Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 168/2002 vom 05.03.2002

Verwaltungsgericht Aachen zur Mindestgebühr im Abwasserbereich

Das VG Aachen hat in einem jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 06. September 2001 (7 K 1751/96; nicht rechtskräftig) entschieden, daß die Erhebung einer Mindestgebühr im Rahmen der Erhebung der Abwassergebühr dann unzulässig ist, wenn mit der Mindestgebühr insgesamt eine Abwassergebühr erhoben, welche die rein nach Verbrauch berechnete Abwassergebühr um ein Vielfaches übersteigt. Die beklagte Gemeinde hatte in dem entschiedenen Fall eine Mindestgebühr von 30 cbm pro Grundstück und Jahr satzungsrechtlich festgelegt. Der Kläger hatte in den Veranlagungszeiträumen 1993 jeweils 3 cbm und 1994 6 cbm Frischwasser verbraucht. Das VG Aachen sieht hierin einen Verstoß gegen das in § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG NRW verankerte Äquivalenzprinzip, wonach der praktizierte Gebührenmaßstab als Wahrscheinlichkeitsmaßstab zur tatsächlichen Inanspruchnahme nicht in einem offensichtlichen Mißverhältnis stehen darf.

Die Mindestgebühr stellt sich als eine für den unteren Bereich der Inanspruchnahme pauschalierte Arbeits- oder Verbrauchsgebühr dar, die nicht mehr als Mindestgebühr in Erscheinung tritt, wenn der Mindestbetrag bei entsprechender Inanspruchnahme überschritten wird. Durch die Mindestgebühr oder den pauschalierten Mindestmaßstab erfolgt - so das VG Aachen -eine Ungleichbehandlung von Anschlußnehmern, die weniger als die im entschiedenen Fall vorgesehenen Mindestverbrauchsmengen von 30 cbm pro Grundstück und Jahr einleiten, gegenüber denjenigen, die diese Menge überschreiten. Für diese Ungleichbehandlung fehlt es nach dem VG Aachen an der im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (Gleichbehandlungsgrundsatz) erforderlichen Rechtfertigung. Als Rechtfertigungsgrund kommen nach dem VG Aachen der Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung und der sog. Grundsatz der Typengerechtigkeit in Betracht, nach welchem die Gemeinde als Satzungsgeber an die typischen Regelfälle eines Sachbereiches anknüpfen darf und eine Anzahl von nicht mehr als 10 % atypischer Ausnahmefälle vernachlässigen darf. Der Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung scheidet nach dem VG Aachen als Rechtfertigung aus. Wählt eine Gemeinde den Frischwasserverbrauchsmaßstab als Bezugsgröße für die Bemessung der Kanalbenutzungsgebühr (Abwassergebühr), so erspart sie sich durch die Veranlagung zu einer Mindestgebühr oder auf der Grundlage eines pauschalierten Mindestmaßstabes keinen Verwaltungsaufwand, weil die exakte Zahl der bezogenen Wassermengen durch Ablesung der Wasseruhren ohnehin ermittelt wird. Der Grundsatz der Typengerechtigkeit vermag nach dem VG Aachen die Mindestgebühren-Regelung auch nicht zu rechtfertigen, weil zusätzlich gewährleistet sein müsse, daß das kommunalabgabenrechtliche Äquivalenzprinzip in § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG NRW nicht verletzt wird. Dieses sei aber nur dann der Fall, wenn die mit der Mindestgebühr erhobene Abwassergebühr die rein verbrauchsbezogene Abwassergebühr nicht um ein Vielfaches übersteigt.

Die Entscheidung des VG Aachen ist nicht rechtskräftig. Es wird abzuwarten sein, ob das OVG NRW diese Rechtsprechungslinie des VG Aachen bestätigt, zumal diese Rechtsprechung im Zweifelsfall dazu führt, daß eine Mindestgebühr nicht mehr erhoben werden kann, wenn die tatsächlichen Verbräuche äußerst niedrig ausfallen. Alternativ zur Mindestgebühr könnte dann nur noch mit einer Grundgebühr gearbeitet werden, die ebenfalls nach § 6 Abs. 3 Satz 3 KAG NRW möglich ist.

Az.: II/2 24-21

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