Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 225/2009 vom 05.03.2009

Umsatzsteuer und Wasserhausanschlüsse

Die Geschäftsstelle hatte in den Mitteilungen vom Januar 2009 Nr. 51, Seite 28 f. darauf hingewiesen, dass der Deutsche Städte- und Gemeindebund und der VKU zurzeit die Rechtsfolgen unter anderem aus dem Urteil des Bundesfinanzhofes vom 08.10.2008 (Az. V R61/03) mit dem Bundesfinanzministerium (BMF) klären. Das BMF hat zwischenzeitlich mitgeteilt, dass die BFH-Rechtsprechung von der Finanzverwaltung umgesetzt und die geltende Verwaltungspraxis geändert werden soll. Das BMF empfiehlt den Wasserversorgungsunternehmen, das Legen von Wasserhausanschlüssen mit sofortiger Wirkung und in allen Fällen mit dem ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent abzurechnen. Ein entsprechendes BMF-Schreiben zur Änderung der Verwaltungspraxis wird derzeit mit den Umsatzsteuerreferenten der Länder abgestimmt und soll voraussichtlich Ende März 2009 veröffentlicht werden. Im Einzelnen:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit zwei Entscheidungen vom 08. Oktober 2008 (ein Urteil und ein rechtskräftiger Gerichtsbescheid) der derzeitigen Verwaltungspraxis zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Legens von Wasser-Hausanschlüssen deutlich widersprochen. Das Gericht hat entgegen der seit dem Jahr 2000 bestehenden finanzbehördlichen Verwaltungspraxis entschieden, dass das Legen von Wasserhausanschlüssen als Teil-Aspekt der Wasserlieferung gem. § 12 Abs. 2 UStG i.V.m. Nr. 34 der 2. Anlage zum UStG dem ermäßigten Steuersatz (7%) unterliegt. Dies gilt unabhängig davon, ob zwischen dem Empfänger der Anschlussleistung und dem Empfänger der späteren Wasserlieferung eine Personenidentität besteht.

Am 26. Januar 2009 haben der DStGB und der VKU an einem Gespräch mit dem Bundesfinanzministerium (BMF) teilgenommen, in dem die Auswirkungen der BFH-Entscheidungen erörtert wurden. Das BMF hat in diesem Gespräch angekündigt, die Entscheidungen des BFH im Bundessteuerblatt zu veröffentlichen und hat somit klargestellt, dass die Urteile von der Finanzverwaltung angewendet werden. Parallel dazu soll ein Anwendungsschreiben des BMF zur Änderung der Verwaltungspraxis veröffentlicht werden. Dem Vernehmen nach wird ein Entwurf dieses Anwendungsschreibens Ende März 2009 mit den Umsatzsteuer-Referenten der Länder abgestimmt werden. Es wird davon ausgegangen, dass Ende März/Anfang April 2009 die Veröffentlichung des BMF-Schreibens erfolgen wird. Im Rahmen des Gesprächs mit dem BMF wurden die teilnehmenden Verbände jedoch bereits jetzt ausdrücklich darum gebeten, den betroffenen Wasserversorgungsunternehmen zu empfehlen, das Legen von Wasser-Hausanschlüssen mit sofortiger Wirkung und in allen Fällen mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % abzurechnen. Nach den Erörterungen tendiert das BMF dazu, künftig die nachfolgenden Grundsätze anzuwenden. Es wurde aber darauf hingewiesen, dass diesbezüglich noch eine Abstimmung mit den Finanzministerien der Länder erfolgen muss. Dennoch kann in Überstimmung mit dem DStGB und dem VKU, ab sofort folgende Verfahrensweise empfohlen werden:

1. Sofortige Anwendung des ermäßigten Steuersatzes

Ab sofort sollten Wasserversorgungsunternehmen das Legen von Wasser-Hausanschlüssen mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % berechnen. Dies gilt unabhängig davon, wer Empfänger der Anschlussleistung ist. Auf die in dem Urteil vom 08. Oktober 2008 bezeichnete Personenidentität zwischen Anschlussnehmer und Wasserbezieher kommt es somit nicht an. Auch kommt es nicht darauf an, wer die Anschlussleistung erbringt. Somit unterliegt die Anschlussleistung auch dann dem ermäßigten Steuersatz, wenn sie ein anderes Unternehmen als der spätere Wasserlieferant erbringt (z.B. bei Umsetzung der rechtlichen Entflechtung oder wenn der Anschlussnehmer die Herstellung des Wasserhausanschlusses vollständig oder auf das Privatgrundstück beschränkt selbst in Auftrag gibt). Gleichermaßen haben die von den Wasserversorgern mit der Herstellung von Wasserhausanschlüssen beauftragten Subunternehmer die Anschlussleistung mit einem Steuersatz von 7% gegenüber dem Wasserversorger abzurechnen.

2. Umfang

Nach den Ergebnissen aus dem Gespräch mit dem BMF wird – vorbehaltlich der Zustimmung durch die Länder – auch bei der Berechnung von Baukostenzuschüssen bzw. Anschlussbeiträgen sowie der Inbetriebsetzung oder Verlegung oder Auswechselung von Wasserzählern auf Wunsch des Kunden der ermäßigte Umsatzsteuersatz gelten. Auch sonstige Leistungen, wie etwa gesondert in Rechnung gestellte Reparatur- oder Wartungsarbeiten am Hausanschluss (wie z.B. satzungsrechtlich nach Kommunalabgabenrecht möglich), sollen künftig wieder dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Bei sogenannten Mehrspartenhausanschlüssen, mit denen Anschlussnehmer die gemeinsame Hauseinführung für Erdgas, Strom und Wasser (ggf. auch Telefon und Kabelfernsehen) erhalten, unterliegt die Anschlussleistung insoweit dem ermäßigten Steuersatz, als die Kosten auf den Bereich Wasser entfallen. Insoweit wird in der Rechnung eine sachgerechte Aufteilung der Kosten in solche Kosten, die dem ermäßigten Steuersatz und solcher Kosten, die dem Regelsteuersatz unterliegen, erfolgen müssen.

3. Zeitliche Anwendung

Das BMF beabsichtigt, den Ausweis des Regelsteuersatzes bis zu einem noch offenen Stichtag, der voraussichtlich etwa einen Monat nach Veröffentlichung des Anwendungsschreibens liegen wird, nicht zu beanstanden. In Übereinstimmung mit dem DStGB und dem VKU wird davon ausgegangen, dass auch die Länder dem zustimmen werden. Daraus folgt zum einen, dass zum Vorsteuerabzug berechtigte Kunden der Wasserversorgungsunternehmen nicht gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG nachträglich der Vorsteuerabzug versagt werden wird, weil ein „falscher“ Steuersatz in der Rechnung ausgewiesen ist. Da dieser Kundenkreis demnach durch den Wechsel der Verwaltungspraxis finanziell nicht belastet sein wird, braucht in diesen Fällen unter keinem Umstand eine Rechnungsberichtigung zu erfolgen. Zum anderen stellt eine solche Übergangsregelung klar, dass aus steuerlicher Sicht eine Verpflichtung zur Berichtigung der Rechnungen auch in den Fällen nicht besteht, in denen der Leistungsempfänger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Eine Rechnungsberichtigung von Amts wegen wird es demnach – vorausgesetzt, die Länder stimmen dieser Anwendungsregel zu – nicht geben.
Sollte sich ein Unternehmen oder eine Gemeinde jedoch dazu entscheiden, auf Anfrage der Kunden einzelne Rechnungen oder sogar von sich aus sämtliche Rechnungen auf freiwilliger Basis zu berichtigen, so wird dies nach § 14 c i.V.m. § 17 UStG möglich sein. Dem Vorschlag des DStGB und VKU, den betroffenen Unternehmen hier ein vereinfachtes Verfahren zur Rechnungsberichtigung zu ermöglichen, steht die Finanzverwaltung hingegen ablehnend gegenüber.

4. Wechsel der Steuerschuldnerschaft gem. § 13b UStG

Nach wie vor offen ist die Frage, ob die Entscheidung des BFH auch Auswirkungen auf die Anwendbarkeit des § 13 b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 2 S. 2 u. 3 UStG auf das Legen von Hausanschlüssen haben wird. Nach dieser Vorschrift ist der Empfänger einer „Bauleistung“ ausnahmsweise Schuldner der Umsatzsteuer, wenn er selbst Unternehmer ist, der seinerseits nachhaltig Bauleistungen erbringt. Nach den vorliegenden BFH-Entscheidungen erscheint es aus Sicht des DStGB und des VKU allerdings sehr fraglich, ob das Legen von Hausanschlüssen weiterhin als Bauleistung i.S.d. § 13b UStG angesehen werden kann.

5. Abschließende Empfehlungen

Die betroffenen Gemeinden bzw. Unternehmen sollten möglichst zeitnah ihre Ergänzenden Bestimmungen und/oder Preisblätter zur AVBWasserV bzw. Wasserversorgungs- und/oder Beitrags- und Gebührensatzungen daraufhin untersuchen, ob der hierin bisher ausgewiesene Umsatzsteuersatz berichtigt werden muss. Insoweit ist es empfehlenswert, in den Ergänzenden Bestimmungen und/oder hierzu formulierten Preisblättern oder Pauschalpreislisten bzw. in Wasserversorgungs- und/oder Beitrags- und Gebührensatzungen festzulegen, dass zu den dort geregelten Zahlungs- und Kostenerstattungsansprüchen die Umsatzsteuer in der jeweils geltenden gesetzlichen Höhe – und zwar ohne Nennung eines konkreten Prozentsatzes – hinzugerechnet wird. Dies ermöglicht es, z.B. auch bei künftigen Änderungen des Umsatzsteuersatzes ohne weitere Anpassungsmaßnahmen jederzeit den jeweiligen Umsatzsteuersatz in Ansatz zu bringen.

Zudem sollten künftig Eingangsrechnungen von Subunternehmern, die mit der Anschlussleistung beauftragt werden, daraufhin geprüft werden, ob der ermäßigte Steuersatz ausgewiesen ist. Nach dem noch offenen Stichtag zur Anwendung der veränderten Verwaltungspraxis hätte der falsche Ausweis des Regelsteuersatzes nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zur Folge, dass dem Auftraggeber (dem Wasserversorger) der Vorsteuerabzug verwehrt wird.

Az.: II/2 20-00 qu-ko

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