Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 762/2013 vom 07.10.2013

Verfassungsgerichtshof Bayern zu Konzentrationsflächen für Windkraftanlagen

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat am 27.09.2013 eine Popularklage gegen die Änderung von drei Landschaftsschutzverordnungen (Würmtal, Kreuzlinger Forst, Westlicher Teil des Landkreises Starnberg) zur Ermöglichung von Konzentrationsflächen für Windkraftanlagen abgewiesen. Der VerfGH konnte insbesondere keinen Verstoß gegen das Willkürverbot aus Art. 118 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung feststellen (Az.: Vf. 15-VII-12).

Die Antragsteller wendeten sich gegen die Änderung von drei Landschaftsschutzverordnungen (Würmtal, Kreuzlinger Forst, Westlicher Teil des Landkreises Starnberg), durch die die Ausweisung von Konzentrationsflächen zur Errichtung von Windkraftanlagen in diesen Landschaftsschutzgebieten als Ausnahme vom Veränderungsverbot ermöglicht wird. Sie rügten insbesondere einen Verstoß gegen das Willkürverbot aus Art. 118 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung (BV). Der Verordnungsgeber habe die Auswirkungen von Windkraftanlagen, unter anderem die Gefahren für Vögel und Fledermäuse, nicht ausreichend ermittelt oder unvertretbar bewertet.

Sein Abstellen auf die geringen Flächenanteile innerhalb der einzelnen Schutzgebiete sei als Maßstab offensichtlich ungeeignet, weil es um Objekte von gewaltiger Höhe mit Fernwirkung gehe. Mit sachfremder Begründung weise er eine Beeinträchtigung des Erholungsgebiets und der Waldflächen zurück. Unvertretbar sei ferner die Feststellung, dass die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts durch die Errichtung der Anlagen nicht beeinträchtigt werde. Zudem hätte der Verordnungsgeber den Flächenbedarf für Windkraftanlagen landesweit ermitteln und bewerten müssen.

Änderung nicht willkürlich

Der VerfGH hat die Popularklage abgewiesen. Der Verordnungsgeber habe davon ausgehen können, dass die Änderung der Landschaftsschutzverordnungen gemäß § 26 Abs. 1 BNatSchG erforderlich ist. Dem stehe nicht entgegen, dass eine landes- oder gar bundesweite Ermittlung und Bewertung des Flächenbedarfs für Windkraftanlagen fehle und vorrangig wäre. Laut VerfGH ergibt sich weder aus bundesrechtlichen noch aus landesrechtlichen Vorschriften das Gebot, auf Flächen in Landschaftsschutzgebieten erst dann zurückzugreifen, wenn nicht außerhalb dieser Gebiete auf dafür geeigneten Flächen eine ausreichende Energiemenge erzeugt werden kann.

Zonierung innerhalb der Landschaftsschutzgebiete

Außerdem würde ohne Änderung der Verordnungen § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, der die Nutzung der Windenergie im Außenbereich privilegiere, im Landkreis Starnberg praktisch leerlaufen, weil mehr als 71% des Landkreisgebiets unter Schutz gestellt seien, so der VerfGH weiter. § 22 Abs. 1 Satz 3 BNatSchG erlaube auch die vorliegend vom Verordnungsgeber gewählte Zonierung, wonach bestimmte Zonen innerhalb des jeweiligen Landschaftsschutzgebiets für die Windenergienutzung freigegeben würden, es aber im Übrigen beim bisherigen Schutz bleibe. Es sei auch nicht erkennbar, dass die kommunale Bauleitplanung zwangsläufig scheitern müsste, weil die Konzentrationsflächen für die Nutzung der Windkraft völlig ungeeignet wären. Dem stehe nicht entgegen, dass wegen einer (möglichen) Beeinträchtigung landesplanerischer, sicherheits- oder luftverkehrsrechtlicher Belange die Errichtung von Windkraftanlagen nicht an jedem Standort auf den von den Gemeinden ausgewählten Konzentrationsflächen in Betracht kommen möge.

Verletzung des Abwägungsgebots

Der VerfGH kann auch keine willkürliche Verletzung des Abwägungsgebots erkennen. Zwar dürfen die Verkleinerung von Schutzgebieten oder sonstige Einschränkungen des Schutzstandards nicht dazu führen, dass der mit der Unterschutzstellung verfolgte Zweck nicht mehr gewahrt wird. Davon könne hier aber schon im Hinblick auf die gewählte Regelungstechnik nicht ausgegangen werden. Der Verordnungsgeber verändere den Umfang der Schutzgebiete nicht, sondern grenze nur für bestimmte Flächen Bereiche ab, in denen die Errichtung von Windkraftanlagen zugelassen werde. Hinzu komme ein verhältnismäßig geringer flächenmäßiger Umfang der ausgewählten Zonen in Bezug auf die Größe des jeweiligen Schutzgebiets.

Flächenprüfung und -bewertung

Soweit die Beschlussvorlagen des Landkreises den Hinweis enthielten, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts werde anerkanntermaßen durch die Errichtung von Windkraftanlagen nicht beeinträchtigt, habe sich der Normgeber entgegen der — missverständlichen — Formulierung in verfassungsrechtlich genügender Weise mit diesem Belang befasst, führt der VerfGH weiter aus. Denn er habe zunächst rechtsverbindlich festgesetzte Naturschutzgebiete, europäische Vogelschutzgebiete und Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung sowie weitere für die Artenvielfalt bedeutsame Gebiete aus dem Kreis der Flächen ausgeschieden, die für eine Nutzung der Windenergie in Betracht kommen.

Anschließend habe er die grundsätzlich geeigneten Konzentrationsflächen einer vorläufigen speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung unterworfen, um negative Auswirkungen auf die Habitate gefährdeter Tier- und Pflanzenarten zu erkennen. Ebenfalls berücksichtigt habe der Normgeber, dass nahezu der gesamte Waldbestand in zwei von drei Landschaftsschutzgebieten einer Bannwaldverordnung unterliege. Die Voraussetzungen einer Rodungserlaubnis habe er bei einer gleichwertigen Ersatzaufforstung ohne nachteilige Beeinträchtigung des regionalen Klimas für möglich gehalten. Die die weiteren Funktionen der Wälder betreffenden Fragen sowie notwendige Schadensvermeidungs- und Ausgleichmaßnahmen habe er im Hinblick auf die Standortwahl willkürfrei dem Einzelgenehmigungsverfahren vorbehalten können. [Quelle: beck-aktuell-Redaktion, Verlag C.H. Beck, 30. September 2013]

Az.: II gr-ko

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