Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 441/2001 vom 05.07.2001

Urteil zu Marktpreisen für Müllverbrennungsanlagen

Das Oberverwaltungsgericht NRW (OVG NRW) hat mit Urteil vom 05. April 2001 (Az.: 9 A 1795/99 entschieden, daß die Leistung der Verbrennung von Abfällen zur Beseitigung grundsätzliche keine marktgängige Leistung ist. Ausgangspunkt war, daß die beklagte Stadt ihrer MVA GmbH ein Benutzungsentgelt zahlte, welches vom Kläger als zu hoch angegriffen wurde. Dem Benutzungsentgelt lag – so das Gericht - eine Vereinbarung über einen sog. Selbstkostenfestpreis (§ 6 Abs. 1 der Verordnung PR-Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen in der Fassung vom 13. Juni 1989 , BGBl. I S. 1094 - VO PR 30/53 -) zugrunde. Entgegen der Ansicht der Verwaltungsgerichtes Köln und des Klägers verstieß die Vereinbarung eines Selbstkostenfestpreises im Jahr 1991 - so das OVG NRW - nicht gegen § 1 Abs. 1 VO PR 30/53 i.V.m. § 4 VO PR 30/53. Danach sei bei der Vereinbarung von Preisen für Leistungen aufgrund öffentlicher Aufträge zwar grundsätzlich Marktpreisen gem. § 4 VO PR 30/53 der Vorzug vor Selbstkostenpreisen gem. § 5 bis 8 der VO PR 30/53 zu geben. Nach § 4 Abs. 1 VO PR 30/53 dürften dabei für marktgängige Leistungen die im Verkehr üblichen preisrechtlich zulässigen Preise nicht überschritten werden.

Der Vertrag zwischen der Stadt und MVA GmbH betrifft nach dem OVG NRW aber keine marktgängige Leistung. Marktgängigkeit der Leistung setze voraus, daß für die angebotene und nachgefragte Leistung ein Markt bestehe. Dieses setze weiter voraus, daß entweder mehrere Anbieter oder mehrere Nachfrager am Markt vorhanden seien. Ein Markt im Sinne der Preisvorschriften existiere nicht, wenn einem Anbieter nur ein Nachfrager gegenüberstehe (vgl. auch Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfung, 6. Auflage, § 4 VO PR 30/53, Rdz. 47).

Eine solche Fallgestaltung lag nach dem OVG NRW in dem entschiedenen Fall nicht vor.

Für die Frage der Marktgängigkeit der Leistungen sei auf den gesamten Leistungsumfang abzustellen. Die Entscheidung der beklagten Stadt, den gesamten von ihr zu entsorgenden Abfall in einer ortsnah betriebenen Müllverbrennungsanlage als Paket entsorgen zu lassen, sei dem Organisationsermessen der Stadt zuzuordnen. Anhaltspunkte dafür, daß die beklagte Stadt ihr diesbezügliches Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe, seien nicht erkennbar. Für die Entscheidung der Stadt spreche allein schon der praktische Gesichtspunkt, daß der gesamte Anfuhrbetrieb auf einen Ort konzentriert werden könne und ein aus ökologischen Gründen unerwünschter Mülltourismus über weite Strecken vermieden werde. Für den Großauftrag der beklagten Stadt von ca. 100.000 t Abfall pro Jahr hätten rein theoretisch zwei Müllverbrennungsanlagen, rein praktisch aber nur eine Müllverbrennungsanlage, namentlich die in der beklagten Stadt, zur Verfügung gestanden. Wie sich aus dem Abfallentsorgungsplan für den Regierungsbezirk Köln (Stand: Januar 1992, Amtsblatt für den Regierungsbezirk Köln 1992, S. 256) und aus dem Abfallentsorgungsplan für den Regierungsbezirk Köln (Stand: Januar 1996 , Amtsblatt für den Regierungsbezirk Köln 1996, S. 191) ergebe, existierten im Kalkulationsjahr 1996 nur zwei Müllverbrennungsanlagen im Regierungsbezirk. Das eine war die MVA Leverkusen mit einer Durchsatzleistung von 166.200 t/Jahr, das andere war der gerade angelaufene Betrieb der MVA Bonn mit einer festgelegten Kapazität von 180.000 t/Jahr. Wie sich aus dem Abfallentsorgungsplan für den Regierungsbezirk Köln (Stand. Januar 1996, Band 2, S. 33) ergebe, hatte sich bis zum Jahr 1996 an dieser Sachlage nichts geändert. Alle übrigen im Bau befindlichen Müllverbrennungsanlagen waren noch nicht betriebsbereit. Anhaltspunkte dafür, daß die MVA in Leverkusen neben ihren Zulieferern noch ein weiteren Großauftrag der beklagten Stadt in Höhe 100.000 bis 105.000 t/Jahr hätte übernehmen können, seien nicht vorhanden. Vor diesem Hintergrund hätte für die beklagte Stadt lediglich ein Anbieter in Gestalt der MVA GmbH gegenübergestanden, so daß ein Markt für den Gesamtumfang der nachgefragten Abfallentsorgungsleistung nicht bestanden hätte.

Az.: II/2 33-10

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