Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 364/2004 vom 19.04.2004

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen zu Rechtsformwahl und Beitragserhebung

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat mit Urteil vom 19. Februar 2004 (Az.: 13 K 5973/02; nicht rechtskräftig) entschieden, dass auch nach der Übertragung eines Kanalnetzes auf eine städtische Tochtergesellschaft dieses Kanalnetz weiterhin mit seinen Nebenanlagen eine öffentliche Abwasseranlage darstellt, mit der Folge, dass weiterhin ein Kanalanschlussbeitrag gem. § 8 Abs. 4 Satz 3 KAG NRW erhoben werden kann. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde. Die Stadt hatte die Abwasserbeseitigung mit Wirkung vom 01. Januar 1998 auf die Stadtwerke AG übertragen. Diese wiederum hatte als alleinige Gesellschafterin eine Entwässerungs-GmbH gegründet. Der Entwässerungs-GmbH war von der Stadt das gesamte Anlagevermögen, das im wesentlichen aus dem Kanalnetz und Sonderbauwerken bestand, übereignet. Die Investitionen in das Kanalnetz wurden seitdem von der Entwässerungs-GmbH und der Stadtwerke getätigt. Nach dem Vertragswerk war die Stadt jedoch noch insofern an den Investitionen beteiligt, als sie die zu erhebenden Anschlussbeiträge an die Entwässerungs-GmbH abführen sollte.

Das VG Gelsenkirchen führt hierzu aus, dass die Eigenschaft einer öffentlichen Abwasseranlage nicht von den privat-rechtlichen Eigentumsverhältnissen abhängt. Maßgeblich sei allein, ob die Anlage nach der Zweckbestimmung (Widmung) weiterhin dazu bestimmt sei, im Interesse der Allgemeinheit der Abwasserbeseitigung zu dienen. Die öffentliche Zweckbestimmung der Kanalisation sei mit der Übertragung nicht verloren gegangen. Bei der gewählten Konstruktion der Privatisierung wurde nämlich die Stadtwerke AG mit ihrer Tochtergesellschaft Entwässerungs-GmbH nur mit der Erfüllung der Pflicht zu Abwasserbeseitigung beauftragt. Die öffentlich-rechtliche Pflicht zur Abwasserbeseitigung nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Landeswassergesetz NRW verblieb bei der Stadt. Damit habe das Kanalnetz weiterhin den Charakter einer öffentlichen Anlage. Nach der gewählten Vertragskonstruktion habe die Stadt auch weiterhin einen Aufwand i.S.v. § 8 Abs. 4 Satz 3 KAG NRW. Denn es sei vereinbart, dass die Stadt insoweit zur Finanzierung der Abwasseranlage beitragen solle, als sie die vereinnahmten Anschlussbeiträge an die Stadtwerke AG/Entwässerungs-GmbH abzuführen habe. Eine derartige Vertragsgestaltung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Es sei grundsätzlich der durch das Selbstverwaltungsrecht nach § 28 Abs. 2 GG garantierten Organisationsfreiheit der Gemeinden anheim gegeben, darüber zu entscheiden, ob der Betrieb einer Entsorgungseinrichtung in öffentlich-rechtlicher Rechtsform oder in der Form des Privatrechts erfolgen soll. Die Entscheidung der Stadt für eine privat-rechtliche Gestaltung könne damit durch das Gericht nicht in Frage gestellt werden, solange sie nicht zum Nachteil für den Bürger führt. Derartige Nachteile seien hinsichtlich der Erhebung von Anschlussbeiträgen anders als bei den Benutzungsgebühren (dazu VG Gelsenkirchen, Urt. V. 06.09.2001 – Az.: 13 K 2116/98 – NWVBl 2001, S. 485; anhängig beim OVG NRW unter dem Aktenzeichen 9 A 4187/01) nicht gegeben. Die beklagte Stadt habe sich nach Inkrafttreten des KAG NRW in zulässiger Weise dafür entschieden, die Kosten von Investitionen in die Abwasseranlage nicht nur über Entwässerungsgebühren, sondern auch durch die Erhebung von Anschlussbeiträgen zu finanzieren. Eine Doppelfinanzierung werde dadurch vermieden, dass in der Gebührenkalkulation beim Ansatz der kalkulatorischen Zinsen die erhaltenen Beiträge gem. § 6 Abs. 2 Satz 4, 2. Halbsatz KAG NRW vom der Zinsbasis abgezogen würden (Abzugskapital). Dieses Finanzierungssystem werde auch nach Einführung der privat-rechtlichen Organisation beibehalten, ohne dass den von der Erhebung von Anschlussbeiträgen betroffenen Bürgern dadurch ein Nachteil entstehe.


Az.: Az.: II/2 24-22 qu/g

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