Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 207/2007 vom 19.03.2007

Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Dividendenbesteuerung

Am 06.03.2007 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) sein Urteil in der Rechtssache „Meilicke“ verkündet. In der Sache ging es um das in Deutschland bis zum Jahr 2001 gültige Recht der Dividendenbesteuerung. In Konsequenz wird der deutsche Fiskus nun möglicherweise bis zu 5 Mrd. Euro an gezahlten Steuern zurückerstatten müssen. Da die fraglichen Erstattungen wahrscheinlich über die veranlagte Einkommensteuer verrechnet werden, werden die Gemeinden mit 15 % an dieser Erstattung beteiligt sein.

Hintergrund im Meilicke-Urteil (Urteil des EuGH vom 06.03.2007, Az.: C-292/04) war das bis zum Jahr 2000 in Deutschland geltende Körperschaftssteuerrecht. Nach den §§ 1, 2 und 20 des Einkommensteuergesetzes vom 07.09.1990 in der durch das Gesetz vom 13.09.1993 geänderten Fassung (BGBl. I 1993, Seite 1569) wurden Dividenden, die in Deutschland wohnhaften und somit unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Personen zugute kamen, dort als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuert. Nach § 27 Abs. 1 des Körperschaftssteuergesetzes in der durch das Gesetz vom 13.09.1993 genannten Fassung wurde auf Dividenden, die von in Deutschland unbeschränkt körperschaftssteuerpflichtigen Kapitalgesellschaften ausgeschüttet wurden, Körperschaftssteuer zum Satz von 30 % erhoben. Dies hat sich in einer Ausschüttung von 70 % der Erträge vor Steuern und einer Steuergutschrift in Höhe von 3/7 der erhaltenen Dividenden niedergeschlagen. Nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG alte Fassung galt diese Steuergutschrift nur für Dividenden, die von in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften stammten.

Der Kläger im Ausgangsrechtsstreit, Herr Meilicke, besaß Aktien von Gesellschaften mit Sitz in den Niederlanden und in Dänemark. Er erhielt auf diese Aktien Dividenden und beantragte beim Finanzamt eine Steuergutschrift in Höhe von 3/7 dieser Dividenden, die auf die veranlagte Einkommensteuer angerechnet werden sollte. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, dass nur die Körperschaftssteuer, die eine in Deutschland unbeschränkt körperschaftspflichtige Gesellschaft leiste, auf die Einkommensteuer angerechnet werden könne. Hiergegen erhob Herr Meilicke Klage beim Finanzgericht Köln, was schließlich in dem Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH endete.

Der EuGH sah in diesen Regelungen des deutschen Einkommen- und Körperschaftssteuerrechts einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 56 ff. EG-Vertrag. Die Steuergutschrift auf Dividenden zu beschränken, die von Gesellschaften mit Sitz in Deutschland ausgeschüttet werden, benachteilige in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Personen, die Dividenden von Gesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten beziehen würden. Dies sei mit der Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit unvereinbar. Das Vorbringen der Bundesregierung in dem Verfahren, die gesetzlichen Regelungen seien durch die Notwendigkeit gerechtfertigt gewesen, die Kohärenz des nationalen Steuersystems zu wahren (Art. 58 EG-Vertrag) wurde vom EuGH ebenfalls zurückgewiesen.

Im Verfahren war dann insbesondere die Frage der zeitlichen Wirkung des Urteils umstritten. Die Bundesregierung hatte den EuGH auf die schwerwiegenden finanziellen Folgen für den Fiskus aufmerksam gemacht. Außerdem habe Deutschland, zumindest bis zur Verkündung des EuGH-Urteils in der steuerrechtlichen Rechtssache Verkooijin (Urteil vom 06.06.2000, Az.: C-35/98), davon ausgehen dürfen, dass die in Deutschland geltenden Regelungen mit dem EU-Gemeinschaftsrecht vereinbar seien.

Hierzu hat der EuGH geurteilt, dass die rechtlichen Anforderungen, die sich aus dem Grundsatz des freien Kapitalverkehrs für Dividenden ergeben, bereits vor dem Urteil in der Rechtssache Verkooijin klargestellt worden seien. Daher könne das Urteil in der Rechtssache Meilicke hinsichtlich dessen zeitlicher Wirkung nicht beschränkt werden. Hierzu ist anzumerken, dass der Generalanwalt am EuGH Tizzano in seinen Schlussanträgen zu dem Verfahren befürwortet hatte, aus Vertrauensschutzgründen zugunsten der betroffenen EU-Mitgliedstaaten eine zeitliche Beschränkung der Urteilswirkungen auszusprechen. Dies hat der EuGH allerdings wie erläutert abgelehnt.

Das BMF hat das Urteil in einer Pressemitteilung vom 06.03.2007 kommentiert. Die Steuerausfälle werden auf bis zu 5 Mrd. Euro geschätzt. Da fragliche Erstattungen wahrscheinlich über die veranlagte Einkommensteuer verrechnet werden, werden die Steuerausfälle jeweils zu 42,5 % den Bund und die Länder und zu 15 % die Gemeinden belasten. Aus kommunaler Sicht können sich entsprechende Mindereinnahmen zudem wahrscheinlich auf Landeszuweisungen negativ auswirken. Die genaue Summe der Steuerausfälle ist allerdings noch nicht zu beziffern, da noch keine konkreten Zahlen der Landesfinanzverwaltungen über gestellte Erstattungsanträge vorliegen und im Übrigen noch offen ist, ob bereits rechtskräftige Steuerbescheide wieder geöffnet werden können. Daher ist das Belastungsvolumen für den Fiskus in Deutschland möglicherweise auch deutlich unter 5 Milliarden Euro anzusetzen.

Az.: IV/1 921-00

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