Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 492/2008 vom 27.06.2008

Verwaltungsgericht Aachen zur Aufstellung gewerblicher Altpapiertonnen

Das Verwaltungsgericht Aachen (AG Aachen) hat mit Beschluss vom 17.06.2008 (Az.: 6 L 252/08) in einem Eilverfahren entschieden, dass eine Stadt berechtigt ist, einem gewerblichen Altpapiersammler das Abstellen von Altpapiertonnen auf öffentlichen Verkehrsflächen (Straße, Bürgersteig, Radweg) als unerlaubte Sondernutzung der öffentlichen Straße zu untersagen, wenn die gewerblichen Altpapiertonnen durch den Grundstückseigentümer nicht bestellt worden sind.

Rechtsgrundlage für eine solche Untersagungsverfügung ist nach dem VG Aachen der § 22 Satz 1 Straßen- und Wegegesetz NRW. Nach dieser Vorschrift kann die für die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung der Benutzung anordnen, wenn eine Straße ohne die erforderliche Erlaubnis benutzt wird. Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 Straßen- und Wegegesetz NRW ist Sondernutzung die Benutzung der Straßen über den Gemeingebrauch hinaus. Was Gemeingebrauch ist, definiert § 14 Abs. 1 S. 1 Straßen- und Wegegesetz NRW, was Straßenanliegergebrauch ist wird durch § 14 a Abs. 1 Straßen- und Wegegesetz NRW bestimmt.

Gemeingebrauch ist danach der Jedermann im Rahmen der Widmung und der verkehrsrechtlichen Vorschriften gestattete Gebrauch der öffentlichen Straße. Im Rahmen des Straßenanliegergebrauchs dürfen Eigentümer und Besitzer von Grundstücken, die an einer öffentlichen Straße gelegen sind, innerhalb der geschlossenen Ortslage die an die Grundstücke angrenzenden Straßenteile über den Gemeingebrauch hinaus benutzen, soweit diese Benutzung zur Nutzung des Grundstücks erforderlich ist, den Gemeingebrauch nicht dauernd ausschließt oder erheblich beeinträchtigt oder in den Straßenkörper eingreift.

Eine Sondernutzung liegt hiernach vor, wenn die Straße nicht vorwiegend zum Verkehr, sondern zu anderen – etwa gewerblichen – Zwecken benutzt wird. Dieses gilt auch dann, wenn die Beanspruchung des Straßenraums zur gewerblichen Betätigung möglicherweise nur wenig Platz und nur wenige Minuten in Anspruch genommen hat. Auch die kurzfristige gewerbliche Tätigkeit im Straßenraum nur auf einer kleinen Fläche stellt eine den Gemeingebrauch überschreitende Sondernutzung dar (vgl. OVG NRW, Urteil vom 11.06.1997 – Az.: 23 A 3171/95 - ; OVG NRW, Beschluss vom 21.10.1996 – Az.: 23 B 2966/95).

Danach ist z.B. das Aufstellen von Altkleidersammelcontainern auf und an öffentlichen Straßen eine straßenrechtliche Sondernutzung (vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 15.07.1999 – Az.: 23 B 334/99, NVwZ-RR 2000, S. 429 und 30.10.1996 – Az.: 23 B 2396/96 -, NVwZ-RR 1997, S. 384).

Keine Sondernutzung, sondern Anliegergebrauch (§ 14 a Abs. 1 Straßen- und Wegegesetz NRW) ist dem gegenüber das Aufstellen von Abfallbehältern auf dem Gehweg vor dem Grundstück zum Zwecke des Einsammelns der Abfälle, wenn dazu eine abfallrechtliche Verpflichtung besteht. Die sich hieraus kurzfristig ergebenden Behinderungen für den Fußgänger- bzw. Radfahrverkehr sind hinzunehmen. Gleichfalls als Anliegergebrauch ist nach dem VG Aachen zu betrachten, die vorübergehende Inanspruchnahme des Straßengrundstücks zum Lagern von angelieferten Waren. Dieses ist keine Mitbenutzung der Straße, sondern ein Vorgang im Zusammenhang von Zufahrt und Zugang, denn hierzu gehört nicht nur das Überqueren der Grenze zum Anliegergrundstück durch Personen oder Fahrzeuge, sondern auch das Verbringen von Gegenständen im Rahmen des üblichen.

Werden allerdings Waren im Straßenraum zum Verkauf oder zur Werbung ausgestellt, handelt es sich dabei um eine Sondernutzung.

Innerhalb dieses Rechtsrahmens ist – so das VG Aachen – das Abstellen zuvor bestellte Altpapiertonnen im öffentlichen Straßenraum vor den Grundstücken der Besteller zum Zwecke der Anlieferung als erlaubnisfreier Anliegergebrauch und noch nicht gemäß § 18 Abs. 1 S. 2 Straßen- und Wegegesetz NRW als erlaubnispflichtige Sondernutzung zu qualifizieren.

Anders ist es allerdings dann, wenn gewerbliche Altpapiertonnen von privaten Entsorgungsunternehmen im öffentlichen Straßenraum vor privaten Grundstücken aufgestellt werden, um deren Eigentümer als Kunden zu gewinnen, die Grundstückseigentümer diese Altpapiertonnen aber nicht bestellt haben. Dann liegt nach dem VG Aachen eine erlaubnispflichtige Sondernutzung vor.

Gibt es keine Erlaubnis für diese Sondernutzung, so sind die Voraussetzungen für eine Untersagungsverfügung nach § 22 S. 1 Straßen- und Wegegesetz NRW gegeben, weil das Aufstellen von nicht bestellten Abfallgefäßen die Begriffsmerkmale einer Sondernutzung i.S.d. § 18 Abs. 1 S. 1 Straßen- und Wegegesetz NRW erfüllt. Denn der gewerbliche Abfallsammler benutzt die Straße dabei im erheblichen Umfang zu Werbe- und nicht zu Verkehrszwecken, ohne dass insoweit ein Anliegergebrauch als gegeben angesehen werden kann. Eine Untersagung des Aufstellens von gewerblichen Altpapiertonnen ist dann gerechtfertigt, weil ohne eine Untersagung eine effektive „Beendigung“ dieser unerlaubten Sondernutzung nicht möglich wäre.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf Folgendes hin:

Der Beschluss des VG Aachen vom 17.06.2008 (Az.: 6 L 252/08) bietet den Städten und Gemeinden grundsätzlich eine geeignete Grundlage, um gewerbliche Abfallsammlungen aus privaten Haushaltungen zu unterbinden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass jedenfalls das VG Aachen davon ausgeht, dass eine Untersagung des Abstellens von gewerblichen Abfallgefäßen im öffentlichen Straßenraum nur dann möglich ist, wenn diese Abfallgefäße von den konkreten Grundstückseigentümern nicht bestellt worden sind.

Insoweit bleibt die Geschäftsstelle bei ihrer Empfehlung, dass den Bürgerinnen und Bürgern bzw. den Grundstückseigentümern verdeutlicht werden muss, dass insbesondere im Bereich der Altpapiererfassung und -verwertung eine Überlassung des Altpapiers an die jeweilige Stadt oder Gemeinde für den Bürger Vorteile hat, weil er dadurch seine Abfallgebühren stabil halten kann. Denn durch die Altpapierverwertung und die dadurch erzielten Erlöse können die Städte, Gemeinden und Kreise die Kosten der Abfallentsorgung teilweise finanzieren, mit der Folge, dass der Gebührenbedarf sinkt und damit auch die Abfallgebühr stabil gehalten werden kann. Damit haben die Bürgerinnen und Bürger als gebührenpflichtige Benutzer der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung es allein in der Hand, durch ihr Verhalten die Höhe der Abfallgebühr zu beeinflussen. Dieser den Bürgerinnen und Bürgern zukommende Einfluss geht verloren, wenn sie ihr Altpapier gewerblichen Altpapiersammlern übergeben und damit der Stadt oder Gemeinde entziehen. In diesem Zusammenhang haben es deshalb die Bürgerinnen und Bürger in der Hand, ihre Nebenkosten mit Blick auf die Höhe der Abfallgebühr selbst zu beeinflussen. Im Übrigen haben die Bürgerinnen und Bürger den Vorteil, dass lediglich die kommunale Altpapiererfassung eine dauerhaft sichere Entsorgungsstruktur unabhängig vom Marktpreis für die Verwertung von Altpapier gewährleistet.

Az.: II/2 31-02

ICON/icon_verband ICON/icon_staedtebau ICON/icon_recht ICON/icon_finanzen ICON/icon_kultur ICON/icon_datenverarbeitung ICON/icon_gesundheit ICON/icon_verkehr ICON/icon_bau ICON/icon_umwelt icon-gemeindeverzeichnis icon-languarge icon-link-arrow icon-login icon-mail icon-plus icon-search