Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 362/2004 vom 20.04.2004

Verwaltungsgericht Aachen zu Mindest-Restmüllvolumen

Das VG Aachen hat sich in drei Urteilen vom 19. März 2004 (Az.: 7 K 1342/01, 7 K 1252/01 und 7 K 1282/01) mit der Festlegung von Mindest-Restmüllvolumen pro Person und Woche auseinandergesetzt. Die Urteile des VG Aachen sind nicht rechtskräftig. Das VG Aachen entschied, dass das von der beklagten Stadt festgelegte Mindest-Restmüllvolumen pro Person und Woche von 7,5 l nicht schlüssig und nicht nachvollziehbar sei. Deshalb verstoße die satzungsrechtliche Regelung zum Mindest-Restmüllvolumen gegen § 9 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz Landesabfallgesetz NRW (LAbfG NRW). Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz LAbfG NRW sei eine Stadt/Gemeinde zwar ermächtigt, in den Satzungen für einzelne Abfallfraktionen ein bestimmtes Mindest-Behältervolumen vorzuschreiben. Es müsse aber nach § 9 Abs. 1 Satz 3 2.Halbsatz LAbfG NRW darauf geachtet werden, dass die Anreizfunktion der Gebührenbemessung nach § 9 Abs. 2 Satz 3 Landesabfallgesetz NRW nicht unterlaufen werde. Dieser gesetzlichen Vorgabe, Anreize zur Abfallvermeidung und –verwertung über die Gebührenbemessung zu schaffen, werde – so das VG Aachen – im konkreten Fall nicht Rechnung getragen.

Maßgeblich stellt das VG Aachen darauf ab, dass bei der Festlegung eines Mindest-Restmüllvolumens pro Person und Woche bezogen auf das konkrete Stadtgebiet schlüssig und nachvollziehbar dargelegt werden muss, aufgrund welcher Ermittlungen das Mindest-Restmüllvolumen ermittelt worden ist. Nicht ausreichend zur Begründung eines Mindest-Restmüllvolumens sei der bloße Hinweis auf Volumenwerte, die zuvor von anderen Städten und Gemeinden im Lande angesetzt worden bzw. von den Verwaltungsgerichten schon einmal rechtlich unbeanstandet geblieben seien. Derartige Werte sind – so das VG Aachen – nicht tragfähig, selbst wenn man unterstellt, dass die dort gefundenen Werte zuvor im Wege einer nachvollziehbaren Berechnung ermittelt und nicht ihrerseits schlicht Abfallentsorgungssatzungen anderer Kommunen entnommen worden sind. Dieses folge daraus, dass sich die landesweiten Abfalldaten, insbesondere die Restmüllmengen pro Einwohner, von Kommune zu Kommune wegen der Vielzahl unterschiedlicher Einflussfaktoren so stark unterscheiden würden, dass sich Verallgemeinerungen und die Übertragung von Zahlen auf andere Städte und Gemeinden verbieten würden.

Im konkreten Fall kritisiert das VG Aachen, dass die beklagte Stadt bei der Festlegung des Mindest-Restmüllbehältervolumens nicht berücksichtigt habe, dass der Anteil der Bioabfälle an der Gesamtabfallmenge ca. 35 % betrage. Dieses habe die beklagte Stadt im Januar 1998 selbst an alle Grundstückseigentümer schriftlich mitgeteilt. Bei der Festlegung des Mindest-Restmüllvolumens pro Person und Woche sei nur von der Restmüllmenge von 158,6 kg/Einwohner und Jahr ausgegangen worden. Bei einer angenommenen und nicht beanstandeten Schüttdichte von 0,25 t/cbm habe sich hieraus ein Wert von 12,2 l pro Einwohner/Woche ergeben. Hiervon habe die beklagte Stadt noch einmal einen Gewerbemüllanteil von 3 l abgezogen, so dass sich ein Mindest-Restmüllvolumen von 9,2 l pro Einwohner und Woche ergeben habe. In der Satzung habe die Gemeinde zwar nur ein Mindest-Restmüllvolumen von 7,5 l pro Person und Woche festgelegt. Gleichwohl hätte von den ermittelten 9,2 l pro Person/Woche ein Abzug des 35%igen Bioabfallanteils erfolgen müssen. Hiernach ergebe sich ein Mindest-Restmüllvolumen von 5,98 l pro Person und Woche. Selbst mit diesem Wert ist nach dem VG Aachen bezogen auf die konkrete Stadt noch nicht der untere Bereich dessen erreicht, was durch die Vermeidung, Verwertung und Trennung von Abfällen möglich sei. Würden weitere Einflussgrößen zusätzlich berücksichtigt (z.B. das Konsumverhalten, der Grad der Bereitschaft die Vorgaben des Abfallrechts, insbesondere der Kreislaufwirtschaft zu erfüllen, die Struktur des Wohngebiets, die konkrete Wohnsituation, die Zusammensetzung der Haushalte, das Alter und der Grad der Anwesenheit der Bewohner, das konkrete Abfalltrennungsverhalten), so würden bei einem Zusammentreffen mehrerer dieser entlastenden Einflussgrößen der gefundene Wert von 5,98 l pro Einwohner und Woche noch deutlich unterschritten werden können, weil weitere Abfallmengen wegfallen würden, die in den Durchschnittswert von 9,2 l pro Einwohner und Woche eingeflossen seien.

Die Geschäftsstelle weist anmerkend auf folgendes hin:

Zutreffend geht das VG Aachen davon aus, dass ein Mindest-Restmüllvolumen pro Person und Woche auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Satz 3 Landesabfallgesetz NRW konkret für das jeweilige Gemeindegebiet festzulegen ist und Mindest-Restmüllvolumina anderer Städte und Gemeinden nicht schlichtweg übernommen werden können. Weiterhin ist auch zutreffend, dass die Festlegung eines Mindest-Restmüllvolumens pro Person und Woche schlüssig und nachvollziehbar dargelegt können werden muss, wobei allerdings die Vorlage eines Gutachtens nicht erforderlich ist. Gleichwohl kann eine pauschale Berücksichtigung der Bioabfallmengen an der Gesamtabfallmenge im Rahmen der Festlegung des Mindest-Restmüllvolumens pro Person/Woche (auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit der Eigenkompostierung) nicht generell zutreffend sein. Dieses gilt jedenfalls in den Fällen, in denen wie bei der beklagten Stadt überhaupt keine Biotonne eingeführt worden ist und damit auch die Bioabfälle über das Restmüllgefäß entsorgt werden. Hinzu kommt, dass nicht schlichtweg der pauschale Anteil von 35 % Bioabfällen an der gesamten Restmüllfraktion angesetzt werden kann, zumal nicht sämtliche Bioabfälle zwingend über eine Biotonne oder im Rahmen der Eigenkompostierung einer Verwertung zugeführt werden müssen. Besteht z.B. die Vorgabe des Landkreises, dass im Rahmen der Bioabfallerfassung und –verwertung keine ungekochten Fisch- und Fleischreste und keine gekochten Speisereste einer Biotonne zugeführt werden dürfen, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesamtanteil der Bioabfälle an der gesamten Restmüllmenge 35 % beträgt, weil bei dieser Erfassungsvorgabe des Landkreises ungekochte Fisch- und Fleischreste und gekochte Speisereste zwingend dem Restmüllgefäß zuzuführen sind und auch nicht der Eigenkompostierung zugeführt werden dürfen. Die vorstehende Maßgabe der Entsorgung von ungekochten Fisch- und Fleischresten und gekochten Speiseresten als Bioabfälle über die Restmülltonne ist auch deshalb empfehlenswert, weil anderenfalls im Rahmen der Eigenkompostierung Gefahrentatbestände durch Siedlungsungeziefer (z.B. Ratten) hervorgerufen werden können.

Schließlich hat das OVG NRW (Urteil vom 28.11.1994 – Az.: 22 A 3036/93 -, NWVBl. 1995, S. 308g.; OVG NRW, Beschluss vom 17.11.1994 – Az.: 22 A 438/94) bislang entschieden, dass bei der Festlegung von Mindest-Restmüllvolumen pro Person und Woche auch Reserven für unvorhergesehene Situationen berücksichtigt werden können, in denen mehr Abfall anfällt (z.B. Festlichkeiten, Wohnungsrenovierungen). In dieser Hinsicht geht es vor allem darum, ein Mindest-Restmüllvolumen pro Person/Woche festzulegen, welches nicht dazu führt, dass regelmäßig Abfallsäcke zugekauft werden müssen oder die Abfallgefäße ständig überfüllt oder der Abfall in den Restmüllgefäßen verdichtet wird, damit das Gefäßvolumen noch ausreicht. Es liegt hier im Interesse einer geordneten auf Seuchenschutz und Hygiene ausgerichteten Abfallentsorgung, dass Abfallgefäße zugeteilt werden, die ausreichend bemessen sind, zumal überfüllte Abfallgefäße, deren Inhalt auf die Straße fällt, Siedlungsungeziefer (z.B. Ratten) anlockt. Vor diesem Hintergrund wird abzuwarten sein, welche Bewertung durch das OVG NRW erfolgen wird.

Az.: II/2 33-10 qu/g

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