Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 464/1998 vom 20.08.1998

Vergleich der Verschuldung von Land und Kommunen

Das Finanzministerium NW hat im Rahmen der Vorstellung des Haushaltsentwurfes 1999 insbesondere Nettokreditaufnahme, Zinsausgaben und Gesamtverschuldung von Land und Kommunen miteinander verglichen und als Beleg für die angeblich im Vergleich zum Land bessere Haushaltslage der Kommunen herangezogen. Für 1997 werden beispielsweise folgende Zahlen angeführt:

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Nettokreditaufnahme Zinsausgaben Gesamtverschuldung

</DIR> </DIR>

Land 9,4 Mrd. DM 8,0 Mrd. DM 136,7 Mrd. DM

Gemeinden 1,2 Mrd. DM 3,5 Mrd. DM 50,7 Mrd. DM

Diese Darstellungen halten einer kritischen Betrachtung nicht stand. Hierzu ist im einzelnen folgendes anzumerken:

1. Unvollständigkeit der vom Finanzministerium vorgelegten Daten

a) Nettokreditaufnahme

Die Angaben über die Nettokreditaufnahme der Kommunen stammen aus der kommunalen Kassenstatistik. Sie beziffern betragsmäßig korrekt die Differenz von Schuldenaufnahme und Schuldentilgung am Kreditmarkt, und zwar bezogen auf die berichtspflichtigen Kernhaushalte. Nicht enthalten sind in diesen Angaben jedoch die Kassenkredite. Diese werden im Haushalt nicht als Einnahme veranschlagt, lediglich die hierfür gezahlten Zinsen sind im EP 9 des Verwaltungshaushaltes verbucht. Da es für die Kassenkredite keine Gruppierungsziffer gibt, tauchen sie auch nicht in der Kassenstatistik auf.

Im Gesamtbetrag der kommunalen Nettokreditaufnahme von 1,2 Mrd. DM in 1997 nach der Kassenstatistik sind weiterhin nicht enthalten die Nettokreditaufnahme der Eigenbetriebe ohne eigene Rechtspersönlichkeit und der Ausgliederungen mit eigener Rechtspersönlichkeit. Aber auch diese sind einzubeziehen, wenn man die kommunale Kreditaufnahme insgesamt bewerten will.

b) Zinsausgaben

Auch diese Angaben stammen aus der Kassenstatistik und beziehen sich nur auf die Zinsausgaben der Kernverwaltungen, hier allerdings sowohl bezogen auf Kassenkredite als auch auf Kredite zur Finanzierung der Vermögenshaushalte.

Statistische Daten über die Zinsausgaben der Eigenbetriebe bzw. die Ausgliederungen mit eigener Rechtspersönlichkeit fehlen jedoch auch hier.

c) Schuldenstand

Diese Angaben stammen aus der Statistik "Öffentliche Verschuldung in Nordrhein-Westfalen" und beziehen sich auf die Schuldenstände von Kernverwaltungen, Zweckverbänden, kommunalen Eigenbetrieben ohne Rechtspersönlichkeit und kommunalen Krankenhäusern. Nicht enthalten sind in diesen Angaben die Kassenkredite. Diese sind – quasi als permanente Überziehungskredite – hinzuzurechnen. Der Sockelbetrag der Kassenkredite bezieht sich auf die Finanzierung der aufgelaufenen Fehlbeträge der Verwaltungshaushalte (derzeit ca. 3,3 Mrd DM ), hinzu kommt dann noch der Teil der Kassenkredite, der für Umschuldungen aufgenommen wurde.

Die Verschuldung der kommunalen Ausgliederungen mit eigener Rechtspersönlichkeit wird auch hier nicht einbezogen.

d) Ergänzungsbedürftigkeit des vom Finanzministerium vorgelegten Datenmaterials

Die vom Finanzministerium vorgelegten Daten sind demnach nicht vollständig. Für eine Gesamtschau der kommunalen Verschuldungssituation wären folgende Aspekte einzuarbeiten:

- Die Angaben über die Nettokreditaufnahme sind um eine Darstellung der neu aufgenommenen und bislang nicht abgelösten Kassenkredite zu ergänzen, welche insbesondere der Vorfinanzierung von Haushaltsfehlbeträgen dienen. Weiterhin sind die Nettokreditaufnahmen der Eigenbetriebe und Zweckverbände sowie der Ausgliederungen mit eigener Rechtspersönlichkeit in die Gesamtbetrachtung der kommunalen Neuverschuldung einzubeziehen.

- Die Angaben über die Zinsausgaben sind ebenfalls in Bezug auf die Eigenbetriebe und Zweckverbände sowie auf die Ausgliederungen mit eigener Rechtspersönlichkeit zu ergänzen.

- Der angegebene Schuldenstand ist ebenfalls unvollständig, er erfaßt weder die Kassenkredite noch die Schulden der Ausgliederungen mit eigener Rechtspersönlichkeit.

Die Geschäftsstelle ist derzeit bemüht, diese fehlenden Daten zu erlangen. Sobald diese vorliegen, werden wir hierüber berichten. Fraglich ist allerdings derzeit, ob es gelingen wird, die für die Ausgliederungen mit eigener Rechtspersönlichkeit fehlenden Daten kurzfristig zu ermitteln, da insoweit bislang keine Statistiken veröffentlicht wurden.

2. Methodische Ungeeignetheit der kommunalen Kreditaufnahme als Indikator der

haushaltswirtschaftlichen Situation der Kommunen im Vergleich zum Land

Darüber hinaus stellt sich die grundsätzliche Frage, ob der Vergleich von kommunaler und staatliche Verschuldung überhaupt methodisch korrekt einen Vergleich der haushaltswirtschaftliche Lage von Land und Kommunen zuläßt. Dies ist aus zwei Gründen zu verneinen:

a) Zunächst einmal sind kommunale Kredite nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften grundsätzlich nur für Investitionen zulässig. Kassenkredite sind nur als Liquiditätshilfe vorgesehen. Das Land kennt demgegenüber keine Differenzierung zwischen konsumptiven und investiven Krediten, da das Land nicht zwischen Verwaltungs- und Vermögenshaushalt differenziert.

b) Vor allem aber läßt eine niedrige kommunale Kreditaufnahme überhaupt nicht den Schluß zu, daß die betreffende Kommune haushaltswirtschaftlich besonders gut dasteht. Im Gegenteil: Da Kreditaufnahmen nur insoweit zulässig sind, als die Verwaltungshaushalte die Erwirtschaftung von Tilgung und Kreditbeschaffungskosten darstellen können, ist eine niedrige Kreditaufnahme – bei gleichzeitig flächendeckend hohem kommunalen Investitionsbedarf – vielmehr ein Indikator für eine besonders angespannte kommunale Haushaltslage. Die Gegenüberstellung von Nettokreditaufnahme des Landes und der Kommunen ist daher schon grundsätzlich kein geeignetes Instrument, um die haushaltswirtschaftliche Situation von Land und Kommunen miteinander zu vergleichen.

Az.: IV/1-903-00/1

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