Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 681/2006 vom 19.09.2006

Verwaltungsgericht Düsseldorf zur Nachsortierung von Abfall

Das VG Düsseldorf hat mit Urteil vom 21.02.2006 (Az.: 17 K 4567/05) entschieden, dass eine Stadt einem Privatunternehmen verbieten kann, den in Restmüllgefäßen der Stadt eingefüllten Abfall nach verwertbaren Abfällen durchzusortieren oder zu verpressen. Das Privatunternehmen (Klägerin) ist schwerpunktmäßig in NRW tätig und betreut Wohnungseigentümergemeinschaften und Wohnungsgesellschaften. Es verfolgt das Unternehmensziel einer ökonomischen und ökologischen Abfallentsorgung. Das Geschäftskonzept sieht vor, u.a. durch eine weitgehende Korrektur der Fehlbefüllungen von Restmüllcontainern die Kosten der Restmüllentsorgung durch Reduzierung der Anzahl der Container, der Containergröße und der Leerungshäufigkeit zu verringern. Mit seinen Kunden schließt das Privatunternehmen einen Vertrag ab. Hiernach verpflichtet sich das Unternehmen durch das Verdichten und/oder das Trennen des Mülls eine Reduzierung der Müll-Entsorgungskosten zu erreichen.

Nach dem VG Düsseldorf waren die abfallrechtlichen Anordnungen der beklagten Stadt an das Privatunternehmen rechtmäßig, ein Verpressen des Inhaltes von Restmüllbehältern mit maschinellen Vorrichtungen sowie ein Durchsuchen und/oder Entnehmen der Inhalte von Restmüllbehältern zu unterlassen. Rechtsgrundlage für diese Anordnungen war die Abfallentsorgungssatzung der Stadt, wonach es nicht gestattet war, angefallene Abfälle zur durchsuchen oder wegzunehmen. Nach der Abfallentsorgungssatzung galten Abfälle als angefallen, die ordnungsgemäß in zugelassenen Sammelbehältern zur Abholung bereitgestellt worden waren. Das VG Düsseldorf sieht für diese satzungsrechtliche Regelung in der Abfallentsorgungssatzung auch eine ausreichende Rechtsgrundlage in § 9 Landesabfallgesetz NRW. § 9 Abs. 1 Satz 1 Landesabfallgesetz NRW ermächtige – so das VG Düsseldorf - die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, die Abfallentsorgung durch Satzung zu regeln. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 Landesabfallgesetz NRW müsse eine solche Satzung insbesondere Vorschriften darüber enthalten, unter Voraussetzungen Abfälle als angefallen gelten würden, welche Abfälle getrennt zu halten seien und in welcher Weise, an welchem Ort und zu welcher Zeit die Abfälle dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen seien. Diese landesrechtliche Konkretisierungbefugnis steht auch nach dem VG Düsseldorf im Einklang mit dem Bundesrecht. Anders als das „Ob“ der Abfallüberlassungspflicht, welches der Bundesgesetzgeber in § 13 Abs. 1 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes geregelt hat, seien die Anforderungen an Ort und Zeit sowie die Art und Weise der Abfallüberlassung weiterhin durch die Länder regelbar (vgl. hierzu auch Bundesverwaltungsgericht, Urt. v.25.08.199 – Az.: 7 C 27/98 -, NVwZ 2000, S. 71).

Im Übrigen stellt das VG Düsseldorf darauf ab, dass eine Verpressung von Restmüll in Sammelbehältern bei abstrakter Betrachtung geeignet ist, zu einer Beschädigung der verwendeten Sammelbehälter zu führen. Dieses folge bereits – so das VG Düsseldorf - aus der Anwendung von Druck. Diese Behandlung des Abfalls trage bereits die Gefahr einer Beschädigung des Behälters in sich, wobei insoweit unerheblich sei, ob der Druck dabei manuell oder mit Hilfe einer technischen Vorrichtung erzeugt werde. Zum anderen führe die Verpressung des Abfalls aber auch zu einer vermehrten Beanspruchung der Container durch regelmäßige Bewegung vom und zum Standplatz sowie eine erheblich häufigere Betätigung der Schließvorrichtung der Container. Dieses erhöhe insgesamt den Verschleiß der Container und damit die Gefahr einer Beschädigung. Deshalb sei das Gericht davon überzeugt, dass die Tätigkeiten des Verpressens von Abfällen in Restmüllbehältern sowie das Durchsuchen und Entnehmen von Abfällen aus solchen Restmüllbehältern bei abstrakter Betrachtung geeignet sei, im Einzelfall gesundheitliche Beeinträchtigungen herbeizuführen. Abfall, insbesondere in Gestalt von Restmüll aus privaten Haushaltungen, sei mit vielfältigen gesundheitsgefährdenden Keimen, Pilzen- insbesondere Schimmelpilzen - und anderen mikrobiellen Stoffen biologischer Herkunft belastet. Derartige Stoffe seien überwiegend staubgebunden bzw. als Partikel selbst luftgetragen und würden bei jeder Bewegung des Abfalls, also auch beim Verpressen, Durchsuchen, Verteilen, Sortieren und Entnehmen des Abfalls als sog. Bioaerosole in die Umgebungsluft freigesetzt.

Derartige Bioaerosole seien abhängig von ihrer Konzentration, dem Abstand einer Person von der Immissionsquelle sowie der jeweiligen Verflüchtigungsmöglichkeit in der Umluft geeignet, Gesundheitsbeeinträchtigungen z.B. Allergien, Infektionen und toxische Wirkung auszulösen. Das VG Düsseldorf äußert in diesem Zusammenhang kein Zweifel daran, dass es beim Verpressen, Durchsuchen oder Entnehmen von Abfall in Sammelbehältern jederzeit zu einer Situation kommen kann, in der belastende Bioaerosole in gesundheitsbeeinträchtigender Menge freigesetzt werden und zugleich Personen – mit der Müllsortierung Beschäftigte – Anwohner oder Dritte diesen gesundheitsgefährdenden Emissionen ausgesetzt würden. Dabei sei zunächst nicht zweifelhaft, dass eine Freisetzung von belastenden Bioaerosolen in gesundheitsgefährdender Menge beim Umgang mit Abfall in der beschriebenen Weise grundsätzlich möglich sei.

Entscheidende Bedeutung komme für die Annahme der Wahrscheinlichkeit eines Schadens im Einzelfall aber dem Umstand zu, dass die in der Satzung untersagten Tätigkeiten – anders als im Falle der Durchführung in mit entsprechenden Schutzeinrichtungen versehenen Abfallsortierungsanlagen – in einer völlig undefinierten Umgebung erfolgen würden. Lage und Gestaltung der Standplätze der Restmüllbehälter seien dabei insbesondere im Hinblick auf den Luftaustausch und die Nähe zu öffentlichen Wegen und Plätzen von Standort zu Standort völlig verschieden. Auch die Art und Zusammensetzung des Abfalls variiere von Woche zu Woche und Standort zu Standort. Schließlich sei die Intensität der Belastung des Abfalls mit Keinem, Bakterien, Pilzen und dergleichen ihrerseits wiederum stark von äußeren klimatischen Bedingungen (Außentemperatur, Luftfeuchtigkeit) sowie von der Zusammensetzung des Abfalls (feuchte oder trockene Abfälle) abhängig. Daraus folge, dass es je nach den vorhandenen tagesaktuellen Bedingungen an jedem beliebigen Standort im Stadtgebiet der beklagten Stadt bei der Durchführung der streitgegenständlichen Tätigkeiten zu einer Freisetzung einer gesundheitsbeeinträchtigenden Menge von belastenden Bioaerosolen kommen könne, der nicht nur die Müllwerker sondern auch die zufällig in der unmittelbaren Nähe des Behälters aufhaltenden Anwohner oder Dritte ausgesetzt werden könnten. Vor diesem Hintergrund sah das VG Düsseldorf insgesamt die Untersagungsanordnung gegenüber der Privatfirma als begründet an.

Az.: II/2 31-02 qu/g

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