Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 243/2007 vom 07.03.2007

Unterstützung für EuGH-Klage der Bundesregierung zu Unterschwellenvergaben

Die EU-Kommission hat mit Datum vom 21. Dezember 2006 ihre Klagebeantwortung zur Klage der Bundesrepublik Deutschland gegen die Kommissionsmitteilung vom 12. September 2006 zur Vergabe öffentlicher Aufträge, die nicht oder nur teilweise unter die Vergaberichtlinien fallen (Unterschwellenvergaben) dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt.

1. Hintergrund:

Wie bereits mitgeteilt, hatte die Bundesregierung mit Datum vom 14. September 2006 vor dem Europäischen Gerichthof Klage gegen die Mitteilung der Kommission hinsichtlich der Auslegung des Gemeinschaftsrecht bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, die nicht oder nur teilweise unter die Vergaberichtlinien fallen, erhoben. Die Mitteilung über diese Klage wurde am 02.12.2006 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (ABl. 2006 C 294, S. 52).

Aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland ist es erfreulich, dass zwischenzeitlich sowohl Frankreich als auch Polen, die Niederlande sowie Österreich der deutschen Klage vor dem Europäischen Gerichtshof beigetreten sind. Auch das Europäische Parlament hat sich zwischenzeitlich der deutschen Klage vor dem EuGH angeschlossen.

Die Bundesrepublik Deutschland hat in ihrer Klageschrift dargelegt, dass die Mitteilung der Kommission gegen Gemeinschaftsrecht verstößt, da sie den Mitgliedstaaten verbindliche Vorgaben zur Durchführung öffentlicher Auftragsvergaben für die von der Mitteilung erfassten Vergaben macht, die über die sich aus den Grundprinzipien des Vertrages und den Vergaberichtlinien ergebenden Verpflichtungen hinausgehen. Die Bundesregierung hat darauf hingewiesen, dass die Festlegung europäischer Vergaberegeln grundsätzlich Sache des europäischen Gesetzgebers ist, d. h. des Rates und des Europäischen Parlaments. Mit den Schwellenwerten der Vergaberichtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG habe der europäische Gesetzgeber eine klare Wertung vorgenommen, welche Aufträge von den europäischen Vergaberegeln erfasst werden sollen. Diese Wertung unterlaufe die Kommission mit der streitgegenständlichen Mitteilung, in welcher sie faktisch eigene Vergaberegeln, u. a. zu Bekanntmachungspflichten sowie zum vergaberechtlichen Rechtschutz unterhalb der Schwellenwerte, unter Umgehung des EG-vertraglich vorgesehenen Gesetzgebungsverfahrens erlassen habe.

2. Klageerwiderung der EU-Kommission

Die EU-Kommission hat nunmehr mit Datum vom 21. Dezember 2006 dem EuGH eine Klagebeantwortung vorgelegt.

Die Kommission legt in ihrer Klageerwiderung zunächst die Gründe für das Entstehen der Kommissionsmitteilung dar. Hintergrund sei, dass die Anwendung der Vorschriften und Grundsätze des EG-Vertrags auf öffentliche Aufträge außerhalb des Anwendungsbereichs der Vergaberichtlinien in den letzten Jahren mehrfach Gegenstand von Entscheidungen des Gerichtshofs gewesen sei, insbesondere in Vorhabentscheidungsverfahren. Es habe sich gezeigt, dass die Mitgliedstaaten bei der Anwendung dieser Vorschriften und Grundsätze in der Praxis auf Schwierigkeiten gestoßen seien. Dies habe zu einer Erhöhung der Zahl der Vertragsverletzungsverfahren betreffend die Vergabe von öffentlichen Aufträgen außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinien geführt. Bei verschiedenen Gelegenheiten hätten daher einzelne Mitgliedstaaten und Interessenvertreter die Kommission um Leitlinien zur Anwendung der sich aus dieser Rechtsprechung ableitenden Grundsätze gebeten.

Nach Auffassung der EU-Kommission ist die Klage der Bundesrepublik Deutschland gegen die Kommissionsmitteilung insgesamt unbegründet. Diesbezüglich führt die Kommission aus, dass Gegenstand einer Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG nur Akte mit verbindlichen Rechtswirkungen für Dritte sein können. Im Falle der angegriffenen Kommissionsmitteilung zu Unterwellenvergaben handele es sich jedoch offensichtlich um einen unverbindlichen Rechtsakt. Gegenstand der Mitteilung sei lediglich die Erläuterung der Rechte und Pflichten, die sich aus Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, ggf. unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergeben. Ein solcher Rechtsakt könne grundsätzlich nicht mit einer Nichtigkeitsklage angegriffen werden.

Nach Auffassung der Kommission könne die angefochtene Mitteilung zwar das Verhalten einzelner Mitgliedstaaten, nationaler Behörden und Wirtschaftsteilnehmer beeinflussen. Hierin liege jedoch eine rein tatsächliche und keine rechtliche Wirkung der Mitteilung. Daher sei die verbindliche Wirkung der angefochtenen Mitteilung insgesamt zu verneinen. Auch der konkrete Inhalt der angefochtenen Mitteilung unterstreiche, dass die Kommission mit der Mitteilung keine neuen rechtlichen Regeln einführen wollte. Wörtlich heißt es in der Einleitung:

„Die Kommission erläutert ihr Verständnis der Rechtsprechung des EuGH und stellt bewährte Verfahren vor, um die Mitgliedstaaten darin zu unterstützen, die Möglichkeiten des Binnenmarkts voll ausschöpfen zu können. Diese Mitteilung führt keine neuen rechtlichen Regeln ein. Es ist jedoch zu beachten, dass die Auslegung des Gemeinschaftsrechts letztendlich in jedem Fall Sache des EuGH ist.“

Nach Auffassung der Kommission ergibt sich aus der vorstehenden Formulierung, dass keineswegs beabsichtigt sei, rechtlich verbindliche Regeln zu schaffen. Die Kommission habe sich darauf beschränkt, im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach Art. 211 EG in einer Auslegungsmitteilung ihr Verständnis der Rechtsprechung des EuGH darzulegen und diese zu erläutern. Mithin sei das Klagebegehren der Bundesrepublik Deutschland gegenstandslos.

3. Anmerkung:

Da sich mittlerweile zahlreiche EU-Mitgliedstaaten sowie das Europäische Parlament der Klage angeschlossen haben, bleibt mit Spannung abzuwarten, wie der EuGH das Klagebegehren bewerten wird.

Die Geschäftsstelle wird zeitnah über die weitere Entwicklung berichten.

Az.: II/1 608-00/3

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