Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 712/2000 vom 05.12.2000

Verpflichtung zum Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage

Aufgrund mehrerer Anfragen von Städten und Gemeinden weist die Geschäftsstelle nochmals auf folgende Rechtslage hin:

Das Bundesverwaltungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung – zuletzt mit Beschluss vom 19.12.1997 (8 B 234/97, abgedruckt im Rechtsprechungsband der Abwasserberatung NRW, Band II, Stand Januar 2000, Nr. 13. S. 503 ff.) klargestellt, dass das Eigentumsrecht eines Eigentümers, der auf seinem Grundstück eine private Kleinkläranlage oder abflusslose Grube betreibt, von vornherein dahin eingeschränkt ist, dass er diese Anlage nur so lange benutzen darf, bis die Gemeinde von der ihr gesetzlich zustehenden Befugnis Gebrauch macht, die Abwasserbeseitigung im öffentlichen Interesse in ihre Verantwortung zu übernehmen und dann den Anschluss- und Benutzungszwang an die leitungsgebundene gemeindliche Abwasseranlage anordnet. Kleinkläranlagen und abflußlose Gruben sind nach der Rechtsprechung daher nur ein Provisorium bis ein Kanal vor dem konkreten Grundstück liegt. Ohne die provisorische Lösung der Abwasserentsorgung über eine Kleinkläranlage oder abflußlose Grube könnte ein konkretes Grundstück anderenfalls nicht bebaut werden, weil es dann abwassertechnisch nicht erschlossen wäre, mit der Folge, daß eine Bebauung des Grundstücks baurechtlich unzulässig wäre.

Der durch die gemeindliche Entwässerungssatzung begründete Zwang, Grundstücke an die öffentliche Abwasseranlage anzuschließen und diese zu benutzen, ist nach dem Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich auch kein Eingriff in das Eigentum eines Grundstückseigentümers (Art. 14 GG), sondern bedeutet für den betroffenen Grundstückseigentümer eine zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken seines Grundeigentums. Diese Beschränkung ist durch die Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 GG) gerechtfertigt.

Für besondere Ausnahmefälle, in denen die Ausübung des Anschluss- und Benutzungszwangs mit Blick auf Art. 14 GG und das Verhältnismäßigkeitsgebot zu unbilligen Härten führt, kann nach dem Bundesverwaltungsgericht in der Entwässerungssatzung die Möglichkeit der Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang vorgesehen werden. Es ist aber zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des OVG NRW in Münster selbst Anschlusskosten bis zu 50.000,00 DM für den Anschluss eines Grundstückes an die gemeindliche Kanalisation von einem Grundstückseigentümer noch hinzunehmen sind und nicht unverhältnismäßig, d.h. unzumutbar sind (vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 18.06.1997 - 22 A 1406/96 -, Städte- und Gemeinderat 1997, S. 284; OVG NRW, Urteil vom 02.07.1997 - 22 A 1331/96 -, Städte- und Gemeinderat 1997, S. 259).

Hintergrund der ständigen Rechtsprechung ist insbesondere, dass die Errichtung einer öffentlichen Kanalisation mit Anschluss- und Benutzungszwang seit langem zu den von den Gemeinden aus Gründen des Allgemeinwohls (insbesondere der Volksgesundheit) gesetzlich zugewiesenen Aufgaben gehört. Schutzgut der öffentlichen Abwasserbeseitigung ist die Sauberkeit des Grundwassers im Interesse des Allgemeinwohls zu erhalten. Der durch die Entwässerungssatzung angeordnete Zwang, Grundstücke an die öffentliche Kanalisation anzuschließen und die gemeindliche Abwassereinrichtung zu benutzen, dient der Sicherung dieses Schutzgutes. Durch den Anschluss- und Benutzungszwang lässt sich nach dem Bundesverwaltungsgericht mit größtmöglicher Sicherheit eine Verunreinigung des Grundwassers durch Abwässer ausschließen. Ein Verzicht auf dieses Maß an Sicherheit führt bereits nach dem Bundesverwaltungsgericht zu einer dem Allgemeinwohl widersprechenden Gefährdung des Schutzgutes.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass sich nach dem Bundesverwaltungsgericht auch aus Artikel 20 a GG (Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen) nicht ableiten lässt, dass der Grundstückseigentümer, der eine private Kläranlage oder abflusslose Grube betreibt, vom Anschluss- und Benutzungszwang hinsichtlich einer öffentlichen Entwässerungsanlage zwingend zu befreien ist. Dies folgt bereits daraus, dass Art. 20 a GG einen solchen Anspruch zugunsten des Grundstückseigentümers nicht begründet. Ebenso kann aus § 18 a WHG ein Grundstückseigentümer keinen Anspruch auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang an die gemeindliche Abwasseranlage herleiten, wenn er auf seinem Grundstück eine Kleinkläranlage oder abflusslose Grube betreibt. Zwar ist in § 18 a Abs. 1 Satz 2 WHG bestimmt, dass auch die Beseitigung von häuslichem Abwasser durch dezentrale Anlagen dem Wohl der Allgemeinheit entsprechen kann. Diese Regelung ist nach dem Bundesverwaltungsgericht aber lediglich an die Gemeinde gerichtet und eröffnet den Gemeinden mehr Spielraum für die Optimierung ihrer Entsorgungskonzepte. Die Vorschrift des § 18 a Abs. 1 Satz 2 WHG zwingt die Gemeinden nach dem Bundesverwaltungsgericht aber nicht, von der Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs an die bestehende zentrale Abwasserbeseitigungsanlage abzusehen. Insbesondere begründet § 18 a Abs. 1 Satz 2 WHG keinen Anspruch des Grundstückseigentümers auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang an das gemeindliche Kanalnetz.

Az.: II/2 24-30

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