Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 289/2009 vom 14.04.2009

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen zu gewerblichen Abfallsammlungen

Das VG Gelsenkirchen hat mit Beschluss vom 01.12.2008 (Az. 14 L 856/08) festgestellt, dass allein die Möglichkeit von Gebührenerhöhungen einer gewerblichen Sammlung nicht als überwiegendes öffentliches Interesse entgegen gehalten werden können.

Nach Auffassung des VG Gelsenkirchen besteht eine Ausnahme von der Abfallüberlassungspflicht für private Haushaltungen gegenüber der Stadt /Gemeinde als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger, wenn eine gewerbliche Sammlung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) zulässig ist. Nicht gefährliche Abfälle, die der gewerbliche Sammler einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zuführt unterfallen danach nicht der Abflalüberlassungspflicht, sofern der gewerbliche Sammler dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die ordnungsgemäße Verwertung nachweist und der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen nicht entgegen stehen.

Nach dem VG Gelsenkirchen hatte der gewerbliche Sammler eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung des Altpapiers dargelegt. In diesem Zusammenhang weist das Gericht darauf hin, dass es nicht ausreicht, dass der gewerbliche Sammler ein zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb ist, denn es kommt nach den gesetzlichen Anforderungen nicht auf den „Entsorger“ an, sondern auf die Verwertung und damit auf die „Entsorgung“.

Jedoch muss für den Nachweis der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der Verwertungsweg im Einzelnen nicht aufgezeigt werden, denn die Nachweisführung im Sinne von §§ 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG darf nach dem VG Gelsenkirchen nicht in ein besonderes Zulassungsverfahren umschlagen. Anerkannt ist, dass der Nachweis gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG z.B. durch die Vorlage eines Vertrages zum Weiterverkauf des Altpapiers erbracht werden kann (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.02.2008 – Az 10 S 2422/07, NVWZ 2008, Seite 295 ff; OVG Lüneburg, Beschluss vom 24.01.2008 – Az. 7 ME 192/07, Abfallrecht 2008, Seite 35 ff).

Das VG Gelsenkirchen weist außerdem darauf hin, dass der Bundesgesetzgeber mit der Regelung in § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetz dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger praktisch eine Reserve- und Auffangfunktion zuweist. Der Bundesgesetzgeber mute dem öffentlichen Entsorgungsträger offenkundig bewusst eine hohe Flexibilität bei dem Aufbau und der Unterhaltung der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgungsstrukturen zu. Ob eine solche Regelung, die letztlich dazu führt, dass die Tätigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgers sich zunehmend auf unattraktive und damit kostenintensive Bereiche beschränkt, für die Daseinsvorsorge am zweckmäßigsten ist, obliegt – so das VG Gelsenkirchen – nicht seiner Bewertung, sondern ist dem Gestaltungsspielraum und der Entscheidung des Gesetzgebers überlassen.

Im Übrigen ist nach dem VG Gelsenkirchen eine bloße Beeinträchtigung des bestehenden Abfallsystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgers nicht ausreichend, um die Annahme entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen anzunehmen. Eine solche Gefährdung der Funktionsfähigkeit sei auch bislang nicht glaubhaft dargelegt worden.

Letztlich sei die flächendeckende Sammlung von Altpapier durch gewerbliche Unternehmen vor allem ein Gebührenproblem und kein Organisationsproblem. Die Vermeidung jeglicher Gebührensteigerungen in Folge gewerblicher Sammlungen ist nach dem VG Gelsenkirchen kein überwiegendes öffentliches Interesse, weil eine solche Einschränkung dem Gesetz nicht zu entnehmen sei.

Das VG Gelsenkirchen weist aber darauf hin, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger im Interesse der Gebührenschuldner nicht nur berechtigt, sondern sogar dazu verpflichtet ist, diese darauf hinzuweisen, dass sie zu Gebührenmehrbelastungen selbst beitragen, wenn sie Papierabfälle Privaten überlassen.

Ein überwiegendes entgegenstehendes öffentliches Interesse sieht das VG Gelsenkirchen auch nicht in der Erhaltung des Dualen Systems nach § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung im Hinblick auf die Miterfassung von Einwegverpackungen aus Papier / Pappe / Karton (sog. PPK-Verpackungen) im Zusammenhang mit der kommunalen Altpapierfassung.

Selbst wenn durch die gewerbliche Sammlung dem Dualen System nach § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung im erheblichen Umfang PPK-Verpackungen entzogen würden, wofür – so das VG Gelsenkirchen – derzeit keine substantiierten Anhaltspunkte bestehen, würden keine öffentlichen Interessen beeinträchtigt.

Das öffentliche Interesse an der möglichst umfassenden Verwertung der Verpackungen wäre tatsächlich auch dann gewährleistet, wenn nicht das Duale System, sondern der gewerbliche Sammler diese einer ordnungsgemäßen Verwertung zuführt. Einzige Folge wäre, dass das flächendeckende Dualen Systems möglicherweise nicht mehr in der Lage wäre, den für die (weitere) Anerkennung und Zulassung erforderlichen Nachweis erbringen zu können, die notwendige Verwertungsquote erreicht zu haben. Dieses würde aber lediglich dazu führen, dass die individuelle Rücknahmepflicht für die Verpackungen wieder auflebt, was allein die wirtschaftlichen Interessen der Hersteller treffen würde. Im Übrigen sei insoweit auch eine gewisse Flexibilität des privaten abgestimmten und öffentlich-rechtlich anerkannten zentralen Erfassungssystem zu fordern, in dem etwa durch Aufklärung der Verbraucher oder entsprechende vertragliche Vereinbarungen mit den gewerblichen Sammlern auf derartige Probleme reagiert wird.

Abschließend weist das VG Gelsenkirchen darauf hin, dass das Aufstellen von gewerblichen Abfallbehältern auf den Gehweg vor dem Grundstück zum Zwecke des Einsammelns der Abfälle nicht den Bereich der Sondernutzung, sondern demjenigen des Anliegergebrauchs im Sinne des § 14 a Abs. 1 Straßen- und Wegegesetz NRW zuzuordnen ist. Unstreitig liegt nach dem VG Gelsenkirchen keine Sondernutzung vor, wenn zum Bereitstellen der Abfalltonne eine abfallrechtliche Verpflichtung besteht. Die sich hieraus kurzfristig ergebenden Behinderungen für den Fußgänger- bzw. Radverkehr sind hinzunehmen. Gleichfalls als Anliegergebrauch zu betrachten, ist – so das VG Gelsenlirchen - die vorübergehende Inanspruchnahme des Straßengrundstücks zum Lagern von angelieferten Waren. Dieses sei keine Mitbenutzung der Straße, sondern ein Vorgang im Zusammenhang von Zufahrt und Zugang zum Grundstück, denn hierzu gehört nach Meinung des VG Gelsenkirchen nicht nur das Überqueren der Grenze zum Anliegergrundstück durch Personen oder Fahrzeuge, sondern auch das Verbringen von Gegenständen im Rahmen des Üblichen. Innerhalb dieses Rahmens ist nach dem Rechtstandpunkt des VG Gelsenkirchen das Abstellen zuvor bestellter Altpapiertonnen im öffentlichen Straßenraum vor den Grundstücken der Besteller zum Zwecke der Anlieferung als erlaubnisfreier Anliegergebrauch und noch nicht als erlaubnispflichtige Sondernutzung (§ 18 Abs. 1 Satz 2 Straßen- und Wegegesetz NRW) zu qualifizieren. Es handelt sich dabei um eine nur vorübergehende, kurzzeitige Inanspruchnahme der öffentlichen Straße, die sich von dem Bereitstellen kommunaler Abfallbehälter auf den Gehweg zwecks der Entleerung nicht unterscheidet.

Az.: II/2 31-02 qu-ko

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