Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 44/2002 vom 05.01.2002

Verwaltungsgericht Aachen zur Abrechnung von Mindestentleerungen

Das VG Aachen hat mit Urteil vom 9. 11.2001 (Az.: 7 K 819/00 – nicht rechtskräftig) entschieden, daß ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) vorliegt, wenn die Abfallgebühr nach der Entleerungshäufigkeit des Restmüllgefäßes ( sog. Entleerungshäufigkeitsmaßstaß) abgerechnet wird und in diesem Zusammenhang 8 Mindest-Entleerungen angesetzt werden, unabhängig davon ob diese tatsächlich in Anspruch genommen worden sind oder nicht.

Im wesentlichen führt das VG Aachen aus: Macht eine Gemeinde bei der Bemessung der Abfuhrgebühr die tatsächliche Entleerungshäufigkeit zur Bemessungsgrundlage für die Abfallgebühr und versieht sie die Abfallbehälter mit elektronischen Messeinrichtungen, über welche die Leerungshäufigkeit automatisiert erfasst wird, verursacht es für die Berechnung der Abfallgebühr ersichtlich keinen unterschiedlichen Aufwand, welche konkrete Entleerungszahl der Festsetzung zugrunde zu legen ist. Insoweit verhält es sich bei einem an der Leerungshäufigkeit orientierten Maßstab anders als bei einem reinen Mindestbehältermaßstab (sog. Gefäßvolumenmaßstab). Denn bei einem solchen Maßstab ist es nach dem VG Aachen bereits aus organisatorischen Gründen ausgeschlossen, einem Benutzer jede noch so kleine gewünschte Behältergröße zur Verfügung zu stellen. Hat sich demnach eine Gemeinde – so das VG Aachen - für die Abrechnung der Abfallgebühr nach der Entleerungshäufigkeit auf der Grundlage eines elektronischen Erfassungsystems entschieden, so hat sie sich selbst die Grundlage für eine - ansonsten zulässige - Pauschalierung entzogen.

Nach dem VG Aachen kann die Abrechnung der 8 Mindestentleerungen und die damit einhergehende Ungleichbehandlung der gebührenpflichtigen Benutzer auch nicht im Hinblick auf die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 5 Landesabfallgesetz NRW gerechtfertigt werden. Zwar können nach § 9 Abs. 2 Satz 5 Landesabfallgesetz NRW bei der Gebührenbemessung auch öffentliche Belange im Interesse einer geordneten Abfallentsorgung berücksichtigt werden. Der Gesichtspunkt der Vermeidung wilder Müllablagerungen durch die Abrechnung von Mindest-Entleerungen sei jedoch in diesem Zusammenhang nicht tragfähig, weil nicht erkennbar sei, daß bei Geringnutzern der Anreiz zu wilden Müllablagerungen höher sei als bei Normalnutzern. Denn bei einem Entleerungshäufigkeitsmaßstab trage grundsätzlich jede vermiedene Entleerung den finanziellen Anreiz der Abfallgebühren-Ersparnis in sich und beinhalte daher zugleich einen Anreiz zur wilden Müllablagerung.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf folgendes hin:

Das Urteil des VG Aachen verdeutlicht, daß es sich auch weiterhin empfiehlt, den reinen Gefäßvolumenmaßstab bei der Abrechnung der Abfallgebühren anzuwenden, weil insoweit anerkannt ist, daß er die Möglichkeit bietet, Anreize zur Abfallvermeidung und –verwertung im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 3 LAbfG NRW zu schaffen. Zugleich eröffnet der Gefäßvolumenmaßstab aber auch die Möglichkeit der Pauschalierung, weil aus organisatorischen Gründen nicht jedem gebührenpflichtigen Benutzer ein spezifisches Behältervolumen zugeteilt werden kann. Dieses geht bereits deshalb nicht, weil auch Arbeitschutzvorschriften im Interesse des Gesundheitschutzes für die Müllwerker einzuhalten sind. Vor diesem Hintergrund haben genauere Abrechnungssysteme die Konsequenz, das zielgenau abzurechnen ist. Dieses gilt nach dem VG Aachen z.B. für den Entleerungshäufigkeitsmaßstab mittels elektronischen Zählsystems, weil hier die Anzahl der Entleerungen ganz genau festgehalten werden können, so daß eine Abrechnung von Mindestentleerungen nicht in Betracht kommt.

Unabhängig davon ist allerdings auf folgendes hinzuweisen: Grundpfeiler einer geordneten Abfallentsorgung sind neben der Vermeidung wilder Müllablagerungen (verbotswidriger Abfallablagerungen) insbesondere die Aufrechterhaltung der Hygiene und des Seuchenschutzes. Die Aufrechterhaltung der Hygiene und des Seuchenschutzes sind daher zentrale Gesichtspunkte einer geordneten Abfallentsorgung, die als öffentliche Belange im Rahmen des § 9 Abs. 2 Satz 5 Landesabfallgesetz NRW ebenfalls zu berücksichtigen sind.

Gleichwohl besteht auch bei der Anwendung des Entleerungshäuifgkeitsmaßstabes die Möglichkeit, in der Abfallentsorgungssatzung als Benutzungsbedingung für die Abfallentsorgungseinrichtung der Gemeinde festzuschreiben, daß die Restmüllgefäße verpflichtend in einem festen Abfuhrturnus von z.B. 4 Wochen zur Abholung bereitzustellen sind. Mit einer solchen Regelung in der Abfallentsorgungssatzung kann sichergestellt werden, daß ein Abfuhrturnus von den Grundstückseigentümern einzuhalten ist, der Hygiene- und Seuchenschutz gewährleistet.

Im übrigen ist klarstellend anzumerken, daß der Gesichtspunkt der Vermeidung wilder Müllablagerungen (illegaler Abfallablagerungen) durchaus ein öffentlicher Belang im Hinblick auf eine geordnete Abfallentsorgung sein kann. Dieses hat z.B. das VG Düsseldorf mit Urteil vom 23.04.1997 (Az.: 16 K 7669/96) anerkannt. Nach dem VG Düsseldorf sind durchaus Fälle denkbar, bei denen von der verbindlichen Vorgabe Anreize zur Abfallvermeidung und -verwertung durch die Gebührenbemessung zu schaffen (§ 9 Abs. 2 Satz 3 LAbfG NRW) abgewichen werden kann. Das VG Düsseldorf nimmt einen solchen Fall etwa dann an, wenn anderenfalls hochrangige Rechtsgüter z.B. eine geordnete Abfallentsorgung insbesondere der Schutz der Umwelt vor wilden Müllablagerungen auf Dauer stark in Mitleidenschaft gezogen werden (vgl. hierzu auch: Queitsch in: Lenz/Queitsch/Schneider/ Stein/Thomas, Kommunalabgabenrecht für das Land Nordrhein-Westfalen, Loseblatt-Kommentar, § 6 Rz. 42). Weiterhin ergibt sich auch aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.12.2000 (Az. 11 C 7.00, NWVBl 2001, S. 255, S. 258), daß eine Gemeinde ein verantwortungsbewußtes Verhalten der Abfallbesitzer nicht zwingend durch einen behördlichen "Überwachungsdruck", d.h. durch ordnungsrechtliche Regelungen in der Abfallentsorgungssatzung sicherstellen muß. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht anerkannt, daß auch mit der Abfallgebühr lenkende Einflüsse auf die gebührenpflichtigen Benutzer ausgeübt werden können. Im Hinblick auf eine geordnete Abfallentsorgung ist es aber bei der Entleerung von Restmüllgefäßen auf jeden Fall sinnvoll, einen grundsätzlichen Pflicht-Abfuhrturnus in die Abfallentsorgungssatzung

aufzunehmen, welcher grundsätzlich von allen gebührenpflichtigen Benutzern einzuhalten ist.

Az.: II/2 33-10 qu/g

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