Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 231/2024 vom 11.03.2024

Urteil des Verwaltungsgerichts Minden zu Schottergärten

Das Verwaltungsgericht Minden hat mit Urteil vom 27.07.2023 (Az. 1 K 6952/21) die Klage gegen eine bauaufsichtliche Verfügung abgewiesen, die auf die Beseitigung eines sogenannten Schottergartens gerichtet war.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin war Eigentümerin eines 1258 m² großen, mit einem Mehrfamilienhaus und einer Garage bebauten, nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegenden Grundstücks. Das Haus war auf allen Seiten von einem sogenannten Schottergarten in Form einer Steinschüttung auf Fließ umgeben. An neun Stellen befanden sich zudem in Pflanzringe gefasste Anpflanzungen. Daneben befanden sich auf dem Grundstück eine gepflasterte Zuwegung zum Haus und eine gepflasterte Stellplatzanlage. Der beklagte Kreis forderte die Klägerin per Ordnungsverfügung unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1000 € auf, „den auf dem o.g. Grundstück aufgebrachte[n] Schotter (mit Unterlage) abzutragen und die Fläche spätestens in der 1. Pflanzperiode nach Bestandskraft dieser Verfügung vollständig zu begrünen oder zu bepflanzen.“

Das Gericht befand die Ordnungsverfügung für rechtmäßig.

Als zutreffende Ermächtigungsgrundlage sah das Gericht §§ 82 Abs. 1 S. 2, 58 Abs. 2 S. 2 BauO NRW an. Es bejahte einen Verstoß gegen § 8 Abs. 1 S. 1 BauO NRW in seiner bis zum 31.12.2023 geltenden Form. Hiernach sind die nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbauten Flächen der bebauten Grundstücke wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und zu begrünen oder zu bepflanzen, soweit dem nicht die Erfordernisse einer anderen zulässigen Verwendung der Flächen entgegenstehen. Die nicht überbauten Grundstücksflächen seien im vorliegenden Fall nicht begrünt oder bepflanzt.

Begrünt sei eine nicht überbaute Grundstücksfläche, wenn ihr Charakter sich als eine durch Bewuchs geprägte nichtbauliche Nutzung darstelle. Dabei müsse der Bewuchs so dicht sein, dass der Eindruck einer durchgehenden Bepflanzung entstehe. Die Begrünung müsse auf den Flächen unmittelbar wachsen; eine flächenhafte Ausdehnung von Baumkronen und sonstigem Blattgrün im Luftraum, etwa von Wein auf erhöhten Rankhilfen, sei nicht ausreichend. Eine Bepflanzung im Sinne von § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauO NRW sei ein Unterfall der Begrünung. Gleichzeitig stellte das Gericht klar, dass wegen des Erfordernisses eines Bewuchses das Auslegen von Kunstrasen keine Begrünung im Sinne des § 8 Abs. 1 S.1 Nr. 2 BauO NRW darstelle.

Einer gärtnerischen oder sonst ästhetischen Ansprüchen besonders genügenden Gestaltung bedürfe es zwar nicht. Unzulässig sei allerdings eine Selbstbegrünung, also die unbebauten Flächen eines bebauten Grundstücks nach Abschluss der Bauarbeiten der Besiedelung durch Pionierpflanzen zu überlassen. Ebenso wenig reiche es angesichts des erkennbaren Willens des Gesetzgebers, mit der Begrünungspflicht insbesondere ökologische Verbesserungen herbeizuführen, aus, Kleinstanpflanzungen unter Verweis darauf vorzunehmen, dass diese in unabsehbarem Zeitraum bei guten Bedingungen potenziell einen Umfang erreichen können, der dann einer Begrünung entsprechen könnte.

Der Charakter einer durch Bewuchs geprägten nichtbaulichen Nutzung fehle jedenfalls dann, wenn sich eine substanzielle Fläche, etwa der überwiegende Teil eines Vorgartens, als sogenannter Schottergarten darstelle, der fast ausschließlich aus Steinschüttungen bestehe, hinter deren Massivität der Bewuchs zurücktrete. Bei der Beurteilung des Verhältnisses von Schotterfläche zu bepflanzter Fläche seien keine abstrakten mathematischen Größen entscheidend, sondern die Schotterflächen müssten sich dem Bewuchs sowohl in funktioneller als auch in räumlich-gegenständlicher Hinsicht bei wertender Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls dienend zu- und unterordnen. Dies sei im vorliegenden Fall zu verneinen.

Weil die in Rede stehende Fläche damit nach Ansicht des Gerichts schon nicht bepflanzt war, hat es offengelassen, ob auch ein Verstoß gegen das Gebot, die Flächen wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen, vorlag.

Die Verfügung sei auch im Übrigen rechtmäßig, insbesondere nicht ermessensfehlerhaft und hinreichend bestimmt.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Anmerkung aus kommunaler Sicht

Nach dem Beschluss des OVG Niedersachsen vom 17.01.2023 (Az. 1 LA 20/22) gibt es damit nun auch eine veröffentlichte Gerichtsentscheidung aus NRW zu der Frage, wann die Gestaltung unbebauter Grundstücksflächen mit Steinschüttungen gegen die in den Bauordnungen der Bundesländer verankerte Begrünungspflicht verstößt. Nach § 9 Abs. 2 der niedersächsischen Bauordnung müssen die nicht überbauten Flächen der Baugrundstücke Grünflächen sein, soweit sie nicht für eine andere zulässige Nutzung erforderlich sind. Das VG Minden verwies in seinen Ausführungen zum Begriff der Begrünung in weiten Teilen auf die Entscheidung des OVG Niedersachsen, was angesichts des gleichen gesetzgeberischen Regelungsziels auch unter Berücksichtigung eines leicht abweichenden Wortlauts der nordrhein-westfälischen und der niedersächsischen Bestimmungen nahe lag. Mittlerweile enthält auch § 8 Abs. 1 BauO NRW den Begriff der Grünfläche. Da mit der Novellierung der Bauordnung NRW zum 01.01.2024 keine inhaltlichen Einschränkungen des Begrünungsgebots in § 8 Abs. 1 BauO NRW erfolgen sollten, kann die Entscheidung des VG Minden nach hiesiger Auffassung auch zur Auslegung des § 8 Abs. 1 BauO NRW in seiner neuen Form herangezogen werden.

Az.: Az. 20.3.1.3-021/001

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