Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 215/2001 vom 05.04.2001

Übertragung der gemeindlichen Abwasserbeseitigungspflicht

Das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen hat im Einvernehmen mit dem Innenministerium am 19.02.2001 den nachfolgenden Erlaß zur Übertragung der gemeindlichen Abwasserbeseitigungspflicht auf eine Anstalt des öffentlichen Rechts gemäß § 114 a GO NRW herausgegeben:

In jüngster Zeit wird von einigen Gemeinden in Erwägung gezogen, bestimmte kommunale Aufgaben in eine Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) zu überführen. Diese Überlegungen betreffen u.a. auch die Aufgabe der Abwasserbeseitigung. Das Institut der AöR ist durch das 1. Gesetz zur Modernisierung von Regierung und Verwaltung in Nordrheine-Westfalen (1. ModernG NRW) vom 15.09.1999 in die Gemeindeordnung durch § 114 a eingeführt worden.

Einerseits kann die Gemeinde nach § 114 a GO NRW Aufgaben, die sie bislang selbst, durch eigenen Regiebetrieb oder durch von ihr eingerichtete Eigenbetriebe sowie eigenbetriebsähnlicher Einrichtungen wahrgenommen hat, auf die AöR übertragen. Andererseits enthält § 114 a GO NRW keine ausdrückliche Aussage darüber, ob bei einer solchen Übertragung von Aufgaben der Abwasserbeseitigung (ganz oder teilweise) auf die AöR zugleich ein materiellrechtlicher Pflichtenübergang im Sinne des Wasserrechts stattfindet. Eine Änderung des Landeswassergesetzes (LWG) ist im Rahmen des o.a. Gesetzgebungsverfahrens nicht erfolgt.

Da die Frage des Inhalts und des Umfangs der Abwasserbeseitigungspflicht grundlegende Bedeutung für den ordnungsrechtlichen und den abwasserabgabenrechtlichen Vollzug, aber auch für die steuerrechtliche Beurteilung der Aufgabenwahrnehmung hat, wird folgendes festgestellt:

1. Nach § 18 a WHG regeln die Länder, welche Körperschaften des öffentlichen Rechts zur Abwasserbeseitigung verpflichtet sind, und die Voraussetzungen, unter denen anderen diese Aufgabe obliegt. Die Abwasserbeseitigung umfaßt nach § 18 a Abs. 1 WHG das Sammeln, das Fortleiten, das Behandeln, das Einleiten sowie das Entwässern des Klärschlamms im Zusammenhang mit der Abwasserbeseitigung.

Das Landeswassergesetz weist die in § 18 a Abs. 1 WHG genannten Aufgaben grundsätzlich den Gemeinden zu (§ 53 Abs. 1 LWG). Die Gemeinden nehmen diese Aufgabe als pflichtige Selbstverwaltungsangelegenheit wahr. Die Überführung dieser Aufgabe nach Maßgabe es § 114 a GO NRW in eine AöR gehört mit zu den Grundsatzentscheidungen einer Gemeinde im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts. Soweit die Gemeinde in diesem Rahmen von der Möglichkeit einer Aufgabenübertragung gem. § 114 a Abs. 3 GO NRW Gebrauch machen will, findet mit der Übertragung der in § 18 a Abs. 1 WHG genannten Aufgaben auf die AöR ein materiellrechtlicher Pflichtenübergang statt.

2. Dies bedeutet, daß die AöR hinsichtlich dieser Aufgaben abwasserbeseitigungspflichtig ist, d.h. sämtliche, an diese Aufgabe geknüpften wasserrechtlichen Pflichten zu erfüllen hat. Die erteilten wasserrechtlichen Zulassungen gehen mit der Übertragung der Aufgabe an die AöR über. Soweit Abwassereinleitungen nach den Vorgaben des Abwasserabgabengesetzes der Abgabepflicht unterliegen, wird die AöR auch abgabepflichtig. Die Übertragung der Aufgabe und des konkreten Umfangs sollte den zuständigen Wasserbehörden und der Festsetzungsbehörde (Landesumweltamt) angezeigt werden.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, daß die Gemeinde gem. § 114 a Abs. 5 GO NRW für die Verbindlichkeiten der Anstalt unbeschränkt haftet, soweit nicht Befriedigung aus deren Vermögen zu erlangen ist (Gewährträgerschaft). Des weiteren muß berücksichtigt werden, daß die nach derzeitigem Recht auf die Anstalt übertragenen pflichtigen Selbstverwaltungsangelegenheiten bei einer eventuellen Auflösung der Anstalt unmittelbar wieder der ursprünglich zuständigen Gemeinde zufallen würden. Außerdem ist festzustellen, daß aufgrund des öffentlich-rechtlich selbständigen Charakters der AöR ein etwaiges aufsichtsbehördliches Einschreiten sowohl dieser als auch der (Mutter-)Kommune (als Gewährträgerin) gegenüber möglich ist und insoweit bei der Aufsichtsbehörde ein Auswahlermessen besteht (vgl. hierzu § 114 a Abs. 11 GO NRW).

3. Über die in § 18 a Abs. 1 WHG genannten Aufgaben hinaus verlangt § 53 Abs. 1 LWG von den Gemeinden die Vorlage eines Abwasserbeseitigungskonzeptes. Mit dem Konzept legen die Gemeinden den zuständigen Bezirksregierungen eine Übersicht über den Stand der öffentlichen Abwasserbeseitigung vor. In Gebieten von Abwasserverbänden ist hinsichtlich der Konzepte das Benehmen mit den Verbänden herzustellen.

Da diese landeswassergesetzliche Regelung den Gebietsbezug in den Vordergrund stellt, muß diese Pflicht bei der Gemeinde als Gebietskörperschaft verbleiben. Eine Übertragung auf die AöR ist insoweit nicht möglich.

4. Soweit eine AöR Aufgaben der Abwasserbeseitigung für andere Gemeinden oder Dritte durchführt, scheidet insoweit ein materiellrechtlicher Pflichtenübergang aus. Im übrigen richtet sich die Zulässigkeit einer solchen Betätigung nach den Vorschriften der §§ 107 ff GO NRW.

Az.: G/3 810-05

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