegt. Daneben war aber auch unter dem Gesichtspunkt des Investitionsschutzes zu berücksichtigen, dass schon zuvor Teileinrichtungen des Entwässerungssystems an dem in der Ortslage noch zu errichtenden Mischwasserkanal ausgerichtet waren. So war ein Regenüberlaufbecken nach den deutlich größeren Wasseraufkommen aus dem Mischwasserkanal in einer Ortslage dimensioniert worden und ebenso war die Größe anderer Mischwasserkanäle im Gebiet der beklagten Gemeinde schon mit Blick auf den Zulauf aus dem in Rede stehenden Kanal gewählt worden. Das VG Köln ließ auch den Einwand des Klägers nicht gelten, dass nur wenige Anlieger eine Freistellung von der Überlassungspflicht für das Niederschlagswasser erstrebten, sodass die Auswirkungen auf das Gebührenaufkommen gering seien. Insoweit verkennt der Kläger nach dem VG Köln die Bindungen der beklagten Gemeinde an den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) im Rahmen der Freistellungen. Würde nur ein Anlieger freigestellt, könnten auch künftige Anträge bei Vorliegen gleicher tatsächlicher Voraussetzung nicht mehr durch die beklagte Gemeinde abgelehnt werden, sodass unter Umständen die Gebührenlast auf deutlich weniger Eigentümer verteilt werden müsste. Auch davor solle § 51 a Abs. 3 LWG NRW die Gemeinde schützen. Weil damit die Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 LWG NRW der Sache nach vorlagen, habe die beklagte Gemeinde ihr Ermessen im Hinblick auf die Freistellung auch ordnungsgemäß und sachgerecht ausgeübt, denn eine weitergehende Darlegung von Ermessenserwägungen sei dann nicht erforderlich, wenn die Auslegung der maßgeblichen Rechtsvorschrift dazu führt, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen im Regelfall nur eine Entscheidung gewollt ist (sog. intendiertes Ermessen; vgl. auch Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16.06.1997 – Az. 3 C 22.06 -). Diese Fallgestaltung lag nach dem VG Köln vor, denn der Regelungsgehalt des § 51 a Abs. 1 LWG NRW werde durch § 51 a Abs. 3 LWG NRW gewissermaßen aufgehoben, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen (vgl. auch: VG Aachen, Urteil vom 06.07.2005 – Az.: 6 K 2420/98).

Az.: II/2 24-30 qu-ko

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