Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 716/2021 vom 06.12.2021

Vergaberecht: Leihfahrradsystem in Hannover muss ausgeschrieben werden

Das Oberlandesgericht Celle hat mit Beschluss vom 24.11.2021 (Az.: 13 Verg 9/21) entschieden, dass die Großraum-Verkehr Hannover GmbH (GVH) ihr Interesse an der Etablierung eines Leihfahrradsystems im Rahmen eines Vergabeverfahrens hätte kundtun müssen. Mithin ist der bereits abgeschlossene Vertrag unwirksam und muss daher im Rahmen eines Vergabeverfahrens neu ausgeschrieben werden. Der Beschluss des OLG Celle ist rechtskräftig.

Seit diesem Sommer stehen in Hannover rund 1.000 Leihfahrräder unter dem Namen "sprintRAD" zur Verfügung. Wie das OLG erläutert, hat der Anbieter dafür einen Vertrag mit der GVH geschlossen. Danach stehen die Fahrräder Abonnement-Kunden der GVH für 30 Minuten kostenlos zur Verfügung. Zudem darf die GVH auf den Fahrrädern Werbung platzieren. Diesen Vertrag hatte die GVH geschlossen, ohne ein geregeltes Vergabeverfahren durchzuführen und dabei ihr Interesse vorab bekannt zu machen. Hiergegen wandte sich ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn, das selbst daran interessiert ist, als Partner der GVH ein Leihfahrradsystem in Hannover zu betreiben.

Vertrag ist unwirksam

Bereits die Vergabekammer Niedersachsen hatte festgestellt, dass der aktuelle Vertrag unwirksam ist und die GVH ein reguläres Vergabeverfahren hätte durchführen müssen. Dies hat das OLG Celle jetzt bestätigt und die hiergegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen. Bevor ein öffentlicher Auftraggeber beispielweise Dienstleistungen in Auftrag gebe, Bauverträge schließe oder Arbeitsmittel einkaufe, müsse er bei höherwertigeren Aufträgen ein europaweites Vergabeverfahren durchführen. Damit solle möglichst vielen Interessenten die Gelegenheit gegeben werden, eigene Angebote abzugeben, um wirtschaftliche und wettbewerbsgerechte Bedingungen sicherzustellen, so das OLG.

Reguläres Vergabeverfahren muss durchgeführt werden

Von einem solchen Vergabeverfahren habe die GVH hier nach der Entscheidung des Vergabesenats nicht absehen dürfen. Obwohl der Vertrag als Vereinbarung über "Sponsoring" bezeichnet war, bezwecke er letztlich die Beschaffung von Dienstleistungen. Die GVH sollte eine Vergütung dafür zahlen, dass die Fahrräder von ihren Kunden teilweise unentgeltlich genutzt werden können und sie dort werben darf. Sie habe auch nicht aufgezeigt, dass von vornherein keine anderen Vertragspartner in Betracht gekommen wären. Die an dem Auftrag interessierte Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn werbe gerade damit, bereits in über 50 Städten Deutschlands Leihfahrradsysteme zu betreiben. Sie habe vorgetragen, ein solches kurzfristig auch in Hannover einrichten zu können. Soweit die GVH an ihrer Absicht festhalte, mit dem Betreiber eines Leihfahrradsystems zu kooperieren, müsse sie dies in der Konsequenz dieser Entscheidung in einem regulären Vergabeverfahren ausschreiben.

Anmerkung

Die Entscheidung bestätigt, dass bei potentiellen Beschaffungsentscheidungen der öffentlichen Hand grundsätzlich eine sorgfältige Einzelfallprüfung durchzuführen ist. Immer dann, wenn für eine Leistung ein Entgelt gezahlt wird, liegt der Abschluss eines ausschreibungspflichtigen öffentlichen Auftrags nahe. Hieran ändert auch die Bezeichnung der Vertragsbeziehung als „Sponsoringvertrag“ nichts. Bei Auftragsvergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte stellen die Nachprüfungsinstanzen im Zweifel die Unwirksamkeit eines bereits abgeschlossenen Vertrages mit der Konsequenz fest, dass der Auftrag neu ausgeschrieben werden muss.

Az.: 21.1.1.3-003/010 we

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