Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 69/2003 vom 05.01.2003

Umsetzung der Gewerbeabfallverordnung

Zum 01.01.2003 ist die neue Gewerbeabfallverordnung in Kraft getreten (BGBl. I 2002, S. 1938 ff.). Mit der Gewerbeabfallverordnung wird endlich ein erster Versuch unternommen, die mangelhafte Abgrenzung der "Abfälle zur Beseitigung" von den "Abfällen zur Verwertung" nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) im Bereich der gewerblichen Siedlungsabfälle, d.h. der Abfälle aus Industrie- und Gewerbebetrieben zu beenden und die in der Vergangenheit (leider) festgestellten Scheinverwertungen abzustellen. Insbesondere die Scheinverwertungen haben seit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes am 7. Oktober 1996 dazu geführt, dass die privaten Haushaltungen mit immer höheren Abfallgebühren belastet werden mussten.

Die Ursache für die festgestellten Scheinverwertungen liegt in erster Linie darin begründet, daß nach § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/-AbfG diejenigen Abfallbesitzer/-erzeuger, die keine privaten Haushaltungen sind (wie z.B. Industrie- und Gewerbebetriebe), nur die bei ihnen anfallenden "Abfälle zur Beseitigung" den Städten und Gemeinden als öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger überlassen müssen, soweit sie diese nicht in eigenen Entsorgungsanlagen beseitigen. Vor diesem Hintergrund wurde in der Vergangenheit von zahlreichen Industrie- und Gewerbebetrieben regelmäßig vorgegeben, es seien keine überlassungspflichtigen "Abfälle zur Beseitigung" mehr vorhanden, weil nur noch "Abfälle zur Verwertung" anfallen würden und diese seien nicht überlassungspflichtig. Hinzu kam, daß das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 15.06.2000 (NVwZ 2000, S. 1178f.) entschieden hatte, Abfallgemische bestehend aus "Abfällen zur Beseitigung" und "Abfällen zur Verwertung" seien insgesamt als "Abfall zur Verwertung" einzustufen, wenn keine Scheinverwertung festzustellen sei und auch gegen Grundpflichten der Kreislauf- und Abfallwirtschaft zur Abfalltrennung (§ 5 Abs. 2 Satz 4, § 11 Abs. 2 KrW-/AbfG) nicht verstoßen werde. Diese Rechtsprechung führte dazu, daß dem Grundsatz der gebietsbezogenen und ortsnahen Abfallentsorgung (§ 15 Abs. 1 KrW-/AbfG) gewissermaßen der Rechtsboden entzogen wurde und die kommunale Abfallwirtschaftsplanung in Erfüllung der Abfallentsorgungspflicht (§ 15 Abs. 1 KrW-/AbfG) praktisch gesehen kaum noch möglich war. Hinzu kam, daß in den Abfallentsorgungsanlagen mit höheren Entsorgungspreisen durch den Entzug der Abfälle Überkapazitäten entstanden, die sich erheblich auf den Anstieg der Abfallgebühren ausgewirkt haben. So ist es kein Einzelfall, daß in einem Landkreis in NRW mit einem höheren Entsorgungspreis die überlassungspflichtigen Gewerbeabfälle seit Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes um 96,2 % zurückgegangen sind.

Die Gewerbeabfallverordnung ist nunmehr der erste Versuch, diese Fehlentwicklung zu Lasten der privaten Haushalte abzustellen. Insbesondere führen die Vorgaben der Gewerbeabfallverordnung zur Zusammensetzung von Abfallgemischen, die einer Verwertung zugeführt werden können, dazu, daß "Abfälle zur Beseitigung" und "Abfälle zur Verwertung" nicht mehr wahllos miteinander vermischt werden dürfen (vgl. §§ 3, 4, 6 GewAbfV). So ist es beispielsweise nicht mehr möglich ein übelriechendes Abfallgemisch bestehend aus Zigarettenkippen, Eierschalen, Salatblättern als "Abfall zur Verwertung" darzustellen und der öffentlichen Abfallentsorgung zu entziehen (vgl. hierzu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluß vom 30.03.2001, Az.: 10 S 1148/00 – DVBl 2001, S. 1291 ff., S. 1293 ff.). Die Gewerbeabfall-Verordnung ist damit der Erfolg des jahrelangen Bestrebens des StGB NRW und des DStGB den Weg für Scheinverwertungen endlich zu verschließen, wenngleich das Ziel einer Änderung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) nicht aufgegeben wird. Immerhin ist zunächst abzuwarten, ob die Gewerbeabfall-Verordnung tatsächlich das Ziel erreichen kann, Scheinverwertungen abzustellen. Der StGB NRW hat jedenfalls mit Datum vom 17.09.2002 eine neue Muster-Abfallsatzung herausgegeben, welche die neuen Regelungen in der Gewerbeabfallverordnung berücksichtigt. Hierzu gehört insbesondere, daß Industrie- und Gewerbebetriebe nach § 7 Satz 4 der GewAbfV verpflichtet sind, eine sog. Pflicht-Restmülltonne in angemessenem Umfang nach den näheren Festlegungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Benutzung zu nehmen, zumal der Verordnungsgeber davon ausgeht, daß ebenso wie bei privaten Haushaltungen auch bei Industrie- und Gewerbebetrieben "Abfälle zur Beseitigung" anfallen und deshalb eine sog. Pflicht-Restmülltonne in Benutzung zu nehmen ist.

Gleichwohl weist die Geschäftsstelle auf folgendes hin: Die Gewerbeabfall-Verordnung gilt in erster Linie für gewerbliche Siedlungsabfälle, denen nach der Abfall-Verzeichnis-Verordnung die Abfallschlüssel-Nr. 20 zuzuordnen ist, d.h. für solche Abfälle von gewerblichen Abfallbesitzern/-erzeugern, die den Abfällen aus privaten Haushaltungen nach Beschaffenheit/Zusammensetzung ähnlich sind (§ 2 Nr. 1 GewAbfV). Weiterhin sollte die Gewerbeabfallverordnung zunächst bei denjenigen gewerblichen Abfallbesitzern-/erzeugern umgesetzt werden, die überhaupt keine Restmülltonne der Stadt oder Gemeinde mehr in Benutzung haben bzw. diese in der Vergangenheit abbestellt haben. Insoweit empfiehlt sich ein strukturiertes Vorgehen dahin, daß beispielsweise abgeglichen wird, wie viele Grundstücke im Gemeindegebiet an die kommunale Abwasserentsorgungseinrichtung angeschlossen sind und wie viele Grundstücke an die kommunale Abfallentsorgung angeschlossen sind. Ergibt sich bei diesem Abgleich z.B. eine Differenz von 100 Grundstücken, die nicht an die kommunale Abfallentsorgung angeschlossen sind, so sollte zunächst geprüft werden, warum diese Grundstücke nicht an die kommunale Abfallentsorgung angeschlossen worden sind. Soweit auf diesen Grundstücken Industrie- und Gewerbebetriebe vorzufinden sind, die wegen der Art, Menge oder Beschaffenheit ihrer Abfälle nach § 15 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG aus der kommunalen Abfallentsorgung ausgeschlossen worden sind, kommt in diesen Fällen auch keine Zuteilung einer sog. Pflicht-Restmülltonne nach § 7 Satz 4 GewAbfV in Betracht, es sei denn, daß der Ausschluß aus der kommunalen Abfallentsorgung durch die jeweilige Gemeinde zurückgenommen wird. Diejenigen Grundstücke mit Industrie- und Gewerbebetrieben, die nicht aus der kommunalen Abfallentsorgung nach § 15 Abs. 3 KrW-/AbfG ausgeschlossen worden sind, aber gleichwohl keine Restmülltonne mehr in Benutzung haben, sind nunmehr nach der § 7 Satz 4 GewAbfV verpflichtet, wieder eine Pflicht-Restmülltonne in angemessenem Umfang in Benutzung zu nehmen. Alle übrigen Industrie- und Gewerbebetriebe, die in der Vergangenheit bereits eine Restmülltonne der Gemeinde in Benutzung hatten (z.B. Handwerksbetriebe, Arztpraxen, Rechtsanwaltspraxen usw.) können zeitlich später dahin überprüft werden, ob die zur Verfügung gestellte Restmülltonne ihrem Volumen nach ausreichend ist. Weiterhin sollte mit den Industrie- und Gewerbebetrieben kundenorientiert umgegangen werden. Im Zweifelsfall sollte vor Ort auf dem Betriebsgrundstück angeschaut werden, wie die Vorgaben der Gewerbeabfallverordnung zur Getrennthaltung der Abfälle eingehalten werden und welches Abfallgefäßvolumen für die Pflicht-Restmülltonne sich daraus ergibt. Die in der Muster-Abfallsatzung des StGB NRW eingearbeiteten Einwohnergleichwerte geben dabei Orientierungswerte, die gegebenenfalls an die konkreten örtlichen Verhältnisse anzupassen sind. Die Mustersatzung sieht jedenfalls vor, daß entweder Einwohnergleichwerte mit Spannbreiten oder feste Einwohnergleichwerte (mit Reduzierungsmöglichkeit auf Antrag) festgelegt werden, wobei bei beiden Varianten die Möglichkeit besteht, das Gefäßvolumen der Pflicht-Restmülltonne zu vermindern, wenn dieses durch den Industrie- und Gewerbebetrieb schlüssig und nachvollziehbar begründet werden kann. Dabei ist auch darauf zu achten, daß es Industrie- und Gewerbebetriebe gibt, die zwar z.B. 50 Beschäftigte haben, aber nicht alle Beschäftigten über den Tag hinweg am Standort des Gewerbebetriebes anwesend sind. Dieses gilt etwa für Bauunternehmen, bei denen die Maurerkolonnen sich regelmäßig nicht auf dem Betriebsgrundstück aufhalten, was bei der Anwendung der Einwohnergleichwerte und der Bemessung der Anzahl der Beschäftigten bezogen auf das Betriebsgrundstück in der konkreten Gemeinde Berücksichtigung finden sollte. Eine umfassende Darstellung zum Regelungsgehalt der Gewerbeabfallverordnung kann auch aus dem Intranet des StGB NRW entnommen werden.

Az.: II/2 31-02 qu/g

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