Mitteilungen - Recht, Personal, Organisation

StGB NRW-Mitteilung 150/2005 vom 18.02.2005

Unterscheidungsmöglichkeiten beim Antidiskriminierungsgesetz

Der Entwurf des Antidiskriminierungsgesetzes sieht die Möglichkeit vor, Unterscheidungen aus sachlichem Grund zu rechtfertigen. Für die einzelnen, durch das Gesetz geschützten Personengruppen bedeutet dies:

Rasse / ethnische Herkunft
Bislang konnte ein Vermieter seine Auswahlentscheidung auch nach der Ethnie des Mietinteressenten treffen (keine Vermietung an „Ausländer“ / „Türken“ etc., soweit die ethnische Abstammung gemeint ist). Diese Praxis ist nach dem Antidiskriminierungsgesetz verboten, auf die „Rasse“ oder ethnische Herkunft darf bei der Vermietung (und bei anderen öffentlich angebotenen Leistungen auch) nicht mehr abgestellt werden, es sei denn, der persönliche Nähebereich wäre betroffen, z.B. bei der Vermietung einer Einliegerwohnung im selbstgenutzten Haus. Eindeutig geregelt wird im Antidiskriminierungsgesetz, dass die Verweigerung des Zugangs zu Gaststätten, Diskotheken, Fitnessstudios etc. wegen der ethnischen Zugehörigkeit verboten ist, der Zutritt notfalls gerichtlich durchgesetzt werden kann und dass eine Verweigerung z.B. Schadenersatzansprüche auslöst. Bislang musste dieser rechtliche Schutz aus den Generalnormen des bürgerlichen Rechts i.V.m. öffentlich-rechtlichen Vorschriften (z.B. Gaststättengesetz) und aus der Verfassung (Allgemeines Persönlichkeitsrecht) abgeleitet werden. Auch bestand eine weithin verbreitete (irrtümliche) Auffassung, dass das Prinzip der Vertragsfreiheit jede Diskriminierung rechtfertige.

Religion / Weltanschauung
Bislang konnten Unternehmer, die Massengeschäfte abwickeln, eigene religiöse oder weltanschauliche Vorstellungen auch gegenüber ihren Kundinnen und Kunden durchsetzen. So konnte etwa ein islamischer Metzger die Bedienung von Frauen verweigern, die kein Kopftuch tragen. Nach dem Antidiskriminierungsgesetz kann er diese Praxis nur dann beibehalten, wenn er darzulegen vermag, dass seine Religion ihm diese Auswahl der Kundschaft gebietet. Erlaubt ist weiterhin die Unterscheidung nach der Religion und Weltanschauung dort, wo z.B. Religionsgemeinschaften von ihrem Selbstbestimmungsrecht Gebrauch machen.

Behinderung
Bislang wurde die Auffassung vertreten, dass die Zurückweisung Behinderter z.B. in Gaststätten durch das Hausrecht des Gastwirts gedeckt sei. Das Antidiskriminierungsgesetz verbietet die Zurückweisung von Menschen mit Behinderungen in Gaststätten und bei anderen Leistungen, die typischerweise ohne Ansehen der Person erbracht werden. Bislang konnten privatrechtliche Versicherungsanträge von Menschen mit Behinderungen ohne weitere Begründung abgelehnt werden. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass eine ernsthafte Einzelfallprüfung erst gar nicht statt fand. Nach dem Antidiskriminierungsgesetz dürfen Versicherungsunternehmen eine Behinderung nur dann berücksichtigen, wenn sie das zu versichernde Risiko erhöht. Pauschale Ablehnungen werden damit unterbunden.
Erlaubt ist eine Unterscheidung wegen einer Behinderung weiterhin beispielsweise dort, wo es um die Einhaltung von Verkehrssicherungspflichten geht (z.B. Zuweisung von besonderen Plätzen für Rollstuhlfahrer, um die Freihaltung von Fluchtwegen in Konzerträumen zu gewährleisten).

Alter
Bislang konnten Anbieter von Massengeschäften, die typischerweise ohne Ansehen der Person abgewickelt werden, ohne weiteres Altersbeschränkungen (Mindest- oder Höchstalter; Angebote nur für bestimmte Altersgruppen) vorsehen. Nach dem Antidiskriminierungsgesetz bedarf jede Altersgrenze, die sich nicht schon aus den allgemeinen Gesetzen (z.B. Jugendschutz) ergibt, einer besonderen Rechtfertigung. Lieferanten und Dienstleister können bei Massengeschäften also nicht mehr willkürlich nach dem Alter unterscheiden. Erlaubt sind weiterhin z.B. besondere Vergünstigungen für jüngere öder ältere Kunden (Studentenrabatte, Seniorenteller etc.).

Sexuelle Identität
Bislang konnte etwa ein Hotel die Aufnahme gleichgeschlechtlicher Paare verweigern. Nach dem Antidiskriminierungsgesetz ist dies nicht mehr möglich.
Bislang konnten Vorbehalte gegen Schwule und Lesben (etwa wg. erhöhtem Aids-Risiko beim Abschluss von privatrechtlichen Versicherungen) durch eine pauschale Ablehnung des Versicherungsantrags ohne weitere Begründung kaschiert werden. Nach dem Antidiskriminierungsgesetz müssen Unterscheidungen wegen der sexuellen Identität offen gelegt und gerechtfertigt werden. Wäre der Versicherungsvertrag ohne Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot zustande gekommen, so kann der Vertragsschluss eingeklagt werden. Erlaubt sind weiterhin z.B. spezifische Angebote nur für homosexuelle Kunden, soweit kein Interesse an der Durchsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes besteht.

Geschlecht
Bislang waren private Versicherungsunternehmen verpflichtet, das unterschiedliche Lebensalter von Frauen und Männern bei der Kalkulation zu berücksichtigen. Kosten der Schwangerschaft wurden den Frauen als „Krankheitskosten“ zugerechnet. Nach dem Antidiskriminierungsgesetz sind auch Unisex-Tarife möglich. Sofern nach dem Geschlecht unterschieden wird, ist dies nur dann erlaubt, wenn bei der jeweiligen Versicherung das Geschlecht ein bestimmender Faktor ist bei der Risikobewertung ist; das Datenmaterial und die Berechnung müssen offen gelegt werden. Kosten von Schwangerschaft und Entbindung müssen zwingend geschlechtsneutral verteilt werden. Erlaubt sind weiterhin geschlechtsspezifische Differenzierungen, die z.B. Rücksicht auf den Schutz der Intimsphäre nehmen, z.B. Saunabetrieb nur für Frauen.

Quelle: DStGB aktuell 0405 vom 28.01.2005



Az.: I/2 042-05-27

ICON/icon_verband ICON/icon_staedtebau ICON/icon_recht ICON/icon_finanzen ICON/icon_kultur ICON/icon_datenverarbeitung ICON/icon_gesundheit ICON/icon_verkehr ICON/icon_bau ICON/icon_umwelt icon-gemeindeverzeichnis icon-languarge icon-link-arrow icon-login icon-mail icon-plus icon-search