Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr

StGB NRW-Mitteilung 97/2002 vom 05.02.2002

Tiefenbegrenzung im unbeplanten Innenbereich

Eine satzungsrechtliche Tiefenbegrenzungsregelung ist im Straßenbaubeitragsrecht nach dem Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen auch für Grundstücke im unbeplanten Innenbereich anwendbar, nicht lediglich für Grundstücke in Ortsrandlage, die in den Außenbereich übergehen. Dies hat jüngst das OVG NRW (Urt. v. 30.10.2001 - 15 A 5184/99 -) entschieden.

Die Kommune hatte in ihrer Straßenbaubeitragssatzung geregelt, daß als Grundstücksfläche die tatsächliche Grundstücksfläche bis zu einer Tiefe von 50 m von der Anlage gilt, wenn ein Bebauungsplan nicht besteht. Diese Vorschrift ist nach Auffassung des OVG zulässig. Zwar soll nach jüngerer Rechtsprechung zum Beitragsrecht anderer Bundesländer eine Tiefenbegrenzungsregelung für Grundstücke, die vollständig im Innenbereich liegen, nicht anwendbar sein. Die Vorschrift gelte für Grundstücke in Ortsrandlage, die in den Außenbereich übergingen. Solche Grundstücke dürften nicht mit Grundstücken im Innenbereich, die vollständig Baulandqualität aufwiesen, gleichbehandelt werden (u.a. Nds. OVG, Beschl. v. 19.1.1999, NVwZ-RR 2000, S. 249 f.; zustimmend Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Auflage, § 35, Rdnr. 32).

Das OVG teilt diese Auffassung nicht. Eine Tiefenbegrenzungsregelung habe nicht die Funktion, typisierend den Außenbereich vom Innenbereich zu scheiden. Das sei schon deshalb nicht der Fall, weil der Bebauungszusammenhang gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB regelmäßig am letzten Baukörper ende. Der letzte Baukörper liege aber in der Regel vor der üblichen satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung von 30 bis 50 m, die sich nicht am Ende der Bebauung, sondern an der Größe eines erfahrungsgemäß und typischerweise in bestimmter Tiefe ausgenutzten Grundstücks im Gemeindegebiet orientiert. Die Tiefenbegrenzung habe vielmehr die Funktion, generalisierend die Grenze der räumlichen Erschließungswirkung der abzurechnenden Lage festzulegen. Die Regelung beruhe auf dem Umstand, daß die bauliche Ausnutzbarkeit des Grundstücks ab einer bestimmten Grundstückstiefe nicht mehr in erheblicher Weise steigt.

Auch wenn ein Grundstück im unbeplanten Innenbereich liege, heiße dies nicht, daß ein tiefes Grundstück immer auch tiefer baulich ausgenutzt werden könne. Maßgebend sei vielmehr, ob sich die beabsichtigte Bebauung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB).

Eine unzulässige Ungleichbehandlung der Grundstücke im unbeplanten Innenbereich im Verhältnis zu beplanten Grundstücken, bei denen für eine Tiefenbegrenzung kein Raum ist, liege nicht vor. In beplanten Gebieten orientiere sich nämlich die bauliche Ausnutzbarkeit auch besonders tiefer Grundstücke nicht an der vorhandenen Umgebungsbebauung, sondern an der konkreten Planung. Diese könne im Einzelfall eine bauliche Ausnutzbarkeit auch in großer Tiefe oder aber eine anzulegende Erschließungsanlage vorsehen, die die hintere Fläche erschließt. Diese Unterschiede zwischen Grundstücken im unbeplanten Innenbereich und solchen in beplanten Gebieten rechtfertigten es, die beiden Grundstückstypen hinsichtlich der Anwendbarkeit einer Tiefenbegrenzungsregelung unterschiedlich zu behandeln. Soweit keine besonderen satzungsrechtlichen Regelungen über die Art der Festlegung der Tiefenbegrenzung vorlägen, sondern nur von einer Grundstücksfläche "bis zu einer Tiefe von 50 m von der Anlage" die Rede sei, sei die Begrenzung in der Weise vorzunehmen, daß die Grenze zwischen Grundstück und Straße um die satzungsrechtlich maßgebliche Tiefe parallel zu verschieben und ggf. bis zu den seitlichen Grenzen des Grundstücks zu verlängern sei.

Aus Sicht der Geschäftsstelle ist dieses Urteil insofern zu begrüßen, als es den relativ weiten Ermessensspielraum des kommunalen Satzungsgeber respektiert und gewährleistet. Eine Änderung der Mustersatzung des StGB NRW (Städte- und Gemeinderat 2001, S. 29 ff.) ist hierdurch insofern nicht angezeigt. Die Mustersatzung beschränkt die Tiefenbegrenzungsregelung zwar auf Grundstücke außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans, die nicht insgesamt dem Innenbereich zuzuordnen sind, folgt also der von Prof. Driehaus und verschiedenen Obergerichten anderer Bundesländer vorgeschlagenen Lösung. Diese Lösung steht aber nicht im Widerspruch zu der neuen Rechtsprechung des OVG. Das OVG NRW folgt lediglich nicht der Rechtsauffassung, wonach allein Grundstücke, die vom unbeplanten Innenbereich in den Außenbereich auslaufen, einer Tiefenbegrenzungsregelung zugänglich sind.

Damit sind aus Sicht der Geschäftsstelle beide Lösungsansätze vom ortsgesetzgeberischen Ermessen umfaßt. Eine Differenzierung zwischen Grundstücken, die vollständig im Innenbereich liegen, und Grundstücken, die in den Außenbereich ragen, erscheint dabei aus Sicht der Geschäftsstelle sachgemäß, so daß an der Empfehlung in der Mustersatzung festgehalten wird. Die Eigentümer erstgenannter Grundstücke haben nämlich grundsätzlich auch einen gesetzlichen Anspruch auf bauliche Nutzung im hinteren Bereich ihrer Grundstücke, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, wenn sich also die Bauvorhaben einfügen und keine bodenrechtlich beachtliche Spannungen begründet oder erhöht werden. Hierin liegt gerade der Unterschied zu ähnlich großen Grundstücken, die in den Außenbereich ragen.

Az.: III/1 644 - 85

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