Mitteilungen - Schule, Kultur, Sport

StGB NRW-Mitteilung 302/2009 vom 19.05.2009

UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung

In einer Kleinen Anfrage (Landtagsdrucksache 14/8671) vom 04.03.2009 hat eine Abgeordnete der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Frage an die Landesregierung gerichtet, wie diese die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung im Schulbereich umsetzen will. In der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage ist Folgendes ausgeführt:

‚Die Bundesrepublik Deutschland hat die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13. Dezember 2006 mittlerweile ratifiziert. In Artikel 24 (Bildung) führt die Konvention aus: "States Parties recognize the right of persons with disabilities to education. With a view to realizing this right without discrimination and on the basis of equal opportunity, States Parties shall ensure an inclusive educational system at all levels and lifelong learning […]". Die Ratifizierung der UN-Konvention erfordert damit ein radikales Umdenken in unserem Bildungssystem. Mit der UN-Konvention wird Kindern mit Behinderung das Recht auf inklusive Bildung zugesprochen, d.h. das Recht auf den Besuch einer Regelschule. Die schwarz-gelbe Landesregierung will aber offensichtlich kein Recht auf gemeinsamen Unterricht einführen.

In einem Interview in der WDR-Sendung Westpol vom 15. Februar 2009 weist Schulministerin Sommer die Anforderung der UN-Konvention an das nordrhein-westfälische Schulsystem zurück. Gefragt, ob die UN-Konvention erfordere, dass alle Kinder auf die Regelschule gehen sollen, antwortete die Schulministerin: "Nein, so interpretiere ich sie nicht ganz deutlich." Bildungsforscher und Juristen gehen aber davon aus, dass Eltern, die auf einen integrativen Platz für ihre Kinder mit Behinderung an den Regelschulen klagen, auf der Grundlage der UN-Konvention gute Chancen haben, einen Rechtsanspruch durchzusetzen.’

Hierzu hat die Landesregierung (Landtagsdrucksache 14/9024) Folgendes mitgeteilt:

‚Das „Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ ist ein völkerrechtlicher Vertrag. Ziel des Übereinkommens ist es, die Chancengleichheit behinderter Menschen zu fördern, ihnen gleichberechtigte, aktive und selbstbestimmte gesellschaftliche Teilhabe zu gewährleisten und Diskriminierung zu unterbinden.

Nach dem Inkrafttreten des entsprechenden Ratifikationsgesetzes zum 1. Januar 2009 ist die Ratifikationsurkunde von der Bundesregierung am 24. Februar 2009 im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York hinterlegt worden. Damit ist das Übereinkommen nach Ablauf von 30 Tagen für Deutschland verbindlich geworden.

Artikel 24 des Übereinkommens befasst sich ausdrücklich mit dem Aspekt „Bildung“. Unmittelbare individuelle Rechtsansprüche werden durch diese Bestimmung jedoch nicht begründet.

1. Haben Kinder mit Behinderung auf der Grundlage der nun ratifizierten UN-Konvention ein Recht auf einen Platz im Gemeinsamen Unterricht?

Der Anspruch auf gemeinsamen Unterricht richtet sich nach § 20 Abs. 7 Schulgesetz NRW (SchulG). Danach kann Gemeinsamer Unterricht für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf mit Zustimmung des Schulträgers an einer allgemeinen Schule eingerichtet werden, wenn die Schule dafür personell und sachlich ausgestattet ist.

2. Wie will die Landesregierung sicherstellen, dass Kinder mit Behinderung (und ihre Eltern) ihre in der UN-Konvention verbürgten Rechte wahrnehmen und durchsetzen können?

Jeder hier lebende junge Mensch hat einen Anspruch auf schulische Bildung, Erziehung und individuelle Förderung. Dies umfasst auch alle Menschen mit Behinderungen. Sie unterliegen ebenso wie Menschen ohne Behinderungen gem. §§ 34 ff. SchulG der Schulpflicht. Ein Schulgeld wird nicht erhoben.

Bei Schülerinnen und Schülern, die wegen ihrer körperlichen, seelischen oder geistigen Behinderung oder wegen ihres erheblich beeinträchtigten Lernvermögens nicht ohne weitere Unterstützung am Unterricht einer allgemeinen Schule teilnehmen können, wird in einem sehr sorgfältigen Verfahren überprüft, ob und in wieweit für sie sonderpädagogische Förderung (gem. § 19 Abs. 1 SchulG) erforderlich ist. Grundsätzlich können allgemeine Schulen und Förderschulen Ort sonderpädagogischer Förderung sein.

Art, Umfang und Ort der sonderpädagogischen Förderung werden der zuständigen Schulaufsichtsbehörde nach Maßgabe der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung (AO-SF) unter Beteiligung der Eltern, der Schule, des Schulträgers und weiterer Stellen ermittelt.

3. Welche Ausbauschritte und mit welcher Zielperspektive plant die Landesregierung die Entwicklung des Gemeinsamen Unterrichts?

Das Leitmotiv des Schulgesetzes ist, jeder Schülerin, jeden Schüler individuell zu fördern, um somit optimale Möglichkeiten der Persönlichkeits- und Leistungsentwicklung zu schaffen. Auch der Bereich der sonderpädagogischen Förderung unterstützt diese Aufgabe. Im Sinne der fachlichen und organisatorischen Weiterentwicklung der sonderpädagogischen Förderung zielt sie perspektivisch auf wohnortnahe Förderung. Dem dienen insbesondere die durch das neue Schulgesetz 2006 ermöglichten Kompetenzzentren für die sonderpädagogische Förderung. In einer breit angelegten Pilotphase wird in 20 Regionen nach Maßgabe von § 20 Abs. 5 SchulG. erprobt, wie ein regionales Gesamtkonzept sonderpädagogischer Förderung durch Diagnose, Beratung und ortsnahe präventive Förderung gebündelt und damit verbessert werden kann.

4. Wird die Landesregierung Eltern behinderter Kinder, die keinen Platz im Gemeinsamen Unterricht finden, trotz der UN-Konvention nun in Klageverfahren zwingen, die für Familie eine erhebliche Belastung darstellen und zudem sehr lange dauern können?

Die Landesregierung zwingt niemand in Klageverfahren. Die Landesregierung hat wie bereits geschildert ein breit differenziertes System der sonderpädagogischen Förderung bereitgestellt und unternimmt alle Anstrengungen jedem Kind die ihm zukommende Förderung möglichst wohnortnah zukommen zu lassen.

5. Was versteht die Landesregierung unter einem inklusiven Bildungssystem?

Der Begriff „inklusives Bildungssystem“ ist im deutschen Recht nicht gebräuchlich. Die amtliche Übersetzung des Übereinkommens verwendet daher den im Schulrecht verwendeten Begriff „integrativ.'

Az.: IV/2 211-38/2

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