Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 314/2005 vom 15.03.2005

Umsetzung der EU-Agrarreform

Mit der Reform der Europäischen Union im Hinblick auf die gemeinsame Agrarpolitik (GAP-Reform) soll eine Entkoppelung der Direktzahlungen an die Landwirte von der Produktion und das Binden der Prämien an den Betrieb erreicht werden. Die maßgeblichen Regelungen enthält die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29.09.2003. Die Umsetzung in Deutschland geschieht auf der Grundlage des Betriebsprämiendurchführungsgesetzes in der Fassung vom 26.07.2004 (BGBl. I, S. 1868). Die aktiven Bewirtschafter (Pächter) von Flächen können, wenn sie Betriebsinhaber im Sinne der Verordnung sind, bis zum 15. Mai 2005 (Stichtag) Anträge auf die Zuteilung von Zahlungsansprüchen bei den Kreisstellen der Landwirtschaftskammer stellen. Sie müssen dabei nachweisen, dass sie diese Flächen mindestens zehn Monate in der Bewirtschaftung haben. Anwendbar ist die Regelung in Deutschland ab dem 1. Januar 2005. Gemeinden werden in aller Regel nicht als Antragssteller bzw. Adressaten von Prämienrechten in Frage kommen, da sie nicht Betriebsinhaber sind. Die so genannte einheitliche Betriebsprämie setzt sich aus einem flächenbezogenen Betrag und einem betriebsindividuellen Betrag (BIB) zusammen. Auf Grund der Antragstellung werden diese Beträge errechnet und eine einheitliche Betriebsprämie festgesetzt. Für Ackerland-, Grünland- und Stilllegungsflächen sind die flächenbezogenen Beträge unterschiedlich. Im Zeitraum 2009 bis 2013 soll der BIB auf eine einheitliche Flächenprämie abgeschmolzen werden.

1. Problemstellung

Bei Zeitablauf oder Kündigung des Landpachtvertrags nach dem 15. Mai 2005 fallen die zugeteilten Betriebsprämien nicht automatisch auf den Verpächter bzw. Grundeigentümer zurück, sondern stehen – bei rechtzeitiger Antragstellung – dem Betriebsinhaber (Pächter) zu. Damit kann grundsätzlich ein Rechtsnachteil für den Eigentümer verbunden sein, da möglicherweise Flächen ohne zugehörige Zahlungsansprüche nur unter ungünstigeren Bedingungen verpachtet werden können. Diesem befürchteten Rechtsnachteil wird durch das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) mit dem Argument entgegengetreten, dass auch Betriebsprämien ohne dazugehörende Flächen nicht aktiviert werden können und durch die tägliche erhebliche Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen für andere Nutzungen zunehmend mehr Zahlungsansprüche als Flächen vorhanden sein werden. Deshalb sei zu erwarten, dass zukünftig auch Pachtflächen ohne Prämienrechte gesucht würden, weil Betriebsprämien nur mit dazu gehörenden Flächen aktiviert werden können. Insgesamt kann deshalb zurzeit nicht definitiv vorausgesagt werden, ob landwirtschaftliche Flächen ohne Prämienrechte in der Zukunft tatsächlich unter ungünstigeren Bedingungen verpachtet werden können.

2. Lösungsansätze

Vor diesem Hintergrund werden Gemeinden möglichst bestrebt sein, Rechtsnachteile zu vermeiden oder zu minimieren. Bei der Suche nach Lösungen muss zwischen zwei Fallgestaltungen unterschieden und die jeweilige Interessenlage berücksichtigt werden. Dabei ist grundsätzlich einer Anpassung im Verhandlungsweg gegenüber einer Kündigung durch die Gemeinde der Vorzug zu geben. Dieses setzt jedoch eine Verhandlungsbereitschaft der Landwirte voraus.

a) Bereits erfolgte Beendigung eines Vertrags oder Beendigung bis zum 15. Mai 2005

Ist der jeweilige Landpachtvertrag bereits beendet oder kann er bis zum 15. Mai 2005 beendet werden, ist die Verhandlungsposition der Gemeinde gut, da sie dann den Vertrag beenden kann, wenn der Pächter einer Vertragsanpassung nicht zustimmt. Danach wird sie, sofern nicht eine andere Nutzung des Grundstücks in Frage kommt, das Grundstück einem neuen Pächter überlassen, der dann die Zahlungsansprüche aktiviert und sich bereit erklärt nach Beendigung des Pachtvertrags die Zahlungsansprüche auf einen neuen Betriebsinhaber zu übertragen. Besteht Interesse an einer Fortsetzung des Vertrags mit dem bisherigen Pächter, kann dies die Gemeinde davon abhängig machen, dass der Pächter nach Beendigung der Pacht die Zahlungsansprüche an einen von der Gemeinde benannten Dritten (Betriebsinhaber) abtritt. Aus der Interessenslage heraus kann es sich empfehlen, eine Verlängerung des Vertrags mindestens bis zum Jahr 2014 anzustreben, da dann einheitliche Flächenprämien bestehen und sich der Grundstücksmarkt soweit konsolidiert haben dürfte, dass für Pächter Zahlungsansprüche ohne entsprechenden Flächennachweis wertlos sind. Bei einer vertraglichen Regelung ist zu beachten, dass in der Mehrzahl der Fälle die einheitliche Betriebsprämie auch einen betriebsindividuellen Betrag (BIB) beinhaltet. Eine Aufspaltung der Prämie ist nach der erstmaligen Festsetzung aufgrund der Rechtslage nicht mehr möglich. Im Übrigen erscheint es auch weder für Eigentümer noch für Pächter praktikabel, wenn sie jeweils im Besitz unvollständiger Zahlungsansprüche sind. Es sollte deshalb angestrebt werden, eine Verpflichtung des bisherigen Pächters zur Weiterübertragung des vollständigen Zahlungsanspruchs einschließlich des BIB zu erreichen. Im Gegenzug dazu müsste allerdings ein Wertausgleich zwischen den Parteien in Höhe des Verkehrswerts des jeweiligen BIB erfolgen. Dieser kann derzeit allerdings noch nicht berechnet werden.

b) Vertragslaufzeit über den 15. Mai 2005 hinaus

In diesem Fall tritt zunächst die Wirkung der EU- und bundesrechtlichen Regelungen ein, dass wonach – bei rechtzeitiger Antragstellung – Zahlungsansprüche dem Betriebsinhaber (Pächter) zugeteilt werden. Vorrangig sollte geprüft werden, ob eine Verlängerung des Vertrags mindestens bis zum Jahr 2014 in Betracht kommt. Derzeit ist die exakte Umsetzung der genannten Regelungen und die Berechnung der Höhe der Zahlungsansprüche mit Unsicherheiten behaftet Im Jahre 2014 sollten diese Zweifel spätestens ausgeräumt sein, nach dem dann auch eine einheitliche Flächenprämie besteht. Eine Vereinbarung über eine Weiterübertragung der Betriebsprämien an einen neuen Betriebsinhaber ist empfehlenswert, jedoch zum Zeitpunkt der Verlängerung aus den genannten Gründen noch nicht zwingend. Ist eine Vertragsverlängerung nicht erreichbar bzw. gibt es seitens der Gemeinde oder des Pächters Gründe für eine frühere Beendigung des Vertrags, sollte in jedem Fall eine vertragliche Vereinbarung getroffen werden. Ist der Pächter zu einer Zustimmung nicht bereit, stellt sich die Frage, ob und wie einseitige Maßnahmen durchsetzbar sind. Im Zweifelsfall dürfte ein fristloses Kündigungsrecht deshalb nicht bestehen, weil der derzeitige Pächter seine Vertragspflichten aus dem Pachtvertrag wohl kaum schuldhaft verletzt haben könnte, so dass ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung des Pachtvertrages gegeben sein dürfte. Insgesamt verbleibt daher zurzeit nur die Möglichkeit im Verhandlungswege zu erwirken, ob eine entsprechende Zusatzvereinbarung in den bestehenden Pachtvertrag aufgenommen werden kann. In Betracht kommt allenfalls noch eine Vertragsanpassung gem. § 593 BGB. Infolge der neuen Prämienregelung kann von einer nachhaltigen Änderung der Verhältnisse und infolge des Wertverlusts der Flächen auch von einem groben Missverhältnis der gegenseitigen Verpflichtungen ausgegangen werden. Können sich die Parteien auf eine Anpassung nicht einigen, kann die Gemeinde versuchen, eine Zustimmung zur Vertragsanpassung über das Landwirtschaftsgericht gem. § 593 Abs. 4 BGB durchzusetzen, auch wenn der Ausgang eines gerichtlichen Verfahrens nicht sicher zu prognostizieren ist. Landwirtschaftsgericht ist das Amtsgericht (Palandt, BGB, Kommentar, 64. Aufl. 2005, § 593 Rz.10). Unabhängig davon wird darauf hingewiesen, dass beim Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) unter der Internet-Adresse www.verbraucherministerium.de eine kostenlose Broschüre zur EU-Agrar-Reform (GAP-Reform) bestellt werden kann.

Az.: II/2 87-00 qu/g

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