Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 58/1999 vom 20.01.1999

Urteil des VGH Baden-Württemberg und neues Landesabfallgesetz NW

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 22.10.1998 (AZ: 2 S 399/97) entschieden, daß mengenunabhängige Vorhaltekosten auch denjenigen Benutzern der öffentlichen Abfallentsorgungseinrichtung auferlegt werden können, die Bioabfälle durch Eigenkompostierung selbst verwerten. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte mit Urteil vom 29.03.1995 (AZ: 4 N 93.3641 und 4 N 93.2548) bereits entschieden, daß Eigenkompostierer, die kein Bioabfällgefäß in Benutzung nehmen, gleichwohl zu den Kosten der kommunalen Bioabfallerfassung und -verwertung über die Abfallgebühren herangezogen werden können. Nach dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg dürfen auch Eigenkompostierer mit den mengenunabhängigen Vorhaltekosten der kommunalen Bioabfallerfassung und -verwertung belastet werden, weil diejenigen Gebührenzahler, die ihre Bioabfälle selbst kompostieren, sich jederzeit dafür entscheiden können, an der kommunalen Entsorgung der Bioabfälle doch teilzunehmen. Deshalb müsse die abfallentsorgungspflichtige Kommune auch für die Eigenkompostierer die "Bioabfall-Entsorgung" vorhalten.

Diese Sichtweise des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg hat der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber zwischenzeitlich in § 9 Abs. 2 Satz 5 und Satz 7 des am 01.01.1999 in Kraft getretenen neuen Landesabfallgesetzes NW übernommen und umgesetzt (GV NW 1998, S. 666 ff.). Der Landesgesetzgeber bringt in § 9 Abs. 2 Satz 7 LAbfG NW zum Ausdruck, daß Eigenkompostierern ein angemessener Gebührenabschlag zu gewähren ist. Damit wird klargestellt, daß Eigenkompostierer über die Abfallgebühr zu den Kosten der kommunalen Bioabfallerfassung und –verwertung herangezogen werden können, ihnen allerdings ein angemessener Gebührenabschlag zu gewähren ist. In Anknüpfung an die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg wird damit die Möglichkeit geschaffen, Eigenkompostierer zumindest anteilig mit den Kosten der kommunalen Bioabfallerfassung und –verwertung zu belasten.

Diese Regelung trägt der Erfahrungspraxis Rechnung, wonach nur in seltenen Ausnahmefällen von Eigenkompostierern überhaupt keine Bioabfälle in irgendeiner Art und Weise der kommunalen Abfallentsorgung zugeführt werden. Denn entweder werden doch problematische Bioabfälle (z.B gekochte Speisereste tierischer Herkunft) über das Restmüllgefäß, gesonderte "Bioabfallsäckchen" oder dezentral aufgestellte Bioabfallcontainer entsorgt (siehe hierzu auch: OVG NW, Urteil vom 19.08.1998 – Az.: 22 A 5429/96 – StGRat 1998, S. 304ff.) oder aber es werden andere kommunale Zusatzangebote im Rahmen der kommunalen Bioabfallerfassung und –verwertung in Anspruch genommen (z.B. gesonderte Abgabemöglichkeiten für Grün- und Strauchschnitt am städtischen Bauhof oder kommunale Grün- und Strauchschnittsammlungen im Holsystem, die neben dem Bioabfalgefäß angeboten werden). Ebenso wird dem Nichtbenutzer des Bioabfallgefäßes nach der Gesetzesbegründung zum neuen Landesabfallgesetz NW dadurch ein zurechenbarer Sondervorteil geboten, daß grundsätzlich eine kommunale Bioabfallerfassung und –verwertung erfolgt. Denn hierdurch fallen die Kosten der Restmüllbeseitigung regelmäßig geringer aus, wenn z.B. die Kosten für die Kompostierung pro Tonne Bioabfall geringer sind als die Kosten für die Beseitigung der Bioabfälle als Restmüll auf der Deponie oder in der Müllverbrennungsanlage. Mit anderen Worten: Der Nichtbenutzer der Biotonne zahlt wegen der kommunalen Bioabfallerfassung und –verwertung weniger Restmüllgebühr, weil die Bioabfälle kostengünstiger entsorgt werden können und gerade nicht über die Restmüllgefäße zu einem höherem Entsorgungspreis entsorgt werden müssen. Dieser Vorteil der kostengünstigeren Entsorgung der Bioabfälle kann nicht nur von denjenigen Gebührenzahlern über die Abfallgebühr finanziert werden, die keinen eigenen Garten haben. Denn von diesem kostenmäßigen Vorteil der geringeren Restmüllentsorgungskosten profitieren schließlich alle Abfallgebührenzahler, auch die Eigenkompostierer.

Weiterhin ist es nach § 9 Abs. 2 Satz 5 LAbfG NW nunmehr zulässig, das mit einer Sondergebühr belegte Bioabfallgefäß anteilig über die restliche Einheitsgebühr bezogen auf das Restmüllgefäß abzurechnen. Insoweit ergibt sich aus § 9 Abs. 2 Satz 3 LAbfG NW ein zusätzlicher Gesichtspunkt für die in § 9 Abs. 2 Satz 5 LAbfG NW für zulässig erklärte "Querfinanzierung". Denn wenn bei der Gebührenbemessung wirksame Anreize zur Vermeidung, Getrennthaltung und Verwertung von Abfällen geschaffen werden sollen, dann kann sich hieraus auch eine nicht kostendeckende Sondergebühr für das Bioabfallgefäß rechtfertigen, um einen wirksamen Anreiz für die Getrennthaltung und Verwertung von Bioabfällen schaffen zu können (anders: OVG NW, Urt. v. 17.03.1998 - 9 A 1430/96 -, Städte- und Gemeinderat 1998, S. 121 ff. zur alten Rechtslage).

Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg wird auszugsweise in der Zeitschrift "Städte- und Gemeinderat" veröffentlicht.

Az.: II/2 33-10

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